- 07.05.2010, 10:33:12
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Kunsthalle Exnergasse skizziert mit "Bad Girls" aktuelle Feminismus-Fragen
Wien (OTS) - Skeptisch gegenüber "weiß-kanonischen"
Feminismus-Standpunkten, so Kuratorin Claudia Marion Stemberger, lädt
die Kunsthalle Exnergasse ab heute, Freitag, zu einer globalen, um
Aspekte von Migration, Exotik und Islam angereicherten Schau "No more
bad girls?" ein. Kuratiert von Kathrin Becker, die in Berlin eine
Video-Sammlung leitet und einige Zeit im Iran gelebt hat, und
Stemberger, die zuletzt in Südafrika geforscht hat, will die Schau
mitsamt ihrem Katalog "nicht zu einem weiteren Coffee Table Book"
(Stemberger) über dieses Thema werden, sondern neue, internationale,
von Indonesien bis nach Südafrika, Polen bis Palästina reichende
feministische Sichtweisen dem Publikum anbieten. In Summe sind 17
Werke ausgestellt.
Ein gewisser Schwerpunkt nimmt dabei die Stellung weiblicher Kunst in
islamischen Ländern ein. Beeindruckend groß, präsentiert sich da etwa
die "I love you"-Arbeit der Künstlerin Arahmaiani aus Maylasien: in
arabischer Schrift, dreidimensional in bunten, an Möbelhauskataloge
erinnernde Farben hängt die mehrere Meter lange und hohe Arbeit neben
einer reportageartigen Arbeit von Newsha Tavakolian, die in neun
Bildern den religiös-rituellen Wechsel vom Mädchen zur jungen Frau in
Form der Einkleidung mit Schleier dokumentiert, ohne dabei die
Individualität der neunjährigen Mädchen mitsamt Ballettkleidchen oder
rosa Plastikflügeln zu überdecken ("The Day I Became a Woman"). Für
Becker setzt "bad girls" einen Kontrapunkt zum "marginalisierenden
Blick auf weibliche Kunst in islamischen Ländern". Großes Vorbild der
"bad girls"-Schau ist die 2007 in New York gezeigte Schau "Global
Feminism. New Directions in Contemporary Art".
Dass die Kindheit für Mädchen auch in Europa schwierig sein kann,
zeigt die aus Polen stammende, heute in New York lebende Künstlerin
Agnes Janich in "My Mom`s Diary". Untergebracht in elf simplen
Billig-Holzrahmen setzt sich Janich anhand klassischer
Kinder-Familien-Bilder mit eingeschriebenen Kommentaren ("A warm
little body to make my loneliness go away") kritisch mit dem
Verhältnis Tochter und Mutter, Familie und Frau auseinander. "In
Polen ist die Familie heilig", kommentiert sie ihre Arbeit. Wie sehr
weibliches Kunstschaffen schon per se ein risikoreicher Akt der
Befreiung ist, zeigt die bestürzende Arbeit von Regina José Galindo,
die sich in der Videoarbeit "Perra" abwertende Wörter in den
Oberschenkel ritzt. Deutlich ironischer fallen dazu die Arbeiten von
Elodie Pong ("Se suis une bombe") und vor allem von Larissa Sansour
("A Space Exodus") aus: karikiert erstere in einem Panda-Kostüm
männliche Table Dance-Phantasien, nimmt zweitere Neil Amstrongs
Mond-Eroberung zum Anlass, um dieses heroische Bild durch eine
nachgestellte weibliche Luna-Betretung zu konterkarieren. Ähnlich
zitierend passt dazu auch Elena Kovylinas Arbeit "Carriage", die die
berühmte Kinderwagen-Szene aus Eisensteins "Panzerkreuzer Potemkin"
nimmt, um an das ungesicherte Leben als Frau und Künstlerin im
heutigen Russland zu erinnern. Nahezu ethnologisch stellt sich die
Arbeit von Andrea Sunder-Plassmann dar: "Verwandlung in einen Vogel"
dokumentiert, untermalt von Musik und Lyrik, die Verwandlung
Plassmanns in eine traditionell geschmückte und geschminkte Braut,
eine Arbeit die 2003 während ihres mehrwöchigen Aufenthaltes in einem
indonesischen Dorf entstand und für "bad girls" erweitert wurde.
Fazit: Mit der prägnant kuratierten "No more bad girls?"-Schau bietet
die Kunsthalle Exnergasse bis 11. Juni jede Menge Stoff zur
Diskussion. Besonders empfohlen sei hier auch der aufgelegte Katalog,
der in Englisch und Deutsch nicht nur die Schau dokumentiert, sondern
gut lesbar den aktuellen Stand von Feminismus und Kunst wiedergibt.
Kunsthalle Exnergasse (9., Währinger Strasse 59): "No more bad
girls?" (7.5. - 11.6.), Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 13.00
bis 18.00 Uhr, Samstag 11.00 bis 14.00 Uhr, Rahmenprogramm: 8.5.,
14.00 Uhr: Podiumsdiskussion mit Edith Futscher und Kuratorinnen;
10.6., 19.00 Uhr: Claudia Marion Stemberger im Gespräch mit Nora
Sternfeld, www.kunsthalleexnergasse.wuk.at. (Schluss) hch
Rückfragehinweis:
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