Wien (OTS) - Kein Vortrag im klassischen Sinne, sondern vielmehr
eine Art von Gerichtsverhandlung steht Besuchern der Wiener
Vorlesungen im Festsaal des Wiener Rathauses kommenden Montag (28.6.)
ab 19.00 Uhr bevor. Verhandelt wird in Form eines
Geschworenengerichts die Causa "Franz Hebenstreit", Ziel ist es,
jenen im Jänner 1795 gehängten Schriftsteller, Offizier und
Republikaner zu rehabilitieren. Passend zum Gerichtsverfahren nehmen
an der Wiener Vorlesung zu Franz Hebenstreit auch die drei
Berufsrichter Beate Matschnig, Norbert Gerstberger und Heinz Mayer
teil. Die Anklage vertritt Werner Ogris, die Verteidigung der Leiter
der "Wiener Vorleungen", Hubert Christian Ehalt. Weiters sind Ernst
Wangermann, Arno Pilgram und Andrea Maria Dusl als Zeugen und
Sachverständige geladen. Während der Beratungen lesen Alexander
Emanuely und Ottwald John aus Schriften von Hebenstreit.
Franz Hebenstreit von Streitenfeld gilt als frühes Opfer
habsburgischer Politjustiz. Er zählt zu den ersten bedeutenden Wiener
Aufklärern. Geboren 1747 in Prag arbeitete der Zeitgenosse Mozarts
und Van Swietens an einem modernen Verfassungsentwurf mit. Zuvor
diente Hebenstreit im Heer, desertierte, bei seiner Flucht nach
Amerika, wurde er von Preußen gefangen genommen, später kehrte er
wieder in die österreichische Armee als Offizier zurück. Als
deklarierter Sympathisant der französischen Revolution fand er bei
seinem Studium in Wien bald Anschluss unter Gleichgesinnten, darunter
Andreas Riedel, der wiederum zum Beraterkreis von Leopold II.
gehörte. Mit dem Amtsantritt von Franz II. veränderte sich die
politische Situation in Österreich grundlegend: Sympathisanten der
Aufklärung, der Freimaurerei - Hebenstreit trat diesen in den frühen
1790ern bei - erfuhren zusehends Verfolgung. Hebenstreit, der auch
der Verfasser des seinerzeit sehr bekannten Revolutionsliedes
"Eipeldauerlied" war, forcierte Pläne eines politischen Umsturzes im
Sinne der erfolgreichen französischen Revolution. Am 24. Juni 1794
setzte in Wien eine Verhaftungswelle ein, im darauf stattfindenden
Prozess wurde Hebenstreit wegen Hochverrats zum Tode am Strang
verurteilt. Bis heute hält sich die These, dass dieser Prozess eher
einem politischen Schauprozess ähnelte und die tatsächlichen Vorwürfe
gegenüber Hebenstreit deutlich geringfügiger waren, als wie man sie
offiziell darstellte.
Hebenstreit erhielt, wie auch viele seiner Mitstreiter, wie etwa
Andreas Riedl, in späterer Zeit keine wirkliche Rehabilitierung als
wichtiger geistiger Kopf des republikanischen Österreichs. Der Kopf
Hebenstreits ist bis heute im Kriminalmuseum in der Leopoldstadt
ausgestellt. In den achtziger Jahren benannte der Republikanische
Club sein Stammlokal nach dem frühen Republikaner. Das Cafe
Hebenstreit befindet sich nahe dem Schottentor in der
Helfersdorferstraße, nicht weit von der Hinrichtungsstätte
Hebenstreits entfernt.
Wiener Vorlesungen, "Franz Hebenstreit (1747 - 1795). Rehabilitierung
eines frühen Demokraten - Wiederaufnahme eines Verfahrens", 28. Juni,
Festsaal des Wiener Rathauses, Beginn: 19.00 Uhr.
o Infos: www.wien.at/kultur/abteilung/vorlesungen/termine/index.html
(Schluss) hch
Rückfragehinweis:
PID-Rathauskorrespondenz: www.wien.gv.at/rk/ Mag. Hans-Christian Heintschel Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien (MA 53) Telefon: 01 4000-81082 Mobil: 0676 8118 81082 E-Mail: hc.heintschel@wien.gv.at
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NRK