• 15.04.2010, 10:05:23
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  • OTS0071 OTW0071

Strafverfahren von Emittenten entlasten Finanzdienstleister

Göltl: "Finanzdienstleister erwarten mit Spannung Judikaturlinie zur Beraterhaftung bei Malversation des Emittenten"

Wien (OTS/PWK291) - Das Handelsgericht Wien stellte als
Ergebnis der Klage seitens eines Kunden gegen eine Wertpapierfirma in
seinem Urteil klar, dass der Berater nicht haftet, wenn der
Schadenseintritt auf ein anderes Risiko (wie z.B. Malversation) als
der unterlassenen Risikoaufklärung zurück zu führen ist: "Dieses
richtungsweisende Urteil ist für die Finanzdienstleistungsbranche von
großer Bedeutung. Zahlreiche Großschadensfälle der letzten Jahre -
wie AMIS, AvW oder Immofinanz - wurden oft von Strafverfahren mit
ähnlichem Sachverhalt begleitet. Es gilt nun abzuwarten, ob die vom
Oberlandesgericht Wien vorgezeichnete Judikaturlinie fortgesetzt und
vom Obersten Gerichtshof übernommen wird", kommentiert Wolfgang K.
Göltl, Obmann des Fachverbandes Finanzdienstleister in der
Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), diese mittlerweile rechtskräftige
Entscheidung.

Urteilsbegründung: Rechtswidrigkeitszusammenhang nicht gegeben

Malversationen des Managements, das mittlerweile rechtskräftig
verurteilt wurde, führten wenige Monate nach der Vermittlung einer
Unternehmensanleihe durch den Berater zur Insolvenz des Emittenten
und zum Totalverlust des Kunden. Im Zuge der Beweisführung hat das
Handelsgericht festgestellt, dass der Berater den Kunden nicht
ordnungsgemäß über den Risikogehalt der Anleihe, insbesondere die
Bedeutung des Ratings, aufklärte. Diese unterlassene Risikoaufklärung
löst nach Ansicht des Handelsgerichts Wien jedoch keine Haftung aus,
da der Schaden tatsächlich durch Malversationen des Managements des
Unternehmens hervorgerufen wurde.

Aufgrund des durchbrochenen Rechtswidrigkeitszuammenhangs wurde
die Klage des Kunden gegen die Wertpapierfirma daher vom
Handelsgericht abgewiesen. Unter Rechtswidrigkeitszusammenhang ist zu
verstehen, dass für einen Schaden nur dann einzustehen ist, wenn sich
genau jenes Risiko verwirklicht (hier: Schaden aufgrund fehlerhafter
Beratung), zu dessen Vermeidung ein bestimmtes Schutzgesetz (hier:
Wertpapieraufsichtsgesetz) besteht.

Malversationen nicht im Rating abgebildet

Darüber hinaus stellte das Handelsgericht Wien fest, dass Untreue,
Betrug oder Bilanzfälschung bei der Rating-Einstufung eines
Unternehmens nicht abgebildet und daher bei der Beratung nicht zu
berücksichtigen sind. Im zitierten Fall hat sich ein anderes Risiko -
eine Straftat - verwirklicht, für das der Anlageberater nicht haftbar
gemacht werden kann.

VKI-Klage gegen Berater abgewiesen

In einem Musterverfahren des Vereins für Konsumenteninformation
(VKI) wurde die Klage eines Kunden gegen seinen Berater vom
Handelsgericht Wien abgewiesen. Das Beweisverfahren ergab, dass der
Kläger über Grunderfahrungen aufgrund früherer getätigter
Investitionen in Aktien verfügte und der Berater seinen
Aufklärungspflichten über den Risikogehalt der Immobilienaktie in
vollem Umfang nachgekommen war.

Umfassende Gesprächsprotokolle von Bedeutung

Das Handelsgericht Wien betont in dieser - noch nicht
rechtskräftigen- Entscheidung, dass es stets auf den Einzelfall
ankommt. Bei der Beweisaufnahme wurde dem Beratungsprotokoll insofern
Beachtung geschenkt, als dieses Warnhinweise hinsichtlich der
Immobilienaktie enthalten hatte.

Der Fachverband rät daher allen Beratern, hinsichtlich der
diversen Finanzinstrumente sämtlichen Aufklärungs-, Erkundigungs- und
Informationspflichten detailliert und umfassend nachzukommen bzw.
diese schriftlich festzuhalten. Im Fall einer Klage lohnt sich dieser
Aufwand - denn Dokumentationsversäumnisse führen im Haftungsverfahren
regelmäßig zur Beweiserleichterung zu Gunsten des Kunden, die bis zur
Beweislastumkehr gehen können. (JR)

Rückfragehinweis:

Wirtschaftskammer Österreich
   Fachverband Finanzdienstleister
   Mag. Philipp H. Bohrn, Mag. Sandra Siemaszko
   Tel.: 05 90 900-4818
   E-Mail: finanzdienstleister@wko.at
   Internet: http://wko.at/finanzdienstleister

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