Wien (OTS) - Wie wichtig die möglichst frühzeitige Diagnose und
richtige Therapie der auf Grund ihrer "vielen Gesichter" oft schwer
erkennbaren Bipolaren Störung ist, darauf wiesen Vertreter der
Österreichischen Gesellschaft für Neuropharmakologie und Biologische
Psychiatrie (ÖGPB) im Rahmen einer Pressekonferenz am 18. Juni im
MUMOK in Wien anlässlich des XVI. Updates in Psychiatrie 2010
eindringlich hin.
Berg- und Talfahrt der Gefühle...
Bei der bipolaren Störung, früher manisch-depressive Erkrankung
genannt, wechseln sich depressive Episoden mit manischen bzw.
hypomanischen Phasen ab. Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt - dies
beschreibt das Gefühlschaos der Betroffenen sehr treffend. Die
Betroffenen - und ihre Umgebung - leiden daran und sind zumeist nicht
in der Lage, ihr Leben normal zu managen. Obwohl die Erkrankung zu
den häufigsten psychiatrischen Erkrankungen Mitteleuropas zählt
(Österreich: 400.000), dauert es mitunter Jahre, bis die Patienten
die richtige Diagnose gestellt bekommen.
...verkürzt unbehandelt die Lebenszeit
Das Tragische daran: Unbehandelt verkürzen sich die
krankheitsfreien Perioden zunehmend, auch die Lebenserwartung sinkt.
Die Auswirkungen der Erkrankung, vor allem der manischen Phasen, auf
Alltag, Beruf und Beziehungen können fatal sein: Existenzbedrohendes
Verhalten, soziale Isolation bis hin zum Suizid sind die möglichen
Folgen.
Erkrankung wird oft spät erkennt...
"Leider hat nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch so mancher
Arzt ein Problem mit der richtigen Diagnose der Bipolaren
Erkrankung", so O. Univ.-Prof. Dr. DDr. h.c. Siegfried Kasper, MedUni
Wien. Ein Grund mag das komplexe Krankheitsbild mit seinen vielen,
verschiedenen Ausprägungen und Verlaufsformen sein. Ein Grund liegt
im Wesen der Störung selbst: mangelnde Krankheitseinsicht. Prof.
Kasper: "Leidensdruck spüren viele Betroffene nur in depressiven
Phasen, manische Episoden werden zumeist nicht als krankhaft erlebt.
Daher zählt die rezidivierende unipolare Depression zu den häufigsten
Fehldiagnosen der Bipolaren Erkrankung. Die manischen oder hypomanen
Phasen werden meist einfach nicht als solche erkannt, berichtet oder
erfragt."
Doch auch die Überlagerung durch andere Störungen bzw. Komorbiditäten
verschleiert oftmals die Erkrankung.
... denn auch Komorbiditäten erschweren die Diagnose
Prim.a Dr.in Susanne Lentner, Präsidentin der ÖGPB und
stellvertretende Institutsvorständin des Anton-Proksch-Instituts:
"Komorbide Störungen erschweren und verschleiern oft die richtige
Diagnose. Darüber hinaus wirken sich diese komorbiden Störungen
erheblich auf den Krankheitsverlauf aus, durch Symptomverstärkung,
Auslösen von Episoden und generelle Verschlechterung von
Lebenssituation und Lebensqualität der Betroffenen sowie deren
engeren und weiteren sozialen Umfeld." Neben diversen Angststörungen
spielen hier vor allem "stoffgebundene Abhängigkeiten" wie Alkohol-
oder Drogenabhängigkeit eine wesentliche Rolle. Doch auch die
Spielsucht ist nicht zu unterschätzen.
Richtige Diagnose - richtige Therapie
Die Bipolare Störung ist (noch) nicht heilbar. Doch je früher die
Krankheit richtig diagnostiziert und behandelt wird, umso besser kann
ihr Verlauf beeinflusst werden. Neben einer Vielzahl von
nichtmedikamentösen Therapien - wie z. B. verschiedenste Formen der
Psychotherapie, klassische Psychoanalyse, Psychoedukation,
elektrokonvulsive Therapie, Schlafentzug, Lichttherapie - kommt in
der Behandlung der Bipolaren Störung der medikamentösen Therapie die
Hauptrolle zu: Die richtige Medikation kann den Betroffenen zu
innerer Ausgeglichenheit und Stabilität verhelfen.
Univ.-Prof. Dr. Peter Hofmann, von der Universitätsklinik Graz für
Psychiatrie: "Bis vor 10 Jahren waren wir durch die Tatsache
eingeschränkt, dass als sogenannte Mood Stabilizer, also
Stimmungsstabilisierer lediglich Lithium und Antiepileptika zur
Verfügung standen. Zwischenzeitlich haben die sogenannten atypischen
Antipsychotika, moderne antipsychotische Medikamente, einen Siegeszug
in der Behandlung bipolarer Patienten angetreten."
Einige dieser Atypika eigenen sich für die Behandlung der
psychotischen Manie auch bei Mischbildern, aber auch für manische
Zustände ohne Psychose. Andere eignen sich besonders für die
Rückfallverhütung manischer Zustände und/oder in weiterer Folge auch
für die Langzeitperspektive der Behandlung.
Hofmann: "Vor allem ein Atypikum hat sich hier besondere
Verdienste erworben. Es ist nicht nur für die Akuttherapie von
manischen und depressiven Episoden geeignet, sondern auch für die
Langzeitbehandlung." Das Medikament wirkt wie ein Antidepressivum
depressionsmindernd bei bipolaren Patienten, ohne dabei schwere
Manien auszulösen und deckt nach heutigem Wissenstand damit alle
Phasen der Bipolaren Erkrankung ab.
Resümee und Blick in die Zukunft
Ärzte verfügen heute - vor allem auf dem Sektor der medikamentösen
Therapie - über eine breite Palette an hocheffektiven Möglichkeiten
zur Behandlung von Bipolaren Patienten. Vor allem moderne Atypika
haben das Armamentarium nachhaltig erweitert.
Die Aufgabe der Zukunft wird es sein, vor allem daran zu arbeiten,
Betroffene ehest- und bestmöglich zu identifizieren und einer für sie
maßgeschneiderten Therapie zu zuführen.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde im Text auf eine
gendergerechte Schreibweise verzichtet.
ID 2003 06/10
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