- 20.01.2010, 15:05:30
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Stellungnahme des Österreichischen Nationalkomitees Blue Shield, Wien, zum Erdbeben in Haiti
Wien (OTS) - Am 12.1.2010 um 16 Uhr 53 Ortszeit (22 Uhr 53 MEZ)
erschütterte ein Erbbeben mit der Stärke 7 auf der Richterskala den
im westlichen Teil der Insel Hispaniola in den Großen Antillen
gelegenen karibischen Staat Haiti (im Ostteil liegt die
Dominikanische Republik). Das Hypozentrum lag etwa 25 Kilometer
westsüdwestlich der Hauptstadt Port-au-Prince in einer relativ
geringen Tiefe von 13 Kilometern, das Beben dauerte etwa 1 Minute.
Dieses Beben löste die größte humanitäre Katastrophe seit dem
Bestehen der Vereinten Nationen aus; es kostete wahrscheinlich
200.000 Menschen das Leben, bis zu 3 Millionen Menschen sind
unmittelbar betroffen, verletzt und obdachlos. Die öffentliche
Infrastruktur im Großraum Port-au-Prince ist größtenteils zerstört,
ebenso sind etwa 90% der Wohnungen und Wohnhäuser eingestürzt. Die
staatliche Ordnung ist völlig zusammengebrochen, auch weil sehr viele
Vertreter des Staates, angefangen von Ministern bis hin zu vielen
Beamten, Polizisten usw. selbst Opfer des Bebens geworden sind. Die
internationale Hilfe ist nun voll angelaufen.
Es ist die Kernaufgabe des internationalen Blue-Shield-Netzwerks,
bei großen Katastrophen aller Art zu helfen, das Kulturgut der
betroffenen Region zu schützen bzw. zu bergen und zu retten. Nach
Bewältigung der humanitären Katastrophe wird mit dem Wiederaufbau
begonnen werden, doch erste Schritte zur Rettung des kulturellen
Erbes von Haiti, das wesentlich die kulturelle Identität der dort
lebenden Menschen konstituiert, müssen bereits jetzt gesetzt werden,
sonst sind sehr viele Kulturgüter für immer verloren. Die Association
of National Committees of the Blue Shield (ANCBS) mit ihrem zentralen
Büro in Den Haag hat in Zusammenarbeit mit ihren nationalen Komitees
- wie auch dem Österreichischen Nationalkomitee Blue Shield (ONKBS) -
begonnen, Informationen zu sammeln und zu verbreiten, um Hilfe in die
Wege leiten zu können. Das wichtigste ist nun, rasch Kontakt mit den
zuständigen Behörden und Experten in Haiti zu bekommen, um zu
erfahren, was wann und wo am dringendsten gebraucht wird. In der
konkreten Situation ist leider zu befürchten, dass u.a. viele
KollegInnen, die für die Bewahrung des kulturellen Erbes Haitis
zuständig waren bzw. sind, unter den Opfern sind. Blue Shield hat
virtuelle Kommunikationsforen eingerichtet, sodass rasch und
unkompliziert Informationen ausgetauscht werden können. Experten aus
dem Bereich des Kulturgüterschutzes werden gebeten sich schon jetzt
für einen möglichen Hilfseinsatz in Haiti melden:
- Blue Shield website: http://haiti2010.blueshield-international.org/
- Facebook: http://www.facebook.com/group.php?v=info&gid=247281734340
- Twitter thread: blueshieldcoop
Haiti ist das Armenhaus Amerikas, als einziges Land am
amerikanisches Doppelkontinent zählt es zu den 50 "am wenigsten
entwickelten Ländern" der Welt - ein von der UNO definierter
sozialökonomischer Status, umgangssprachlich auch "Vierte Welt"
genannt. Dieser Umstand darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen,
dass die Bewohner Haitis auf eine reichhaltige Geschichte ihres
Landes zurückblicken können, die ein vielfältiges kulturelles Erbe
hervorgebracht hat. Dieses Identität stiftende kulturelle Erbe hat
durch das jüngste Erdbeben ebenfalls in katastrophalem Ausmaß
gelitten, viele Kulturgüter sind zerstört oder schwer beschädigt. Zu
den bekanntesten Bauwerken zählt das Palais national oder Palais
présidentiel, 1912 vom herausragenden haitianischen Architekten
Georges H. Baussan entworfen, von dem auch das Municipalité stammt.
Nicht weniger bekannt ist die 1914 konsekrierte neo-romanische
Cathédrale Notre-Dame de Port-au-Prince. Beide Gebäude, gleichsam
Wahrzeichen der Stadt, sind durch das Erdbeben fast völlig zerstört.
Andere kulturelle Institutionen ersten Ranges sind das Musée
National, in dem neben anderen bedeutenden Objekten auch ein Anker
der Santa Maria, des Flagschiffs von Kristoph Kolumbus, gezeigt wird,
das Nationalarchiv die Nationalbibliothek, das "Musée d'Art Haitien
du Collège Saint-Pierre" oder das "Centre d'Art", das eng mit dem
berühmten haitianischen Maler und Bildhauer Gesner Abelard verbunden
ist. Noch ist das Ausmaß der Schäden bei diesen Institutionen nicht
erfasst. Eine besondere kulturelle Einrichtung ist die
Voodoo-Sammlung der Schweizerin Marianne Lehmann in Port-au-Prince,
die eine der größten und bedeutendsten Sammlungen dieser Art in der
Welt darstellt; ein eigenes Museum war bzw. ist in Planung. Viele
Exponate befinden sich derzeit auf einer Wanderausstellung durch
Europa. Port-au-Prince verfügt auch über eine Reihe von
viktorianischen Villen im Gingerbread-Stil, die u.a. besondere
Touristenattraktionen darstellten, am bekanntesten war wohl das Hotel
Oloffson aus dem späten 19. Jh., das in Graham Greenes berühmten
Roman "The Comedians" (1966) für das fiktionale Hotel Trianon Pate
stand; viele dieser Bauten sind durch das Beben beschädigt oder
zerstört.
Rückfragehinweis:
HR Univ-.Prof. Dr. Günter Dembski Präsident des Österreichischen Nationalkomitees Blue Shield, Wien (ONKBS) http://www.blueshield.at/ mailto:guenther.dembski@khm.at Tel. 0664 / 24 24 786 1010 Wien, Burgring 5 Karl Habsburg Präsident der Association of National Committees of the Blue Shield, Den Haag (ANCBS) http://www.ancbs.org/
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/8331
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