• 25.06.2010, 08:51:28
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  • OTS0014 OTW0014

Verpflichtende gemeinsame Obsorge ist keine Option

Wer hindert Väter, ihre Pflichten und Rechte wahrzunehmen?

Wien (OTS) - Die heutige parlamentarische Enquete: "Konflikten
konstruktiv begegnen - aktuelle Herausforderungen im Familienrecht",
traf bei den Mitarbeiterinnen von Frauenberatungsstellen, die
jahrzehntelange Erfahrungen zu den Themen Trennung, Scheidung, Gewalt
im sozialen Nahraum, Obsorge und Besuchrecht haben, auf großes
Interesse.

Die in den letzten Tagen getroffene Aussage von Frau
Justizministerin Bandion-Ortner: "Wir wollen Männer vermehrt dazu
bringen, elterliche Verantwortung zu übernehmen - im Sinne des Wohls
der Kinder", klingt gewinnend, verschweigt aber, dass die Möglichkeit
der gemeinsamen Obsorge bei ehelichen und unehelichen Kindern ohnehin
gesetzlich verankert ist. Ebenso ermöglicht die derzeitige
Gesetzeslage weitreichende Möglichkeiten zur Gestaltung des
Besuchsrechtes.

Gemeinsames Recht ohne gemeinsame Pflichten?

Täglich verdeutlicht die Beratungsarbeit, dass gemeinsames Recht
noch lange nicht gemeinsame Pflichten bedeutet. Unsere Besorgnis
bezüglich einer gemeinsamen verpflichtenden Obsorge bei
unverheirateten Paaren bzw. auch nach Scheidungen ist berechtigt, da
diese Vorgangsweise das Wohl aller Beteiligten außer Acht lässt.

Um die Lebensrealität von Frauen und Kindern zu verbessern, wären
folgende verpflichtende politische Antworten notwendig:

- Verteilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit (Hausarbeit,
Kinderbetreuung, Pflegearbeit), die überwiegend von Frauen
geleistet wird

- Erhöhung der Väterkarenz, da nur annähernd 3.5 Prozent der Väter
diese in Anspruch nehmen

- Aktive Maßnahmen gegen Armut, die in einem hohen Ausmaß
  Alleinerzieherinnen und Kinder trifft (Mindeststandards bei
  Einkommen und den sozialen Sicherungssystemen)

- Verpflichtende Standards bei Obsorge und Besuchsrecht, wenn es in
  der Ehe und Lebensgemeinschaft Gewalt gegen Frauen und Kinder gibt
  (Aufhebung der Obsorge, Aussetzung des Besuchsrechtes)

- Ausbau, ausreichende finanzielle Ausstattung von
  Beratungseinrichtungen, Besuchscafes u.a.

Die Aussagen von Frau Justizministerin Bandion-Ortner: "Es müssen
die Rechte von Vätern gestärkt werden" oder "Die meisten
unverheirateten Väter glauben, dass sie ohnehin keine Chance haben,
etwas mitzureden", gehen an der gesellschaftlichen Realität vorbei.
Im Gegenteil, es festigt die mit nichts zu untermauernde öffentliche
Klage, dass Männer/Väter permanent Opfer und damit keine Subjekte mit
Handlungsmöglichkeiten sind.

Resümee

Wir teilen die Sicht von Frau Bundesministerin Heinisch-Hosek und
vieler ExpertInnen der heutigen Enquete: Verpflichtende gemeinsame
Obsorge bei unverheirateten Paaren bzw. auch nach Scheidungen ist
keine Option, weder für eine gelungene Vaterschaft noch für eine
Verbesserung der Situation von Alleinerzieher/innen, noch für klare
Verhältnisse für das Kind.

Wenn zwischen den Eltern eine Gesprächs- und Kooperationsbasis
auch jenseits der Paarbeziehung (weiter) besteht, kann die gemeinsame
Obsorge gelingen. Ist das nicht der Fall, dann zeigt die Erfahrung,
dass gemeinsame Obsorge nicht funktioniert, sondern nur allzu leicht
als Mittel zur Ausübung von Macht und Kontrolle benutzt werden kann.

Aktive Väter, welche sowohl Väterkarenz, Pflegeurlaube und
Teilzeitarbeit in Anspruch nehmen um für ihre Kinder da zu sein,
würden die Situation positiv verändern. Gemeinsame Elternschaft in
der Praxis, faire Verteilung von dazu nötiger Arbeit und damit
verbundenen Einschränkungen bilden die Voraussetzung für eine
gemeinsame Obsorge, für die wir uns einsetzen sollten - Männer wie
Frauen.

Solange sich an der gesellschaftlichen Realität nichts ändert,
halten wir die derzeitige Gesetzeslage für mehr als ausreichend.

Rückfragehinweis:

"Netzwerk Österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen"
   Mail: netzwerk@netzwerk-frauenberatung.at
   www.netzwerk-frauenberatung.at
   
   "Vernetzung NÖ- Frauen- und Mädchenberatungsstellen"
   Frauenberatungsstelle Kassandra, Tel. 0699-10684137
   Mail: kassandra@inode.at
   www.frauenberatung-kassandra.at
   
   Frauenberatungsstelle Zwettl, Tel. 02822 52271
   Mail: office@frauenberatung.zwettl.at
   www.frauenberatung.zwettl.at

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