• 18.01.2010, 09:30:10
  • /
  • OTS0038 OTW0038

Ethikkommission für Tierversuche - ein Phantom

Wien (OTS) - Anlässlich der behördlich genehmigten, grausamen
Lawinenversuche mit Schweinen fordert der "Internationale Bund der
Tierversuchsgegner" (IBT) die gesetzliche Verankerung der ethischen
Prüfung von Tierversuchen.

"Das geltende österreichische Tierversuchsgesetz sieht keine
ethische Überprüfung von Tierversuchen vor. Die in den vergangenen
Tagen gerne und viel zitierte Ethikkommission für Tierversuche ist
ein Phantom: Es gibt sie nicht", erklärt Gerda Matias, Präsidentin
des IBT. Die Bioethikkommission oder die diversen auf den
Universitäten eingerichteten Ethikkommissionen haben nichts mit den
gesetzlichen Auflagen des Tierversuchsgesetzes zu tun.

Genehmigt wurden die Lawinenversuche mit Schweinen vom
Wissenschaftsministerium, nachdem diese von der "Kommission für
Tierversuchsangelegenheiten" überprüft wurden.

Im maßgeblichen Tierversuchsgesetz kommt das Wort "ethisch" nur
ein einziges Mal vor, nämlich im § 4 (3), wonach der Experimentator
selbst die Notwendigkeit und Angemessenheit des Tierversuches zu
prüfen und diese gegen die Belastung der Versuchstiere abzuwägen hat.

Die Welle der Bestürzung und Empörung, die die umstrittenen
Erfrierungs- und Erstickungsexperimente mit Schweinen europaweit
ausgelöst haben, zeigt deutlich, dass die vom Versuchsleiter
getroffene ethische Einschätzung von einer sehr breiten
Öffentlichkeit nicht geteilt wird: Der Zweck heiligt nicht die
Mittel.

Einrichtung einer Ethikkommission für Tierversuche, die diesem Namen
gerecht wird

Der Gesetzgeber ist aufgerufen, die jahrzehntelange Forderung der
TierversuchsgegnerInnen aufzugreifen und endlich auch die ethische
Bewertung von Tierversuchen gesetzlich zu verankern. Die ethische
Abwägung ist von einem unabhängigen Gremium, nicht vom Experimentator
selbst, vorzunehmen.

Eine gesetzlich geregelte, demokratisch eingerichtete
Ethikkommission für Tierversuche, die ihren Namen verdient und ihre
Vorgehensweise transparent macht, hätte bei der Abwägung, inwieweit
die Leiden und Schmerzen der Tiere den zu erwartenden
Erkenntnisgewinn überhaupt rechtfertigen, die mit öffentlichen
Steuergeldern finanzierten Erfrierungs- und Erstickungsexperimente
aller Voraussicht nach nicht genehmigt.

Eine gesetzlich geregelte, demokratisch eingerichtete
Ethikkommission wäre ein wesentlicher Beitrag zur Verringerung der
Tierversuche, die - entgegen dem gesetzlichen Auftrag - seit Jahren
massiv ansteigen.

Tierschutz muss in die Verfassung

Damit eine derartige Entscheidung - die Nichtgenehmigung eines
Tierversuches aus ethischen Gründen - selbst im Falle einer
gerichtlichen Anfechtung unter Berufung auf die verfassungsrechtlich
geschützte Freiheit der Wissenschaft standhält, ist flankierend der
Tierschutz in der Verfassung zu verankern.

Aus diesem Grund hat der IBT vor einiger Zeit eine
"Parlamentarische Bürgerinitiative" initiiert, die die Aufnahme des
Tierschutzes in die Verfassung zum Ziel hat und mittlerweile dem
Verfassungsausschuss des Nationalrates zugewiesen wurde und von
diesem hoffentlich bald zügig in Verhandlung genommen wird.

Fakten zur Erteilung von Tierversuchsgenehmigungen sowie über die
"Kommission für Tierversuchsangelegenheiten"

Laut Tierversuchsgesetz § 10 ist der Bundesminister für
Wissenschaft und Forschung die zuständige Behörde zur Erteilung von
Genehmigungen von Tierversuchen, aber nur für jene, die in den
Bereich des Hochschulwesens fallen. Diese machen etwa ein Viertel
aller bundesweit durchgeführten Tierversuche aus, wobei die vom
Wissenschaftsministerium ins Leben gerufene "Kommission für
Tierversuchsangelegenheiten" die Anträge auf Bewilligung eines
Tierversuches zu prüfen hat, bevor er vom Ministerium genehmigt wird.
Die Kommission setzt sich aus zwölf Mitgliedern zusammen - aus zwei
Vertretern des Wissenschaftsministeriums, sechs Vertretern der
Universitäten und vier Vertretern des Tierschutzes.

Für die Genehmigung von Tierversuchen in allen anderen Fällen,
etwa in Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie, des
Gesundheitswesens, Veterinärwesens, Ernährungswesens und
Umweltschutzes sind die jeweiligen Landeshauptleute zuständig.

Rechnungshof beanstandet Arbeit der "Kommission für
Tierversuchsangelegenheiten"

Die Verfahrensgänge der "Kommission für
Tierversuchsangelegenheiten" sind völlig undurchsichtig, was selbst
der Rechnungshof in einem Bericht an den Nationalrat beanstandet hat.
So wird etwa nicht dokumentiert, weshalb ein Tierversuch genehmigt
wurde, was die Behördenentscheidung erst nachvollziehbar machen
würde. Laut Rechnungshof entsprechen die Gutachten, die als Grundlage
für die Genehmigung von Tierversuchen dienen sollen, nicht den an
Fachgutachten zu stellenden Anforderungen. Weiters reklamiert der
Rechnungshof das Fehlen schriftlich festgelegter Arbeitsaufträge und
entsprechender Arbeitsgrundsätze. Zudem gibt es keine
Unvereinbarkeitsbestimmungen, was bedeutet, dass Mitglieder der
Kommission ihre eigenen oder die von Kollegen eingereichten Anträge
begutachten und viele andere Missstände mehr.

Auch ein Fall für die Volksanwaltschaft

Zuletzt wurde seitens der TierschützerInnen die Volksanwaltschaft
eingeschaltet, da das Wissenschaftsministerium ein von der
Tierschutzseite nominiertes, qualifiziertes Mitglied nach über einem
halben Jahr noch nicht bestätigt hat und auch nicht zu den Sitzungen
eingeladen hat, wodurch die in der "Kommission für
Tierversuchsangelegenheiten" anstehenden Agenden nicht in der
erforderlichen Sorgfalt erfüllt werden konnten. Die zwischenzeitlich
erfolgten Sitzungen und Beschlüsse sind somit ohne vollzählige
Vertretung seitens des Tierschutzes über die Bühne gegangen.

Kommission gemäß § 13 Tierversuchsgesetz

Ähnlich willkürlich geht es in der ebenfalls im
Wissenschaftsministerium angesiedelten Kommission gemäß § 13
Tierversuchsgesetz zu, die trotz ihrem fast zwanzigjährigen Bestehen
noch immer keine Geschäftsordnung hat. Die Sitzungen werden nach
behördlichem Gutdünken einberufen, was eine kontinuierliche und
effiziente Arbeit verunmöglicht. Anfragen von Kommissionsmitgliedern
werden beharrlich ignoriert.

Diese Kommission setzt sich aus insgesamt achtzehn Mitgliedern aus
verschiedenen Bereichen zusammen; fünf Mitglieder vertreten den
Tierschutz. Zu ihren Aufgaben gehört die Ausarbeitung von näheren
Bestimmungen z.B. betreffend der Haltung und Unterbringung der
Versuchstiere oder der Obsoleterklärung von Methoden.

Rückfragehinweis:

Mag. Romana Rathmanner
   Mitglied der im Wissenschaftsministerium angesiedelten Kommission 
   gem. § 13 Tierversuchsgesetz
   Internationaler Bund der Tierversuchsgegner (IBT)
   Tel.: +43/1/713 08 23-11, Fax: +43/1/713 08 23-10
   E-Mail: rathmanner@tierversuchsgegner.at
   Homepage: www.tierversuchsgegner.at

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/460

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | TVG

Bei Facebook teilen.
Bei X teilen.
Bei LinkedIn teilen.
Bei Xing teilen.
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel