- 21.06.2010, 09:42:12
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WirtschaftsBlatt-Leitartikel: Die Propheten des "Double Dip" - von André Exner
Europa ist stark und wird auch eine zweite Rezession überleben
Wien (OTS) - Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Die Milliarden,
die Europa seit der Lehman-Pleite in die Hand genommen hat, um seine
Banken vor dem Kollaps zu retten, rächen sich jetzt: Wenn man Gewinne
privatisiert und Verluste sozialisiert, zahlt die Zeche der
Steuerzahler. Da grenzt es fast schon an Frechheit, dass sich die
Chefs von manchen Banken damit brüsten, bei den Stresstests besonders
gut wegzukommen. Wer wird sich als nächstes selbst loben, vielleicht
die griechischen Banker? Fakt ist: Ohne die Milliarden, die sie vom
Steuerzahler bereits bekommen haben und in Zukunft noch bekommen
wollen, wären die meisten Banken in Europa schon längst pleite. Auch
solche, die direkt keine Staatshilfe bekommen haben.
Undank ist der Welten Lohn. Die Milliarden, die sie bekommen haben,
verwenden die Banken, um ihre Leichen im Keller noch tiefer zu
vergraben oder um sie bei der EZB zu bunkern. Für Kredite bleibt
nichts übrig - Stichwort "Risiko" - , da ist es willkommen, dass man
sich jetzt auf die Bankensteuer ausreden kann. Wie 2008 und 2009
jeder Managementfehler auf die Krise geschoben wurde, werden in den
kommenden Jahren einfach die böse Bankensteuer und ihr Cousin, die
Finanzmarktregulierung, als Erklärung dafür herhalten müssen, warum
die Kreditklemme immer ärger wird.
Bankenrettung, Defizit, Sparpaket, Konsumflaute, Rezession,
Deflation, Gelddrucken, Hyperinflation, Krieg: So sieht das Drehbuch
nach dem "Zweiten Akt der Wirtschaftskrise" (George Soros) aus, das
nicht mehr nur Krisenprofiteure und -propheten wie er und Nouriel
Roubini an die Wand malen, sondern auch immer mehr
Wirtschaftstreibende und Banker - Letztere natürlich immer nur in
privaten Gesprächen, versteht sich von selbst. Gerne wird auch der
arme Joseph Schumpeter zitiert, der seine "schöpferische Zerstörung"
ja in einem ganz anderen Kontext sah - nämlich als Chance für eine
Neuausrichtung eines maroden Systems - und nicht als Ausrede dafür,
wie Dagobert Duck auf den Goldvorräten zu sitzen, während die Welt
vor die Hunde geht.
Es stimmt, Europa ist dabei, sich gesundzusparen. Aber das bedeutet
nicht, dass die Welt untergeht. Sondern nur, dass man endlich die
Schuldenberge abbaut - wenn nicht die Banken, dann eben die Bürger.
Europa ist reich, Europa ist stark, Europa hat sich seit Jahrzehnten
einen Wohlstandspolster aufgebaut. Selbst wenn die zweite Rezession
kommt, werden wir sie überleben. Siehe Finnland: Das Land ist schon
im "Double Dip" und hat trotzdem weiter ein "Triple A" und niedrige
Finanzierungskosten.
Rückfragehinweis:
WirtschaftsBlatt
Tel.: Redaktionstel.: (01) 60 117/305
http://www.wirtschaftsblatt.at
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