- 05.07.2010, 10:00:19
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Ohne zusätzliche Förderung wird es kaum Lehrpraxen für Allgemeinmedizin geben
Nur die wenigsten Ordinationsinhaber werden aus wirtschaftlicher Sicht willens sein, Lehrpraktikanten auszubilden
Wien (OTS) - Der heuer in Kraft getretene Kollektivvertrag für
Lehrpraktikanten hat zu großer Beratungsnachfrage seitens der
Ärzteschaft bei ihren steuerlichen Vertretern geführt. "Aus diesem
Grund haben wir ein Bewertungsmodell für Ordinationsinhaber
entwickelt, mit Hilfe dessen die Anstellung eines Lehrpraktikanten
aus wirtschaftlicher Sicht beurteilt werden kann", so Mag. Wolfgang
Leonhart, Sprecher der MEDTAX-Steuerberater-Gruppe.
Hierbei stellt sich die Situation von typischen Allgemeinpraxen
etwas anders dar als die Situation typischer Facharztpraxen: Während
bei einer Facharztpraxis unter gewissen Voraussetzungen eine
Ausweitung der Patientenfrequenz durch ärztliche Mitarbeit möglich
wäre, kann dies bei Allgemeinmedizinern nicht vorausgesetzt werden.
"Die Patientenschaft eines Ordinationstages muss in jedem Fall
abgearbeitet werden, ob mit oder ohne Lehrpraktikant. Daher
vergrößert sich die Patientenfrequenz und somit das mögliche
Umsatzvolumen durch die Mitarbeit eines Lehrpraktikanten in einer
Allgemeinpraxis wohl kaum", so Mag. Leonhart.
Die Berechnung muss auch die Tätigkeit des Praxisinhabers würdigen
In das Berechnungstool der MEDTAX müssen zahlreiche Parameter
eingegeben werden. Zunächst muss der Umsatz der Ordination vor der
Lehrpraxis auf die Zahl der Stunden heruntergebrochen werden, die der
Ordinationsinhaber mit der Erbringung von verrechenbaren Leistungen
zubringt. "Diese Zahl muss dann um einen "Lehrpraxisfaktor" reduziert
werden, da der Praxisinhaber einerseits während der reinen
Ausbildungszeit mehr Zeit investieren muss, andererseits den
Lehrpraktikanten während dessen Tätigkeit am Patienten auch
beobachten muss", so Mag. Leonhart weiter.
So ergibt sich neben den direkt für einen Lehrpraktikanten
anfallenden Lohn- und Lohnnebenkosten in der Größenordnung von etwa
18 Euro pro Stunde beispielsweise für einen Lehrpraktikanten mit
weniger als einem anrechenbaren Turnusjahr noch eine weitere
Rechengröße, die man als "Investition des Lehrpraxisinhaber in den
Lehrpraktikanten" bezeichnen könnte. "Mit diesem Faktor wird
ausgedrückt, wie sich die "Produktivität" der Ordination durch die
Ausbildungstätigkeit vermindert. Bei einer durchschnittlichen
Allgemeinpraxis mit 1.000 Scheinen und einer Produktivitätsreduktion
um 15 Prozent summiert sich der Gesamtstundensatz, der zur
wirtschaftlichen Beurteilung der Tätigkeit des Praktikanten verwendet
werden muss auf rund 40 Euro", so Mag. Leonhart weiter.
Kaum Umsatzausweitung durch Lehrpraktikanten in Allgemeinpraxen
Nun muss beurteilt werden, welche Produktivität der Lehrpraktikant
im Vergleich zum Praxisinhaber bei ärztlicher Tätigkeit erreicht und
welchen Anteil seiner Zeit der Lehrpraktikant tatsächlich mit
verrechenbarer Arbeit verbringt. Bei 30 Prozent Produktivität und
einer "produktiven" Arbeitszeit von zwei Dritteln seiner Zeit ergibt
sich eine "Unterdeckung" pro Stunde von etwa 16 Euro. "Der
Lehrpraktikant kann niemals die ganzen 35 Stunden "verrechenbar"
ärztlich tätig sein. Etwa bei Visiten kann gleichzeitig keine
ärztliche Tätigkeit des Praktikanten in der Ordination stattfinden,
und wenn er zu Visiten mitfährt, ist immer nur eine einfache
Verrechnung möglich."
In Summe ergibt sich so eine Unterdeckung von etwa 10.000 Euro pro
Halbjahr bei dieser Konstellation. Bei Berücksichtigung, dass in
diesem Zeitraum etwa 15.000 Euro an Lohn- Und Lohnnebenkosten
entstehen. "Der Umkehrschluss bestätigt die These, dass in typischen
Allgemeinpraxen wohl kaum eine Ausweitung des Umsatzes in der
Größenordnung der Kosten von Lehrpraktikanten möglich sein wird. In
diesem Fall müsste das mögliche Plus etwa zehn Prozent betragen, und
das ist sicherlich eine Illusion."
Wer Ausweitung der Lehrpraxen wünscht, muss sich über die
Finanzierung Gedanken machen
Mag. Leonhart resümiert, dass man wohl kaum wird erwarten dürfen,
diese Kosten auf die Praxisinhaber umwälzen zu können. "Diese haben,
wenn die Ausbildung im Sinne der Gesetzeslage durchgeführt wird, kaum
Vorteile durch den Betrieb einer Lehrpraxis. Sollte daher eine
Ausweitung der Lehrpraxistätigkeit politisch gewünscht werden, muss
man sich aber auch über deren Finanzierung Gedanken machen.
Aus dieser MEDTAX-Analyse geht hervor, dass rund zwei Drittel der
Lehrpraxis-Personalkosten gefördert werden müssten, um die
Attraktivität seitens der ausbildenden Ärzteschaft zu heben. "Bei der
Förderung von zwei Dritteln ergäbe sich ein Nullsummenspiel, bei dem
der Praxisinhaber ohne Ausweitung der eigenen Arbeitszeit dem
Gesundheitssystem sein Wissen zur Verfügung stellen könnte.
Allerdings auch ohne eigenen Vorteil, und das auch noch gratis. Die
politisch Verantwortlichen sollten eigentlich danach streben, diese
unschlagbare Form der Wissensvermittlung auch zu nutzen. Zumal die
Verantwortung, dass in Zukunft genügend gut ausgebildete Ärzte zur
Verfügung stehen, wohl bei der Politik und nicht bei der Ärzteschaft
liegt", fasst Mag. Leonhart zusammen.
MEDTAX ist das Netzwerk der führenden Ärztesteuerberater in ganz
Österreich. Man versteht sich als Kompetenzzentrum für alle
Berufsgruppen der Ärzte. Zu den Klienten gehören angestellte
Spitalsärzte, Wahlärzte, Kassenärzte, Fachärzte, Zahnärzte und
Turnusärzte, aber auch Praxisgemeinschaften, private Krankenanstalten
sowie andere Berufe im Gesundheitswesen. Insgesamt werden von der
Gruppe zirka 5.000 Ärzte in steuerlichen und betriebswirtschaftlichen
Angelegenheiten vertreten.
Die MEDTAX-Kanzleien:
Ärztetreuhand Dr. Braunschmid, Linz - Graz
Ärzteservice Team Jünger, Innsbruck
"Die Steuerberater", Kenda & Lebersorger, Klagenfurt
Leonhart und Leonhart, Wien
Dr. Scholler & Partner Wirtschaftstreuhand, Wien - NÖ
Homepage: www.medtax.at
Rückfragehinweis:
Viktoria Hausegger mehr.wert. für wirtschaftstreuhänder und anwälte marketing, das gezielt bewegt www.mehrwertmarketing.at office@mehrwertmarketing.at +43 664 460 16 35 wien
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