Gotisches Kreuz wurde bei Dombrand 1945 schwer beschädigt und hing nach seiner Restaurierung zuletzt an der südlichen Chorwand
Wien, 29.10.2009 (KAP) Ein kunsthistorisches Juwel des Wiener
Stephansdoms ist an seinen früheren Platz zurückgekehrt: das
"Lettner-Kreuz". Seit kurzer Zeit hängt das spätgotische Kreuz, das
zuletzt an der südlichen Chorwand beim "Friedrichsgrab" als Denkmal
für die Opfer der beiden Weltkriege platziert war, wieder
freischwebend in der Vierung, wo Haupt- und Querschiff des Domes
sich kreuzen.
Das gotische Kreuz kann auf eine bewegte und dramatische Geschichte
zurückblicken. Unbekannt sind weiterhin der Künstler sowie das
genaue Datum der Entstehung des Kreuzes. Schätzungen datieren das
Kreuz auf die Jahre 1460-1470. Auch die genaue Positionierung im
Stephansdom ist bis in das Jahr 1925 nicht eindeutig auszumachen.
Zwischen 1925 und 1945 war es dann über dem Lettner-Gitter in der
Vierung angebracht, wo es auch heute wieder zu sehen ist.
Einen Wendepunkt in der Geschichte des Kreuzes bedeutete der Brand
des Stephansdomes in den letzten Kriegstagen im April 1945. Die
Feuersbrunst zerstörte das Kreuz weitgehend und mit ihm auch weitere
Kunstschätze wie das gotische Chorgestühl, das Wimpassinger Kreuz,
die beiden Orgeln sowie das Kaiseroratorium.
Dass das Lettnerkreuz trotz schlimmster Zerstörungen dennoch im Jahr
1952 vom Künstler Josef Troyer nach einer Vorlage rekonstruiert
werden konnte, ist dem Wiener Benediktiner P. Benedikt Pfundstein zu
verdanken. Dieser zog das Kreuz aus den brennenden Trümmern und
löschte die Flammen in einem Weihwasserbecken. Der Corpus war
verbrannt, Kopf und Arme jedoch blieben weitgehend unbeschädigt. Bis
heute weist der Kopf Brandspuren auf.
Seit seiner Rekonstruktion hing das Kreuz an der südlichen Chorwand
neben der Orgel in einer "Gesamtkomposition mit den
Passionsreliefs", so Dombaumeister Wolfgang Zehetner im Gespräch mit
"Kathpress". Da das Kreuz jedoch durch die Domorgel eher verdeckt
wird, habe man nach einer alternativen Position gesucht. An seinem
angestammten Ort in der Vierung verleihe das Kreuz dem Dom nun "eine
zusätzliche spirituelle Note", so Zehetner.
Faber: "Massive Christusdarstellung"
Nachdem das Kreuz auf Initiative von Kardinal Christoph Schönborn
zunächst probeweise in der Vierung platziert wurde, soll nun "aus
dem Provisorium ein Definitivum" werden, so Dompfarrer Anton Faber
im Gespräch mit "Kathpress". Die Dompfarre sowie das Domkapitel
seien "sehr beeindruckt und begeistert von der Wiederaufhängung".
Glücklich ist der Dompfarrer insbesondere darüber, dass nun wieder
eine "massive Christusdarstellung" im Dom zu sehen ist. Diese habe
über viele Jahre im Dom gefehlt. Nun sei es wieder möglich, "in
direkten Blickkontakt mit dem gekreuzigten und auferstandenen Herrn
zu kommen", so Faber.
125 Jahre "Wiener Neustädter Altar"
Ein weiteres Juwel des Stephansdomes feiert heuer ein Jubiläum: seit
125 Jahren lädt der "Wiener Neustädter Altar" im Frauenchor des
Domes zu Andacht und Gebet. Datiert wird der vierflügelige Altar auf
das Jahr 1447. Auf der Predella (dem "Sockel") trägt er den
Schriftzug "A.E.I.O.U.", was auf Kaiser Friedrich III. verweist.
Der Altar kam der Überlieferung nach aus Viktring in Kärnten und
wurde aus älteren Teilen für das Zisterzienserkloster St. Bernhard
in Wiener Neustadt hergestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg stand er
zunächst als provisorischer Hochaltar am Kopf des Langhauses, seit
1952 befindet er sich im nördlichen Frauenchor. Zentrales Thema des
Flügelaltars ist Tod, Himmelfahrt und Krönung Mariens. Es wird
umrahmt von Geschichten und Motiven aus dem Marienleben.
O-Töne von Dompfarrer Anton Faber und Dombaumeister Wolfgang
Zehetner sind unter www.katholisch.at/o-toene abrufbar.
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