ExpertInnen bei 15. Fachtagung besorgt um Schutz von Kindern bei häuslicher Gewalt
Wien (OTS) - Äußerst besorgt um den Schutz von Kindern und
Jugendlichen zeigten sich über hundert ExpertInnen aus Deutschland,
der Schweiz und Österreich, die am Wochenende in Wien ihre 15.
Fachtagung zur Prävention von Gewalt in der Familie beendeten: "Wir
beobachten die gefährliche Tendenz, dass der Schutz der Kinder vor
häuslicher Gewalt zunehmend in den Hintergrund gerät. In der
aktuellen Debatte ist v.a. die Rede von Väterrechten. Von den Rechten
der Kinder auf ein gewaltfreies Leben ist derzeit wenig zu hören",
zeigt sich die Veranstalterin Rosa Logar von der Wiener
Interventionsstelle besorgt. Die Erfahrungen in Deutschland mit der
automatischen gemeinsamen Obsorge sind im Bereich häuslicher Gewalt
alles andere als gut. Väter würden sogar nach der Scheidung die
gemeinsame Obsorge behalten, wenn es zu Gewalt gekommen sei. Die Last
zu beweisen, dass Kinder durch die Gewalt direkt und indirekt
betroffen sind, liege dann beim Kind bzw. bei der Mutter. "Immer mehr
Kinder und Jugendliche werden zu Kontakten zum Vater gedrängt und
sogar gezwungen, selbst wenn dieser in der Familie Gewalt ausgeübt
hat", so Logar weiter. Das verstoße eindeutig gegen die UN
Kinderrechtskonvention - dort sei vom Recht der Kinder auf Kontakt zu
beiden Eltern die Rede, nicht aber von einer diesbezüglichen Pflicht
des Kindes.
GewaltschutzexpertInnen fordern automatische Aussetzung von Obsorge-
und Besuchsrechten bei häuslicher Gewalt
"Statistiken von Polizeieinsätzen zeigen, dass die Opfer
häuslicher Gewalt zu über 90% Frauen und Kinder sind", so Rosa Logar.
Kinder und Jugendliche seien direkt und indirekt immer mitbetroffen.
Die Gewaltausübung schade dem Kindeswohl auch, wenn "nur" die Mutter
misshandelt und bedroht werde, so der einhellige Tenor der
ExpertInnen der Fachtagung. Dies müsse von den Gerichten und Behörden
endlich anerkannt werden. "Wir fordern, dass es sofort und von Amts
wegen zu einer automatischen Aussetzung von Obsorge- und
Besuchsrechten kommt, wenn es Hinweise auf häusliche Gewalt gibt", so
Rosa Logar. Es könne nicht sein, dass die Beweislast bei den Kindern
und Jugendlichen liege und dass Gerichte sich mit Entscheidungen Zeit
lasse. Es müsse in jedem Fall zu einer genauen Prüfung des
Kindeswohls unter Einbeziehung der Erfahrungen der
Opferschutzeinrichtungen kommen, bevor Obsorge- oder Besuchrechte
gewährt werden. Sonst bestehe die ernste Gefahr, dass Kinder weiter
Gewalt erleiden", fordern die GewaltschutzexpertInnen.
Verpflichtendes Anti-Gewalt-Training gefordet
"Gewaltausübende Väter sollen von Pflegschaftsgerichten zu einem
Anti-Gewalt-Training verpflichtet werden und erst nach der
Absolvierung solle darüber entschieden werden, ob Besuchskontakte im
Kindeswohl seien", so Rosa Logar.
"Wir ersuchen die Bundesministerin für Justiz dringend, sich
dieses Problem des Schutzes von Kindern vor Gewalt ernsthaft
anzunehmen und keine gemeinsame Obsorge und keine Besuchskontakte bei
Gewalt zuzulassen", fordern österreichische ExpertInnen. Bei der
Enquete, die diese Woche im Parlament stattfindet und bei weiteren
Beratungen, müssten Einrichtungen, die im Bereich der Prävention von
häuslicher Gewalt tätig sind, verstärkt einbezogen werden.
Rückfragehinweis:
Pressekontakt: Dr. Maria Publig, Tel: +43-676/930 57 08 e-mail: mpublig@gmail.com, www.interventionsstelle-wien.at Fachfragen: DSA Rosa Logar, Tel: +43-664/311 94 58 e-mail: rosa.logar@interventionsstelle-wien.at www.interventionsstelle-wien.at
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