Wien (OTS) - Die Wiedereinführung der Börsenumsatzsteuer (BUSt)
bzw. die Einführung einer Finanztransaktionssteuer für Österreich im
Alleingang würden dem österreichischen Kapitalmarkt enormen Schaden
zufügen: Durch die Besteuerung verteuert sich der Handel an der
Wiener Börse schlagartig. Als Konsequenz ist zu befürchten, dass die
ausländischen Handelsteilnehmer sofort an andere Börsen und
ausländische, außerbörsliche Handelsplattformen wechseln. Der
Finanzplatz Wien könnte auf diese Weise sofort zwei Drittel seines
Aktienumsatzes und damit an Liquidität verlieren. Im April betrug der
Aktienumsatz an der Wiener Börse 6,9 Mrd. EUR, der Anteil der
internationalen Handelsteilnehmer lag bei 64 %. Aus heutiger Sicht
könnten daher rund 4,4 Mrd. EUR an andere Börsen bzw. außerbörsliche
Handelsplätze abwandern.
"Ohne Liquidität bleiben auch die Börsegänge aus", zeigt sich Dr.
Heinrich Schaller, Mitglied des Vorstandes der Wiener Börse AG,
besorgt. "Außerdem gehen wir davon aus, dass auch die
institutionellen Investoren - derzeit sind 40 Mrd. USD in
ATX-Prime-Unternehmen investiert - ihr Kapital aus österreichischen
Aktien abziehen werden, weil mangels Liquidität kein sinnvolles
Fondsmanagement möglich ist. Dies gilt übrigens auch für die
prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge (ZKV): Die rund eine Million
staatlich geförderten ZKV-Besitzer müssten dann ein für ihre
Eigenvorsorge unattraktives Produkt halten."
Eine allfällige BUSt oder Finanztransaktionssteuer würde auch der
gesamten österreichischen Volkswirtschaft Schaden zufügen. Wie die
Economica-Studie "Negative Auswirkungen einer Wiedereinführung der
Börsenumsatzsteuer" zeigt, hätte die Wiedereinführung einer BUSt und
der daraus folgende Rückgang der Börsenumsätze eine Abschwächung der
österreichischen Wirtschaftsleistung zur Folge: Bei einem - analog
der Wifo-Studie - unterstellten Rückgang der Börseumsätze in Höhe von
15 % beläuft sich der volkswirtschaftliche Schaden im ersten Jahr auf
0,074 % des österreichischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) oder 204
Mio. EUR. In den Folgejahren nimmt der Schaden sowohl bei wachsendem
BIP als auch bei einer stärkeren Nutzung der Wiener Börse zu
Eigenkapitalaufbringung (insbesondere Kapitalerhöhungen) zu. Im
ersten Jahr geht mit der (Wieder-)Einführung der Börsenumsatzsteuer
ein Verlust von 2.660 Arbeitsplätzen einher. Dabei ist zu beachten,
dass es sich bei dem unterstellten Rückgang von 15 % um eine
konservative Schätzung handelt, tatsächlich könnte die Wiener Börse
bis zu zwei Drittel ihres Aktienhandels (Anteil ausländischer
Marktteilnehmer) verlieren.
BUSt als fiskalisches Nullsummenspiel
Die Economica-Studie kommt weiters zu folgenden fiskalischen
Erkenntnissen: Auf Basis der Umsätze im Jahr 2008 (abzüglich des zu
erwarteten Rückgangs von 15 %) und einem Steuersatz von 0,15 % hätte
sich ein Aufkommen aus der Börsenumsatzsteuer in Höhe von 90 Mio. EUR
ergeben (auf Umsatzbasis 2009 wäre das erwartete Aufkommen lediglich
47 Mio. EUR gewesen). Dem stehen Ausfälle bei dem Gesamtaufkommen aus
Steuern und Sozialversicherungsabgaben in mindestens gleicher Höhe
gegenüber, davon allein 50 Mio. EUR aus lohn- und einkommensbezogenen
Steuern und Abgaben. Dr. Christian Helmenstein, Studienautor und
Mitglied des Vorstands des Economica Instituts für
Wirtschaftsforschung, hält hierzu fest: "Schon unter statischen
Verhaltensannahmen ist somit aus der (Wieder-)Einführung der
Börsenumsatzsteuer kein fiskalischer Nettokonsolidierungsbeitrag zu
erwarten. Werden die Anreize zu dynamischen Verhaltensänderungen in
Form von (legalen) Steuervermeidungsreaktionen bei den
Marktteilnehmern zusätzlich berücksichtigt, stellt sich die
(Wieder-)Einführung nicht nur als volkswirtschaftliches, sondern
sogar als fiskalisches Negativsummenspiel dar."
"Dass die BUSt kein zeitgemäßes Steuerungsinstrument und keine
ergiebige Staatseinnahmenquelle darstellt, belegt auch die Tatsache,
dass in keinem EU-Mitgliedstaat in den letzten 20 Jahren eine
Finanz-transaktionssteuer für Börsegeschäfte eingeführt wurde", so
Dr. Michael Buhl, Mitglied des Vorstandes der Wiener Börse AG.
Vielmehr wurden, wie in Österreich, bestehende
Finanztransaktionssteuern in vielen Mitgliedstaaten abgeschafft:
Luxemburg (1987), Spanien (1988), die Niederlande (1990). Deutschland
(1991), Schweden (1991), Dänemark (1999), Frankreich (2008) und
Italien (2008). Derzeit gibt es noch in sechs Ländern der EU
(Belgien, Griechenland, UK, Irland, Polen, Zypern) eine
Finanztransaktionssteuer für börsegehandelte Wertpapiertransaktionen,
wobei in den meisten Ländern gleichzeitig ganz wesentliche
Ausnahmeregelungen gelten.
Rückfragehinweis:
Beatrix Exinger, Wiener Börse AG
Tel: +43 (0) 1 53 165 - 153
Fax: +43 (0) 1 53 165 - 140
mailto:beatrix.exinger@wienerborse.at
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