Schönborn holt Waltraud Klasnic...(3)
"Eindeutig auf Seite der Opfer"
Wien (OTS) - Zur Frage nach den Ursachen von sexuellem Missbrauch und Gewalt in der Kirche erinnerte Kardinal Schönborn daran, dass leider überall Gewaltbereitschaft vorhanden sei. Freilich gebe es keine "bessere Schule" zum Umgang mit Gewalt als das Evangelium:
"Jesus geht konsequent den Weg der Gewaltlosigkeit, er steht eindeutig auf der Seite der Opfer. Leider hat das seine Gemeinschaft, die Kirche, oft sträflich vernachlässigt".
Der Zölibat könne gut oder schlecht gelebt werden, er sei aber nicht die eigentliche Ursache des Missbrauchs, betonte der Kardinal. Wo Priester Probleme mit der Ehelosigkeit haben und in Beziehungen leben, werde ernsthaft mit ihnen geredet und vor allem die Frage gestellt: Wie lebst du mit der Doppelmoral? Diese Doppelmoral sei ein "Unrecht", auch für die Partnerin des Priesters.
Als Ordinarius für die Katholiken des byzantinischen Ritus in Österreich sei er auch für verheiratete Priester mit Familie zuständig, erinnerte Kardinal Schönborn. Er sehe deshalb, dass sowohl eheloses als auch in eine Ehe eingebundenes Priestertum eine große Herausforderung sei.
Im Hinblick auf die hierarchische Struktur der Kirche sagte der Wiener Erzbischof, dass es den Missbrauch geistlicher Macht im Verlauf der Kirchengeschichte in verschiedener Form gegeben habe und gebe. Die hierarchische Struktur gehe auf Jesus zurück, der die Apostel berufen habe. Aber zugleich sei klar, dass die Kirche die Freiheit fördern und die "emanzipatorische Kraft" des Evangeliums in den Vordergrund stellen müsse. "Wo dies unterbleibt, ist Reformbedarf", betonte der Kardinal. Die "entscheidende Reform" orientiere sich an der Frage: "Entsprechen wir der Botschaft Jesu Christi"?
Zu den Gewaltvorwürfen gegen den Vorarlberger Bischof Elmar Fischer wollte sich Schönborn auf Grund der mangelnden Detailinformationen nicht äußern. Tatsache sei, dass in der Pädagogik ein Umdenken in Richtung Gewaltfreiheit und ein stärkerer Blick auf die Kinder erfolgt sei. Zugleich ließ der Wiener Erzbischof keinen Zweifel daran, dass er diesen Wechsel zutiefst begrüßt: "Gott sei Dank ist in der österreichischen Gesellschaft endlich etwas anders geworden. Prügel und g?sunde Watschen sind keine pädagogischen Methoden mehr". Es sei "töricht", Einstellungen, die vor 40 oder 50 Jahren noch gang und gäbe waren, heute rechtfertigen zu wollen. Er habe in seiner eigenen Schul-Laufbahn in der Volksschule und im Gymnasium prügelnde Lehrer erlebt und sei schon damals über diese Methode und die Gleichgültigkeit von Vorgesetzten und Eltern zutiefst empört gewesen. (forts)
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