- 01.12.2009, 20:20:23
- /
- OTS0352 OTW0352
Verfassungsausschuss sagt ja zu Kinderrechten in der Verfassung Notwendige Zweidrittel-Mehrheit im Nationalrat aber fraglich
Wien (PK) - Die von den Koalitionsparteien geplante 
 verfassungsrechtliche Verankerung von Kinderrechten hat die erste 
 parlamentarische Hürde genommen. Der Verfassungsausschuss des 
 Nationalrats stimmte heute mehrheitlich dem aus insgesamt 9 Artikeln 
 bestehenden Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern zu. 
 Allerdings ist es äußerst fraglich, ob die für einen Beschluss 
 notwendige Zweidrittelmehrheit im Nationalrat zustande kommt, nachdem 
 FPÖ, BZÖ und Grüne im Ausschuss nicht nur auf den Oppositionsboykott 
 verwiesen, sondern sich zum Teil auch inhaltlich ablehnend zum 
 Gesetzentwurf äußerten.
Auch die umfassende Novellierung des aus dem Jahr 2000 stammenden 
 Datenschutzgesetzes, die erstmals detaillierte Regelungen für private 
 Videoüberwachung enthält, droht an der Oppositionsblockade für 
 Verfassungsgesetze zu scheitern. Durch gemeinsames Vorgehen haben 
 FPÖ, BZÖ und Grüne heute außerdem verhindert, dass das von den 
 Koalitionsparteien eingebrachte Wahlrechtsänderungsgesetz 2010, mit 
 dem unter anderem die Bestimmungen für die Briefwahl vereinheitlicht 
 werden sollen, auf die Tagesordnung des Verfassungsausschusses kommt.
Das vom Verfassungsausschuss gebilligte Bundesverfassungsgesetz über 
 die Rechte von Kindern sieht unter anderem einen Rechtsanspruch von 
 Kindern auf Schutz und Fürsorge, ein Recht auf gewaltfreie Erziehung, 
 altersgerechte Mitspracherechte und ein Verbot von Kinderarbeit vor. 
 Außerdem sollen Kinder grundsätzlich Anspruch auf regelmäßigen 
 Kontakt zu beiden Elternteilen haben. Gemäß Antrag ist jedoch eine 
 gesetzliche Beschränkung von Kinderrechten aus bestimmten Gründen 
 möglich, wobei in den Erläuterungen als konkrete Beispiele straf- und 
 fremdenrechtliche Maßnahmen und berücksichtigungswürdige 
 Elterninteressen genannt werden.
Mit dem Gesetzentwurf mitverhandelt wurden eine Petition der 
 Kinderfreunde Oberösterreich und ein Entschließungsantrag der Grünen, 
 die beide ebenfalls auf die verfassungsrechtliche Verankerung von 
 Kinderrechten abzielen.
Im Rahmen der Debatte kritisierte Abgeordnete Tanja Windbüchler-
 Souschill (G) die fehlende Einbindung der Opposition und von 
 ExpertInnen bei der Erarbeitung der Gesetzesvorlage und bekräftigte, 
 ihre Fraktion lehne den vorliegenden Entwurf nicht wegen der 
 vereinbarten Oppositionsblockade ab, sondern aus inhaltlichen 
 Gründen. Sie vermisst im Entwurf etwa eine Reihe von Kinderrechten 
 wie das Recht auf Bildung, das Recht auf volle Partizipation, das 
 Recht auf soziale Absicherung und das Recht auf Freizeit und 
 Erholung. Überdies braucht es ihrer Meinung nach begleitende 
 Maßnahmen zur verfassungsrechtlichen Verankerung von Kinderrechten 
 und die Bereitstellung finanzieller und personeller Ressourcen.
Kritisch zum Entwurf äußerten sich auch die Abgeordneten Harald 
 Stefan (F), Herbert Scheibner (B) und Ewald Stadler (B). So 
 bemängelte Abgeordneter Stefan etwa die fehlende Einordnung der 
 Kinderrechte in die Familie. Abgeordneter Scheibner bekräftigte, man 
 könne die jahrelangen Versäumnisse der Regierung in Bezug auf die 
 verfassungsrechtliche Verankerung von Kinderrechten nicht der 
 Opposition anlasten. Abgeordneter Stadler machte geltend, die 
 Regierung sei seit 1992 säumig. Er verteidigte zudem generell die 
 Oppositionsblockade von Verfassungsgesetzen und betonte, die 
 Opposition müsse die Möglichkeit haben, sich zur Wehr zu setzen.
Seitens der ÖVP appellierte Abgeordneter Wilhelm Molterer an die 
 Opposition, "die Kirche im Dorf zu lassen". Niemand in der 
 Öffentlichkeit werde es verstehen, dass die Aufnahme von 
 Kinderrechten in die Verfassung blockiert sei, weil die Opposition 
 diese Frage mit der Arbeit des Untersuchungsausschusses verknüpfe, 
 meinte er. Was die inhaltliche Kritik betrifft, merkte Molterer an, 
 der Gesetzentwurf baue auf einem Vorschlag des Österreich-Konvents 
 auf. Der Bildungszugang und die soziale Absicherung seien in 
 Materiengesetzen geregelt. SPÖ-Abgeordnete Angela Lueger sprach 
 insgesamt von einem guten Entwurf und einem ersten wichtigen Schritt 
 und verteidigte wie Molterer den Gesetzesvorbehalt.
Bei der Abstimmung wurde das Bundesverfassungsgesetz mit S-V-Mehrheit 
 gebilligt, die Petition einstimmig zur Kenntnis genommen und der 
 Entschließungsantrag der Grünen mit der Mehrheit der 
 Koalitionsparteien und der FPÖ abgelehnt.
Datenschutz soll zur Gänze Bundeskompetenz werden
An der Hürde Zweidrittelmehrheit könnte auch die geplante umfassende 
 Novellierung des Datenschutzgesetzes scheitern. Im 
 Verfassungsausschuss sprachen sich jedenfalls nur SPÖ und ÖVP für den 
 von der Regierung vorgelegten Gesetzentwurf aus, mit dem verschiedene 
 Probleme, die in den vergangenen Jahren bei der Vollziehung 
 datenschutzrechtlicher Bestimmungen aufgetreten sind, beseitigt 
 werden sollen.
Unter anderem sieht der Entwurf vor, die Zuständigkeit zur 
 Gesetzgebung und zur Vollziehung des Datenschutzes zur Gänze dem Bund 
 zu übertragen, das Grundrecht auf Datenschutz in eine sprachlich 
 verbesserte Form zu fassen, das Datenschutzgesetz um detaillierte 
 Regelungen hinsichtlich der Zulässigkeit von Videoüberwachungen durch 
 Private zu ergänzen, den Rechtsschutz durch eine präzisere Regelung 
 des Beschwerdeverfahrens vor der Datenschutzkommission zu verbessern, 
 das Registrierungsverfahren für Datenanwendungen zu vereinfachen und 
 Unternehmen die Möglichkeit verbindlicher einseitiger Erklärungen 
 einzuräumen. Gleichzeitig sind verschärfte Sanktionen bei der 
 Vernachlässigung von Meldepflichten in Aussicht genommen.
Videoüberwachungen sollen grundsätzlich einer Meldepflicht und einer 
 Vorabkontrolle unterliegen und müssen zudem dem 
 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Außerdem sind Anlagen zur 
 Videoüberwachung entsprechend zu kennzeichnen und aufgezeichnete 
 Daten, sofern sie nicht für Beweis- bzw. Schutzzwecke benötigt 
 werden, innerhalb von 72 Stunden zu löschen. Jeder Verwendungsvorgang 
 ist zu protokollieren. Ausdrücklich untersagt ist laut Entwurf die 
 Videoüberwachung an Orten, die zum "höchstpersönlichen Lebensbereich" 
 eines Betroffenen zählen, z.B. in WCs und in Umkleidekabinen, sowie 
 zum Zweck der Mitarbeiterkontrolle an Arbeitsstätten. Weitergegeben 
 werden können aufgezeichnete Daten, wenn der Verdacht auf eine von 
 Amts wegen zu verfolgende gerichtlich strafbare Handlung besteht.
Für den Beschluss der Datenschutzgesetznovelle 2010 ist eine 
 Zweidrittelmehrheit sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat 
 erforderlich. Die Regierung strebt ein Inkrafttreten mit 1. Jänner 
 2010 an.
In der Debatte stellte Abgeordneter Ewald Stadler (B) klar, das BZÖ 
 werde nicht bereit sein, dem Gesetz die erforderliche 
 Zweidrittelmehrheit zu sichern. Auch Abgeordneter Werner Herbert (F) 
 wies auf den Oppositionsboykott hin, konzedierte der 
 Regierungsvorlage aber, "alles in allem", tauglich zu sein. 
 Ausdrücklich begrüßte er die Regelungen für die private 
 Videoüberwachung. Einziger inhaltlicher Wermutstropfen ist für die 
 FPÖ Herbert zufolge das Fehlen eines betrieblichen 
 Datenschutzbeauftragten.
Abgeordneter Albert Steinhauser (G) machte dem gegenüber eine Reihe 
 inhaltlicher Bedenken gegen die Datenschutzgesetz-Novelle geltend. So 
 wies er darauf hin, dass es in Österreich derzeit schätzungsweise 
 bereits 250.000 private Videokameras gebe, und kritisierte, dass 
 dieser "Wildwuchs" nun zwar reglementiert, aber nicht eingeschränkt 
 werden solle. Auch der Rechtsschutz ist seiner Meinung nach zu 
 schwach ausgeprägt. So müsse man bei illegalen Videoaufzeichnungen 
 auf dem Zivilrechtsweg eine Unterlassungsklage einbringen. 
 Steinhauser forderte eine Art Betriebsgenehmigungsverfahren für 
 private Videoaufzeichnungsanlagen. Als durchaus positiv wertete er, 
 dass das Gesetz die Mitarbeiterkontrolle durch Videoüberwachung 
 verbiete.
Abgeordneter Johann Maier (S) äußerte Bedauern über die Blockade der 
 Opposition und gab zu bedenken, dass mit der Gesetzesnovelle einigen 
 Kritikpunkten der Opposition aus der Vergangenheit Rechnung getragen 
 werde. Es gehe um die größten Änderungen im Datenschutzgesetz seit 
 dem Jahr 2000, skizzierte er. Erstmals würde auch die private 
 Videoüberwachung geregelt. Ein von Maier eingebrachter 
 Abänderungsantrag hat die Erstreckung der Frist für die Löschung von 
 Videoaufzeichnungen aus privaten Überwachungsanlagen von 48 auf 72 
 Stunden zum Inhalt.
Abgeordneter Wilhelm Molterer (V) bekräftigte, die Bestimmungen über 
 private Videoüberwachung seien ein wesentlicher Fortschritt gegenüber 
 dem Ist-Zustand.
Staatssekretär Josef Ostermayer sprach von einem insgesamt sehr 
 ausgewogenen Gesetz und wies u.a. darauf hin, dass Videoüberwachungen 
 an manchen Orten künftig ausdrücklich unzulässig und generell zu 
 kennzeichnen seien. Auch hob er die Löschungsverpflichtung von Daten 
 hervor. Über die Einrichtung von betrieblichen 
 Datenschutzbeauftragten soll Ostermayer zufolge mit den 
 Sozialpartnern verhandelt werden, dazu fasste der Ausschuss auch eine 
 so genannte Ausschussfeststellung.
Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage unter Berücksichtigung 
 des Abänderungsantrags mit S-V-Mehrheit angenommen, die 
 Ausschussfeststellung wurde auch von den Grünen mitunterstützt.
Den Verfassungsausschuss passiert haben heute auch eine Änderung des 
 Bundesvergabegesetzes, eine Dienstrechts-Novelle und eine Änderung 
 des KommAustria-Gesetzes. (Fortsetzung)
Eine Aussendung der Parlamentskorrespondenz
 Tel. +43 1 40110/2272, Fax. +43 1 40110/2640
 e-Mail: pk@parlament.gv.at, Internet: http://www.parlament.gv.at
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NPA






