• 11.06.2010, 09:30:02
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Richard Neumann-Erben erhalten sechs Objekte aus dem Kunsthistorischen Museum

Wien (OTS) - Zwei Altartafeln mit Stiftern (um 1540) von Maerten
van Heemskerck, die Gemälde Hannibals Schwur (um 1723) von
Giambattista Pittoni und Wäscherinnen (um 1730) von Alessandro
Magnasco, sowie zwei barocke Tonstatuetten (Bozzetti) von Alessandro
Algardi sollen an die Erben nach Richard Neumann restituiert werden.
Dies empfahl der Kunstrückgabebeirat von Bundesministerin Claudia
Schmied in seiner heutigen Sitzung.

Die sechs Objekte werden vom Kunsthistorischen Museum an Richard
Neumanns Enkel Thomas Selldorff, 82, zurückgegeben. Der gebürtige
Wiener flüchtete 1939 von Paris aus vor den Nationalsozialisten und
lebt heute in den USA.

Selldorff: "Dies ist ein denkwürdiger Moment für mich und meine
Familie. Wir danken der Republik Österreich, die hierdurch das
Unrecht, das mein Großvater erleiden musste, eingesteht. Die Rückgabe
dieser Stücke gibt mir die Möglichkeit, seine Liebe zur Kunst an
meine Kinder weiterzugeben. Mein Großvater wäre glücklich und dankbar
über diese Rückgabe gewesen, die Zeugnis des Engagements und
Rechtsverständnisses des heutigen Österreichs ist.

Die sechs zu restituierenden Objekte waren 1938 aus der Sammlung
Neumann sichergestellt und dem Kunsthistorischen Museum zugewiesen
worden. Der Oberste Gerichtshof sprach sich 1952 für die Rückgabe der
Heemskerk-Tafeln aus, verpflichtete Neumann aber zur Rückerstattung
des seinerzeitigen Kaufpreises - obwohl dieser von den
Nationalsozialisten einbehalten worden war. Gleichzeitig verhängte
das Denkmalamt eine Ausfuhrsperre und nötigte Neumann somit zum
Verkauf. Das Kunsthistorische Museum erwarb die zwei Tafeln um 7.000
US Dollar. Die vier weiteren Objekte erwarb das Museum unentgeltlich.

Basierend auf Recherchen der Kunsthistorikerin Sophie Lillie
beantragten die Neumann-Erben bereits im Jahr 2001 die Rückstellung
der sechs Gegenstände. Im März 2005 lehnte der Beirat deren
Rückstellung ab, unter Hinweis darauf, dass Neumann eine Ablöse für
die Heemskerk-Tafeln erhalten hatte. Erst die Novellierung des
Kunstrückgabegesetzes im November letzten Jahres ermöglichte eine
Neubewertung des Falls. Voraussetzung für die Rückgabe, laut Gesetz,
ist die Rückzahlung des valorisierten Kaufpreises von 1952.

Die Erben werden vom Wiener Anwalt Alfred J. Noll vertreten. Noll:
"Der Rückgabebeirat brachte heute erstmals das geänderte
Kunstrückgabegesetz zur Anwendung. Der Fall Neumann zeigt
eindrücklich die Berechtigung dieser Novelle."

Richard Neumann war Textilindustrieller und Besitzer einer
bekannten Kunstsammlung, die nach dem Anschluss durch die
Nationalsozialisten enteignet wurde. Neumann selbst gelang die Flucht
über Frankreich und Spanien nach Kuba. In Havanna war er als
Vorarbeiter in einer Textilfabrik tätig und hielt - vor einem anfangs
europäischen, später immer breiteren Publikum - Vorlesungen über
Kunstgeschichte. Als Ehrenprofessor der Universität von Havanna
widmete sich Neumann jahrelang dem Ziel, in Havanna ein Kunstmuseum
zu etablieren, und legte schließlich den Grundstein für den Palacio
de Bellas Artes. Er verstarb 1961 im Alter von 82 Jahren in New York.

Aus der ehemals über zweihundert Exponate zählenden Sammlung
erhielten die Neumann-Erben bis dato erst zwei Objekte zurück. Das
Weinstadtmuseum Krems restituierte im April 2007 zwei Gemälde von
Johann Martin Schmidt (genannt Kremser Schmidt); der Rückgabe ging
ein sechsjähriger Rechtsstreit voraus.

Weitere Rückstellungsansprüche gegenüber Museen in Frankreich und
den USA sind derzeit anhängig.

Rückfragehinweis:

Univ.-Doz. Dr. Alfred J. Noll
   Noll, Keider Rechtsanwalts GmbH
   Schellinggasse 3/3, A-1010 Wien
   Tel.: +43 1 512 44 10
   Fax: +43 1 512 44 10-30
   e-mail: alfred.noll@nollkeider.at

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