- 12.03.2010, 11:51:19
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Weiterbildung für Arbeitslose verkommt zur Alibi-Aktion
Zwangsanstellung: das Horrorszenario für viele Trainer. 20 Prozent denken ans Aufhören. Reaktion des AMS: Jeder darf Arbeitslose trainieren.
Wien (OTS) - 1.300 Euro netto. So viel sollen Trainer nach der
Zwangsanstellung verdienen - und zwar unabhängig von Ausbildung und
Berufserfahrung. "Nach Studium, Weiterbildung und vielen Jahren
Berufspraxis sollen wir gleich viel bekommen wie der
'Super-Praktikant' der Gewerkschaft", sagt Dr. Bernhard Kleemann,
Vorstand der VÖBAT.
"Wenn unsere Arbeit nichts mehr wert ist, dann hören 20 Prozent
der Trainer auf", so Kleemann. Die Folge: Trainer etwa für Kurse des
Arbeitsmarktservice (AMS) werden knapp, die Qualität der Kurse
notgedrungen schlechter - sofern sie überhaupt noch stattfinden.
Kleemann: "Die Qualifizierung von Arbeitslosen droht damit zur
Alibi-Aktion zu verkommen."
AMS nach dem Motto "Jede/r darf trainieren"
Das AMS hat diese Woche aufgrund des gravierenden
TrainerInnenmangels neue Kriterien beschlossen - nach dem Motto:
Jede/r darf Arbeitslose trainieren. Kleemann: "Das bedeutet eine
Deprofessionalisierung der Erwachsenenbildung. Das AMS hat damit
jeglichen psychosozialen Ansatz über Bord geworfen. Waren bisher gut
ausgebildete Trainer zumindest zum Teil bevorzugt, so ist das mit den
neuen Richtlinien vollkommen egal."
Es gehe nur noch darum, dass irgendjemand in der Gruppe steht,
jeglicher Qualitätsanspruch sei gefallen. "Die Institute finden zu
den Dumpinglöhnen natürlich keine ausgebildeten TrainerInnen. Der
Markt wird unkontrolliert geöffnet", so Kleemann.
Trainer zahlen für die Sanierung der Krankenkassen
Die Trainer sind empört über die Rücksichtslosigkeit, mit der die
Gewerkschaft und die Krankenkassen ihre Interessen durchboxen und
alle Trainer zu einer Anstellung zwingen wollen. Kleemann: "Die
Gehaltseinbußen durch Zwangsanstellung von zum Teil mehr als 50
Prozent sind schlicht unzumutbar."
Das Trainer-Schlechterstellungs-Paket ist de facto auch ein
Krankenkassen-Sanierungs-Paket - angestellte Trainer sollen durch
erzwungene Mehrfach-Versicherung mehrfach zur Kasse gebeten werden.
Pläne der Gewerkschaft sind sinnlos
Der Plan der Gewerkschaft, alle Trainer zu einer Anstellung zu
zwingen, entbehrt einer rationalen Grundlage. "Viele Trainer haben
sich bewusst dazu entschieden, freiberuflich oder als freie
Dienstnehmer tätig zu sein", sagt Kleemann. Die meisten Trainer
hätten mehrere Auftraggeber, für die sie regelmäßig arbeiten. "Da
macht eine Anstellung einfach null Sinn - ganz abgesehen davon, dass
die Entscheidung für oder gegen eine Anstellung von den Trainern
selbst getroffen werden sollte. Mit Wahlfreiheit hat die Gewerkschaft
offensichtlich nichts am Hut."
20 Prozent der Trainer könnten Branche verlassen
Die dramatische Verschlechterung der Arbeitsverhältnisse wird dazu
führen, dass viele Trainer ihren Beruf aufgeben und in andere
Bereiche wechseln werden. Viele Trainer, die etwa in AMS-Projekten
Jugendliche ausbilden, betreiben nebenbei noch ein Gewerbe wie etwa
eine Tischlerei. "20 Prozent der Trainer wollen in ihren Lehrberuf
zurückgehen bzw. sich in Zukunft nur mehr auf diesen konzentrieren",
so Kleemann.
Arbeitslose kommen zum Handkuss
"Es gibt immer weniger Bereitschaft, für Qualität in der
Weiterbildung Geld in die Hand zu nehmen. Dabei wird es bereits jetzt
immer schwieriger, qualifizierte Trainer zu finden", kritisiert
Kleemann. "Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt, dann wird es in
Zukunft etwa keine neuen Kurse für Arbeitslose mehr geben können -
zumindest nicht mit hinreichend qualifizierten Trainern. Das
widerspricht den Bemühungen, Arbeitslosen durch Vermittlung neuer
Kompetenzen zu mehr Chancen auf eine neue Beschäftigung zu
verhelfen."
Rückfragehinweis:
Dr. Bernhard Kleemann
VÖBAT
Vereinigung österr. Berufsorientierungs- und Arbeitswelt-TrainerInnen
Mobil +43 699 1149 4847
E-Mail bernhard.kleemann@voebat.at
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