• 07.07.2010, 10:00:27
  • /
  • OTS0058 OTW0058

Leben mit HIV 2010: Die große Umfrage

94% der Befragten leiden seit Beginn der Therapie unter körperlichen oder seelischen Nebenwirkungen

Wien (OTS) - Vor dem Hintergrund des Welt-AIDS-Kongresses, der
heuer erstmals in Wien stattfindet, präsentiert die Österreichische
Gesellschaft für Niedergelassene Ärzte für HIV Patienten (ÖGNÄ) zum
ersten Mal eine Umfrage, in der konkrete Zahlen zum Thema
"Lebensqualität und HIV" erhoben werden konnten.

"Wir wollen den Kongress 2010 zum Anlass nehmen, um die Situation
von HIV-Patienten in Österreich zu thematisieren. Eine ganz aktuelle
Umfrage hat jetzt gezeigt, dass hier Handlungsbedarf besteht", sagt
Dr. Horst Schalk, Generalsekretär der ÖGNÄ. Ziel der ÖGNÄ ist die
umfassende Qualitätssicherung im HIV-Bereich. "In Österreich haben
wir zwar Zahlen, wissen aber über die Lebenssituation der Patienten
und darüber, wie gut oder schlecht sie mit der Krankheit leben, so
gut wie nichts. Das ist enttäuschend. Denn umgekehrt wissen wir seit
1995, dass HIV kein Todesurteil mehr ist. Das Schwierige daran ist
die Einschränkung der persönlichen Lebensqualität der Betroffenen",
so Dr. Horst Schalk.

Pauschal lässt sich sagen: Die größten Beeinträchtigungen durch
die HIV-Infektion liegen im Bereich des körperlichen Wohlbefindens.
Viele Patienten haben Angst vor den Langzeitwirkungen der Medikamente
sowie davor, andere mit der Krankheit anzustecken und vor dem
Bekanntwerden ihres HIV-Status. "Die Umfrage hat eines zweifellos
aufgezeigt: Fast jeder Patient - konkret 94% der Befragten - leidet
seit Beginn der Therapie unter körperlichen oder seelischen
Nebenwirkungen", resümiert Olaf Kapella, freier Sozialwissenschaftler
und Projektleiter der Studie.

Konkret: Bei Fragen zur Lebensqualität wurden am häufigsten Angst
vor Nebenwirkungen (76%) genannt, gefolgt von den Ängsten (je 66%)
andere mit HIV zu infizieren und vor dem Bekanntwerden der eigenen
HIV-Infektion.

Die am weitesten verbreiteten Nebenwirkungen sind Müdigkeit und
Energiemangel (62%), Probleme mit der Verdauung (53%), Depressionen
und Stimmungsschwankungen (47%), Ängste (45%) und sexuelle Störungen
(43%).

Der Zeitpunkt des Therapiebeginns ist in den meisten Fällen vom
Zustand des Immunsystems (Anzahl der CD4-Zellen) abhängig; der
Therapieerfolg wird mittels Messung der Viruskonzentration im Blut
(Viruslast) kontrolliert. Man startet heute eine HIV-Therapie
spätestens dann, wenn die CD4-Zellen die Zahl von 350 unterschreiten.
Das Therapieziel ist eine nicht messbare Viruskonzentration im Blut.
Bei mehr als 95% der infizierten Patienten verläuft die Therapie
erfolgreich; d.h. die Viruskonzentration befindet sich unter der
Nachweisgrenze.

In der Zwischenzeit stehen mehr als 25 zugelassene Medikamente zur
Behandlung einer HIV-Infektion zur Verfügung. "Seit ich 1981 den
ersten AIDS-Patienten in Österreich betreut habe, hat sich die
Behandlung der HIV-Infektion dramatisch verbessert. Die
Lebenserwartung der Patienten ist deutlich gestiegen, sie gleicht
heute nahezu jener Nicht-HIV-Infizierter. Konkret vereinfachen neue
Kombinationspräparate, eine geringere Tablettenanzahl und eine
verbesserte Galenik die Medikamenteneinnahme. Es hat sich aber nicht
zuletzt aufgrund der uns vorliegenden Umfrageergebnisse gezeigt, dass
auf therapeutischer Ebene der Bedarf an nebenwirkungsarmen Therapien
weiter gegeben ist", erklärt Dr. Judith Hutterer, Präsidentin der
ÖGNÄ.

Viele HIV-Patienten haben Hemmungen, mit dem behandelnden Arzt
über ihre Beschwerden zu sprechen. "Alles, was gesagt wird, macht den
Kopf frei", ist sich der Obmann des Selbsthilfevereins "Positiver
Dialog", Helmut Garcia - selbst Betroffener - sicher. "Man muss sich
ganz bewusst für das Leben entscheiden. Mein Motto für alle
Betroffenen lautet daher: Sprich darüber!"

Das Verhältnis zwischen Arzt und Patient spielt - laut Umfrage -
eine enorm wichtige Rolle im Leben der Betroffenen: 78% fühlen sich
durch den Partner und 72% durch den behandelnden Arzt sehr gut
unterstützt; die Freunde stehen mit 51% auf Platz drei beim Support.
"Der Großteil der Befragten empfindet es als unterstützend, wenn die
Familienangehörigen, Partner und Freunde über die Krankheit
informiert sind", so Olaf Kapella.

Vertrauen durch den Arzt. Die Conclusio der ÖGNÄ-Ärzte: "Ich
möchte heute einen Appell an meine Kollegen, an alle Ärzte richten.
Die Studie hat klar ergeben, dass wir zukünftig noch mehr auf die
individuellen Bedürfnisse unserer Patienten eingehen müssen. Außerdem
sollten wir uns unserer Verantwortung klar bewusst sein: Das
Verhältnis zwischen Arzt und Patient spielt - laut Umfrage - eine
enorm wichtige Rolle im Leben der Betroffenen", so Schalk
abschließend.

In Österreich leben rund 9.000 HIV-positive Menschen. Jährlich
gibt es 500 Neuinfektionen, wobei knapp ein Drittel davon Frauen
sind. Insgesamt gab es in Österreich seit Entdeckung des Virus 1.516
AIDS-Tote.

Rückfragehinweis:
Sigrit Fleisz
Email: presse@oegnae-hiv.at
Mobil: + 43 660 73 13 182

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NEF

Bei Facebook teilen.
Bei X teilen.
Bei LinkedIn teilen.
Bei Xing teilen.
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel