
Wien (OTS) - Groß wie eine Linse und grün wie eine Erbse. Kleine
Kügelchen, eingeschweißt in silbernes Staniolpapier sollten vor 50
Jahren die Welt verändern und eine Revolution auslösen. Vor 50 Jahren
kam in den USA die erste 'Pille' auf den Markt. Nur sechs Monate
später, am 1. Januar 1961, führte Bayer Schering Pharma (damals
Schering) seine erste Pille in Australien ein, ein paar Monate danach
folgte Deutschland, dann Österreich. Die erste europäische Pille
stellte durch die Reduzierung der Hormondosis bereits eine deutliche
Verbesserung gegenüber der 'Pionierversion' aus den USA dar. Mit
diesem Präparat begann die noch heute andauernde Erfolgsgeschichte
von Schering (seit 2007 Bayer Schering Pharma) als Innovator bei der
Entwicklung von Verhütungsmitteln.
Erste Anfänge
Die Schering-Wissenschaftler begannen ihre Hormonforschung bereits
in den 1920er Jahren, als das Gebiet der Hormone noch weitgehend
medizinisches Neuland war. 1919 hatte der österreichische Forscher
Ludwig Haberland nachgewiesen, dass eine Transplantation der
Eierstöcke von trächtigen auf nicht trächtige Kaninchen den Eisprung
unterdrücken und so eine Befruchtung verhindern konnte. Er erbrachte
damit den ersten wissenschaftlichen Beweis dafür, dass eine Verhütung
mittels Hormonen überhaupt möglich war.
Das Problem damals in den 1920ern war allerdings, dass die
chemische Struktur der meisten Hormone noch gar nicht identifiziert
war. Also konnte man sie auch nicht in reiner Form herstellen. Man
musste zwangsläufig auf Extrakte aus Tierorganen zurückgreifen, mit
all den Verunreinigungen und Risiken, die daraus entstehen konnten.
Das erste Hormonpräparat von Schering, eingeführt im Jahr 1928,
war ein Östrogenprodukt mit Estradiolvalerat zur Behandlung von
Beschwerden in den Wechseljahren.
Das erste Hormon, das chemisch charakterisiert werden konnte, war
das weibliche Hormon Östron im Jahr 1929. Weitere Sexualhormone
folgten rasch nach. Ein wichtiger Meilenstein in der Hormonforschung
war die Entwicklung des ersten synthetischen Östrogens,
Ethinylestradiol, im Jahr 1938 durch die Schering-Wissenschaftler
Inhoffen und Hohlweg. Bis heute ist Ethinylestradiol die
Östrogenkomponente in praktisch allen Pillenpräparaten.
Ethinylestradiol ist chemisch sehr stabil und wird nur langsam in der
Leber abgebaut. Also genügen winzige Mengen, um einen ausgeprägten
Östrogen-Effekt zu erzielen.
Die Forscher wandern in die USA aus - und nehmen ihr Wissen mit
Das Grundwissen zur Ovulationshemmung und die dazu notwendigen
Hormone waren also in den 1930er Jahren bereits vorhanden. Wäre die
Geschichte anders verlaufen - wer weiß, vielleicht hätte ein
Schering-Wissenschaftler schon zwanzig Jahre früher die Pille
erfinden können als es dann eigentlich geschah. Aber es kam anders.
Die Nationalsozialisten interessierten sich nicht im Geringsten für
Verhütung. Im Gegenteil, deutsche Frauen sollten so viele Kinder wie
möglich zur Welt bringen. Das sogenannte 'Mutterkreuz' war eine Art
Orden, den jede Frau zur Geburt ihres fünften Kindes verliehen bekam.
Gleichzeitig mussten viele jüdische Intellektuelle und
Wissenschaftler Deutschland wegen der zunehmenden rassistischen
Verfolgung verlassen. Sie nahmen ihr Wissen mit nach Amerika, und
dort begann eigentlich erst die Geschichte der Pille.
Die Pille - die Idee einer Frau
Die Entwicklung der Pille wäre nicht möglich gewesen ohne zwei
bedeutende Frauen: Margaret Sanger und Katherine McCormick. Sanger
war Krankenschwester in New York. Sie wusste, wie die unablässig
aufeinanderfolgenden Schwangerschaften und Geburten, gar nicht zu
reden von vielen hungrigen Kindern, das Leben der armen Frauen in der
Stadt beeinträchtigen konnten. Sanger war absolut überzeugt: Nur ein
Verhütungsmittel, das die Frau selbst kontrollierte, würde die Frauen
von der Last der allzu häufigen ungeplanten Schwangerschaften
befreien können. Die engagierte Krankenschwester nahm niemals ein
Blatt vor den Mund. Sie machte sich viele Feinde in einer
Gesellschaft, die das Kinderkriegen als das natürliche Los der Frauen
ansah, und in der Geburtenkontrolle offiziell verboten war.
Es dauerte bis in die 1950er Jahre, bis die Entwicklung einer
Verhütungspille politisch überhaupt durchsetzbar wurde. Sanger wandte
sich an Katherine McCormick, eine Millionärin, die viele mildtätige
Projekte unterstützte und sich sehr für die Frauenbewegung
interessierte. Gemeinsam überzeugten Sanger und McCormick den
Wissenschaftler Dr. Gregory Pincus, die Pille zu entwickeln. Diese
wurde im Mai 1960 in den USA unter dem Handelsnamen Enovid(R) auf den
Markt gebracht. Pincus gilt noch heute als 'Vater der Pille' - aber
Sanger und McCormick waren die Hebammen.
Anovlar(R) - die erste europäische Pille
Nur ein Jahr nach der Einführung der Pille in den USA war die
erste europäische Pille auf dem deutschen Markt, die anderen Länder
Westeuropas folgten bald nach. Anovlar(R) von Bayer Schering Pharma
(damals Schering) enthielt 50 mikrogramm Ethinylestradiol und 4 mg
Norethisteronacetat pro Dragee. Zum Vergleich: Das amerikanische
Präparat enthielt 150 miktrogramm eines sehr ähnlichen Östrogens.
Schon mit Anovlar(R) begann also die Schering-Tradition der
Dosisverminderung.
Die europäische Pille traf auf einen völlig unvorbereiteten Markt.
Verhütung, die die Frau selbst kontrolliert - das war eine ganz neue
Idee. Anovlar(R) wurde zunächst als Präparat zur Behandlung
schmerzhafter Regelblutungen angeboten. Klein in der Packungsbeilage
war zu lesen, dass während der 'Kur' mit dem Präparat kein Eisprung
erfolgt. Die Schwangerschaftsverhütung war also offiziell eine
Nebenwirkung und keine Indikation. Allerdings deutete schon der
Handelsname Anovlar(R) auf die Unterdrückung des Eisprungs hin - den
wichtigsten Wirkmechanismus der kombinierten oralen Kontrazeption.
Norgestrel und Levonorgestrel - die neue Generation der Gestagene
1965 kam die erste Pille mit einem neuen Gestagen auf den Markt:
Eugynon(R) von Schering. Sie enthielt pro Pille 500 mikrogramm des
Gestagens Norgestrel, das im Vergleich zu dem bisher verwendeten
Norethisteron deutlich stärker wirksam war und daher niedriger
dosiert werden konnte. Nur ein paar Jahre später, 1970, führte
Schering dann Neogynon(R) ein. Diese Pille war im Prinzip identisch
mit Eugynon(R), enthielt jedoch anstelle der 500 mikrogramm
Norgestrel jetzt 250 mikrogramm Levonorgestrel.
Noch ein Quantensprung: Die erste 'Minipille'
Im Jahr 1971 führte Schering ein ganz neues und radikal anderes
Konzept der Verhütung ein: Die Minipille. Sie enthielt nur eine ganz
geringe Hormondosis, nämlich 30 mikrogramm des Gestagens
Levonorgestrel. Auf Östrogene wurde hier ganz verzichtet. Der
Wirkmechanismus der Minipille unterscheidet sich von dem der
kombinierten Pillen, und sie wird auch anders eingenommen: Jeden Tag
sehr pünktlich zur gleichen Zeit, ohne Pausen. Die Minipille
unterdrückt den Eisprung meist nicht. Ihr Verhütungseffekt beruht
hauptsächlich auf der Verdickung des Schleimpfropfes im
Gebärmutterhals. Dieser wird so dicht und zäh, dass Samenzellen ihn
nicht durchdringen können. Die wichtigsten Nachteile dieser Form der
Verhütung waren die schlechte Zykluskontrolle - also die häufigen
Zwischenblutungen - und die Tatsache, dass die Einnahme viel
Disziplin erfordert. Die Minipille muss täglich innerhalb eines
Zeitfensters von höchstens drei Stunden eingenommen werden.
Dosisverminderung
1973 führte Schering eine Pille mit nur 30 mikrogramm
Ethinylestradiol pro Dragee ein. Zum allerersten Mal war eine Pille
erhältlich, die weniger als 50 mikrogramm Östrogen enthielt. Die
Klasse der niedrigdosierten Pillen wurde fortan 'Mikropillen'
genannt. Mikropillen sind heute der Standard, während Pillen mit
hohen Östrogendosen mehr oder weniger vom Markt verschwunden sind.
Die oben erwähnte Pille ist noch heute, fast 40 Jahre nach seiner
Einführung, auf dem Markt erhältlich. Die Weltgesundheitsorganisation
WHO hat diese Pille in ihre Liste der unentbehrlichen Medikamente
(essential drugs) aufgenommen.
Nach der Einführung der oben beschriebenen Pille schien eine
weitere Dosisverminderung ohne negative Auswirkungen bei der
Zykluskontrolle schwierig zu werden. Doch Wissenschaftler bei
Schering fanden einen genialen Kniff: Eine Verminderung der
Hormondosis pro Zyklus (anstatt pro Dragee), wobei die
Verhütungszuverlässigkeit erhalten blieb. Die erste Dreiphasenpille,
Trigynon(R), orientierte sich an der natürlichen Schwankung der
Hormonspiegel im weiblichen Körper während des Menstruationszyklus.
In der ersten Zyklushälfte produzieren die Eierstöcke Östrogene, kein
Progesteron (das natürliche Gelbkörperhormon). Die Reduzierung der
Gestagendosis in den ersten Zyklustagen erwies sich als gute Idee.
Später stellte sich heraus, dass eine weitere Dosisreduktion doch
möglich war.
Zusatzindikationen - ein neues Konzept für die Pille
Bis in die 1970er Jahre war die Entwicklung neuer Pillen getrieben
von dem Konzept, eine effektive Verhütung mit der geringstmöglichen
Hormonmenge zu erreichen. Dann entwickelte Schering ein neues
Gestagen namens Cyproteronacetat (CPA). CPA ist ein wirksames
Gestagen, das den Eisprung unterdrückt, aber gleichzeitig blockiert
es die Wirkung männlicher Hormone. Was sollte das beim Einsatz in der
Pille für Vorteile haben?
Tatsächlich produzieren alle Frauen in ihren Ovarien und
Nebennieren kleine Mengen an männlichen Hormonen, genauso wie alle
Männer kleine Mengen weiblicher Hormone produzieren. Einige Frauen
jedoch haben zu hohe Blutspiegel an Testosteron (dem männlichen
Sexualhormon) oder reagieren sehr empfindlich darauf. Dies kann zu
sehr fettiger Haut, zu Akne, zu Haarausfall oder zu verstärkter
Gesichtsbehaarung (Damenbart) führen. Diese Frauen profitierten
besonders von jener neuen Schering-Pille, die im Jahr 1978 auf den
Markt kam. Die Östrogendosis in dieser Pille wurde später auf 35
mikrogramm reduziert. Es ist heute noch erhältlich, als effektives
Medikament gegen ausgeprägte Akne bei Frauen, die gleichzeitig eine
verlässliche Verhütung benötigen.
1987 führte Schering seine erste Pille mit Gestoden ein, einem neuen
Gestagen.
Gestagen genau da, wo es gebraucht wird - die 'Hormonspirale'
Verlassen wir einen Moment den Bereich der oralen Verhütungsmittel.
1990 führte Schering die erste und bis heute einzige Hormonspirale
ein. Ein T-förmiger Kunststoffträger wird in die Gebärmutter
eingesetzt. Auf diesem Träger befindet sich ein Hormonreservoir, das
kontinuierlich kleine Mengen des Gestagens Levonorgestrel freisetzt.
Die Hormonspirale ist darauf angelegt, fünf Jahre lang ungewollte
Schwangerschaft zu verhüten. Innerhalb von 24 Stunden werden 20
mikrogramm Levonorgestrel freigesetzt und wirken direkt in der
Gebärmutter. Nur die Hälfte dieser Hormonmenge wird ins Blut
aufgenommen. Dies entspricht der Hormondosis von etwa zwei
'Minipillen' pro Woche.
Der Wirkmechanismus basiert auf dem alten Konzept der Minipille.
Allerdings wirkt das Hormon hier hauptsächlich lokal, also direkt in
der Gebärmutter, und nicht über den Blutkreislauf. Der Schleimpfropf
im Gebärmutterhals wird so dicht und zäh, dass Spermien ihn nicht
durchdringen können. Gleichzeitig hemmen die Hormone direkt 'vor Ort'
in der Gebärmutter das Wachstum der Gebärmutterschleimhaut. Es kommt
kaum noch zu einem Wachstum wie im normalen Menstruationszyklus, was
auch das Blutungsmuster deutlich verändert.
Mit normalen Kupferspiralen haben viele Frauen verstärkte und
schmerzhafte Regelblutungen - mit der Hormonspirale aber werden die
Regelblutungen bei vielen Frauen im Gegenteil wesentlich schwächer.
Etwa 20% der Verwenderinnen haben überhaupt keine Blutungen mehr.
Diese 'Nebenwirkung' ist besonders bei Frauen wichtig, die sonst bei
der Menstruation viel Blut verlieren. In Österreich sowie einigen
anderen Ländern ist die Hormonspirale heute nicht nur zur Verhütung,
sondern auch zur Behandlung übermäßig starker Regelblutungen
zugelassen. Nachdem die Frauenärztin oder der Frauenarzt die
Hormonspirale in die Gebärmutter eingesetzt hat, bleibt sie fünf
Jahre wirksam. Dies ist ein Vorteil gegenüber der Minipille, die ganz
ähnlich wirkt, aber jeden Tag ganz pünktlich geschluckt werden muss.
Moderne Pillen mit Drospirenon
Ein weiteres neues Gestagen mit zusätzlichen positiven Wirkungen
wurde von Schering-Wissenschaftlern in den 1990ern entdeckt und 2000
auf den Markt gebracht: Drospirenon. Zusätzlich zu seiner Wirkung als
Sexualhormon (Gestagen) zeigt Drospirenon auch eine Wirkung, die man
sonst nur von dem natürlichen Progesteron kennt, den aber die anderen
synthetischen Gestagene nicht aufweisen. Dies ist die sogenannte
anti-mineralokortikoide Wirkung. Progesteron fördert die Ausscheidung
von Natrium und Wasser über die Nieren und wirkt so dem Östrogen
entgegen, das Natrium und Wasser im Körper speichert.
Eine Pille auf Basis des natürlichen Östrogens Estradiol
In den letzten 50 Jahren wurden viele neue Gestagene als
Komponenten der Pille eingeführt. Jedes hat besondere Eigenschaften,
und einige wie Dienogest oder Drospirenon haben zusätzliche positive
Eigenschaften. Die Östrogenkomponente fast aller Pillen allerdings
ist nach wie vor das Ethinylestradiol - jenes hochwirksame
synthetische Östrogen, das 1938 bei Schering entwickelt wurde.
Es gab viele Versuche, als Alternative Estradiol, das im Körper
der Frau produzierte Östrogen zu verwenden. Leider sind diese
Versuche meist daran gescheitert, dass die Zykluskontrolle der
betreffenden Präparate sehr schlecht war.
Die Kombination des Östrogens Estradiolvalerat mit dem Gestagen
Dienogest hat jetzt endlich doch zum Erfolg geführt. Das in der
neuesten Pille von Bayer Schering Pharma verwandte Estradiolvalerat
wird sofort in Estradiol umgewandelt, dem gleichen Östrogen, das der
weibliche Körper produziert. In einem besonderen Dosierungsschema
wird der Hormongehalt im Laufe des Zyklus variiert. Dabei sind die
Dosierungen der Hormone darauf ausgerichtet, die richtige niedrige
Hormonmenge zur richtigen Zeit im Zyklus bereitzustellen.
Über Bayer HealthCare
Die Bayer AG ist ein weltweit tätiges, forschungsbasiertes und
wachstumsorientiertes Unternehmen mit Kernkompetenzen auf den
Gebieten Gesundheit, Ernährung und hochwertige Materialien. Bayer
HealthCare ist eine Tochtergesellschaft der Bayer AG und gehört zu
den weltweit führenden innovativen Unternehmen in der
Gesundheitsversorgung mit Arzneimitteln und medizinischen Produkten.
Das Unternehmen bündelt die Aktivitäten der Divisionen Animal Health,
Bayer Schering Pharma, Consumer Care sowie Medical Care. Ziel von
Bayer HealthCare ist es, Produkte zu erforschen, zu entwickeln, zu
produzieren und zu vertreiben, um die Gesundheit von Mensch und Tier
weltweit zu verbessern. Mehr Informationen finden Sie unter
www.bayerhealthcare.at
Über Bayer Schering Pharma
Bayer Schering Pharma ist ein weltweit führendes Spezialpharma
Unternehmen, dessen Forschung und Geschäftsaktivitäten sich auf vier
Bereiche konzentrieren: Diagnostische Bildgebung, General Medicine,
Specialty Medicine und Women's Healthcare. Bayer Schering Pharma
setzt auf Innovationen und will mit neuartigen Produkten in
speziellen Märkten weltweit führend sein. So leistet Bayer Schering
Pharma einen Beitrag zum medizinischen Fortschritt und will die
Lebensqualität der Menschen verbessern. Mehr Informationen finden Sie
unter www.bayerscheringpharma.at.
Weitere Pressetexte und druckfähiges Fotomaterial auf Anfrage
erhältlich.
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