Geförderte Bewegungsangebote für Risiko-Patienten sollen Lebensstilerkrankungen verhindern
Wien (OTS) - Lebensstilerkrankungen sind auf dem Vormarsch. Neben
falscher Ernährung ist es vor allem die Bewegungsarmut, die Menschen
erst dick, dann krank macht. Die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK)
und "Fit für Österreich" (eine Initiative des Sportministeriums, der
Österreichischen Bundes-Sportorganisation (BSO) und der
Sport-Dachverbände ASKÖ, ASVÖ und SPORTUNION) haben daher das Projekt
"Bewegt gesund - Das Rezept zur aktiven Vorsorge" ins Leben gerufen,
um Menschen zu gesundheitsorientierter Bewegung zu motivieren.
Ziel von "Bewegt gesund" ist, Herz-Kreislauf-Erkrankungen,
Adipositas, das Metabolische Syndrom und dessen Folge, Diabetes
mellitus Typ 2, zu verhindern und Diabetiker zu unterstützen, ihre
Krankheit durch moderate Bewegung besser in den Griff zu bekommen.
Nach einer erfolgreichen Pilotphase wird "Bewegt gesund" nun auf ganz
Wien ausgedehnt. Ab sofort soll ein Arzt Bewegung wie ein Rezept
verschreiben können, wenn eine Patientin oder ein Patient bedenkliche
Werte bei einer Vorsorgeuntersuchung aufweist. "Bewegt gesund" ist
vorerst auf drei Jahre anberaumt.
Die Österreicher legen zu, so der alarmierende Befund von
Sportminister Mag. Norbert Darabos: "Allein in den vergangenen zehn
Jahren ist das durchschnittliche Körpergewicht der
stellungspflichtigen jungen Männer von 71,5 kg auf 74,4 kg gestiegen.
Der Anteil jener, die mehr als 100 Kilo auf die Waage bekommen haben,
hat sich mehr als verdoppelt - von 3 % auf knapp 6,5 %." Das hat
schwer wiegende Folgen: "1991 waren 3,3% der österreichischen
Rekruten fettleibig, 2002 waren es mehr als doppelt so viele", so
Darabos. Internationalen Schätzungen zufolge könnte im Jahr 2040
jeder zweite Erwachsene adipös sein. Bei einer erwarteten
Einwohnerzahl von zwei Millionen würden rund 850.000 erwachsene
Wiener zu viel Gewicht mit sich herumschleppen, sechsmal so viele wie
heute.
Folgeerkrankungen von Übergewicht sind Bluthochdruck,
Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes - 90 Prozent der
Diabetesfälle in westlichen Ländern gehen auf das Konto von erhöhtem
Körpergewicht. Kein Wunder, dass die Zahl der Diabetiker steigt -
Hochrechnungen zufolge könnte es bis 2050 um 47 Prozent mehr
Zuckerkranke geben als noch 1999. Fast jeder 10. Österreicher wäre
dann Diabetiker. Bluthochdruck und die damit verbundenen
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind seit Jahren die Todesursache Nummer
eins in Österreich. "In Wien ist die Situation leider besonders
drastisch", schildert Prof. Prim. DDr. Mag. Reinhard Marek,
Ärztlicher Direktor der Wiener Gebietskrankenkasse: Bei Übergewicht
und Tabakkonsum liegen die Wiener über dem österreichischen
Bundesdurchschnitt, bei der Bewegung hingegen darunter. Lange Zeit
wurde die Vorsorgeuntersuchung wenig in Anspruch genommen. Mit den
entsprechenden Konsequenzen: Die Wiener sind öfter krank und sterben
früher.
"Bewegt gesund" - das Rezept zur aktiven Vorsorge
Nach dem Motto "Vorsorgen ist besser als heilen" geht die Wiener
Gebietskrankenkasse nun in die Präventionsoffensive: Sie startet zum
einen die bislang größte Einladekampagne zur Vorsorgeuntersuchung
(VU) - 85.000 Briefe werden im Oktober an Versicherte verschickt. Zum
anderen macht sie die VU noch attraktiver und wirkungsvoller: "Wir
setzen das Pilotprojekt 'Bewegt gesund' fort und dehnen es auf ganz
Wien aus. Ab sofort kann jeder Arzt, der eine VU durchführt, Bewegung
wie ein Rezept verschreiben, wenn Gefahr in Verzug ist, dass sich
eine Lebensstilerkrankung anbahnt", erklärt Marek. Gefahr in Verzug
bedeutet zum Beispiel: Ein bedenklicher Body-Mass-Index, erhöhte
Blutfettwerte, leicht erhöhter Blutdruck - allesamt Vorboten schwer
wiegender Lebensstilerkrankungen. "Aber auch Diabetiker erhalten im
Zuge einer Vorsorgeuntersuchung Bewegung auf Rezept, wenn sie ihre
Blutzuckerwerte aktiv verbessern möchten", so Marek. "Mit dem
'Bewegungsrezept' in der Hand können sich die WGKK-Versicherten eines
von zahlreichen Bewegungsangeboten aussuchen, die von unserem Partner
'Fit für Österreich' angeboten werden", erklärt Marek. "Fit für
Österreich" ist eine Initiative des Sportministeriums, der
Österreichischen Bundes-Sportorganisation (BSO) und den
Sport-Dachverbänden ASKÖ, ASVÖ und SPORTUNION. Wenn die Versicherten
regelmäßig zu den Bewegungsangeboten gehen, ersetzt ihnen die WGKK
nach einem Jahr die Kosten in der Höhe von maximal 35 Euro. Wer
weitermachen will, geht nach einem Jahr zur Vorsorgeuntersuchung und
erhält ein weiteres "Bewegungsrezept". "So hat der Arzt auch die
Möglichkeit festzustellen, ob sich die Werte des Patienten verbessert
haben", erklärt Marek. Das Projekt ist vorerst auf drei Jahre
anberaumt. Danach wird evaluiert, was dieser Vorstoß gebracht hat.
Aktivieren statt therapieren
"Für die Wiener Gebietskrankenkasse ist das eine vergleichsweise
geringe Investition, wenn man bedenkt, wie viel für Medikamente
ausgegeben wird", erläutert Marek. Blutdruckregulierende Mittel seien
seit Jahren der größte Ausgabenposten unter den Medikamenten. 2008
hat die WGKK 59 Mio. Euro dafür aufgewandt. Für Diabetesmedikamente
und -artikel hat die WGKK 2008 27,3 Mio. Euro ausgegeben, bereits
16,3 % mehr als noch im Jahr zuvor. "Viel lieber wäre uns, wenn wir
unsere Versicherten aktivieren und gesund erhalten können. Die
positiven Erfahrungen, die wir mit dem Pilotprojekt gemacht haben,
bestärken uns darin, das Projekt auszudehnen und fortzusetzen", sagt
Marek. Immerhin seien durch das Pilotprojekt deutlich mehr Menschen
zur Vorsorgeuntersuchung gegangen, vor allem auch Männer, die
traditionell eher zu den "Vorsorgemuffeln" zählen.
Bewegung schmackhaft machen
Abg. z. NR Dr. Peter Wittmann, Präsident der Österreichischen
Bundes-Sportorganisation (BSO), weiß, dass es gar nicht so leicht
ist, Bewegungsentwöhnten Mut zu einem aktiveren Lebensstil zu machen:
"Wer nie eine Sportskanone war oder lange keine Bewegung mehr gemacht
hat und darüber hinaus ein paar Kilos zu viel mit sich herumschleppt,
traut sich körperlich immer weniger zu. Die Übungsleiter von
gesundheitsorientierten Sportangeboten mit 'Fit für
Österreich'-Qualitätssiegel sind aber bestens darauf geschult,
niemanden zu überfordern und Einsteiger wieder an körperliche
Aktivität heranzuführen. Sie stellen immer die Freude an der Bewegung
und am Miteinander in den Vordergrund." Die Ergebnisse des
Pilotprojektes sprächen für das hohe Niveau der Übungsleiter und der
qualitätsgesicherten Bewegungsangebote, so Wittmann, der auf die
Evaluierungsergebnisse verweist:
- 52 % der Teilnehmer fühlen sich durch die Bewegung körperlich besser. - 58 % sind motiviert, mehr für ihre Fitness zu tun. - 64 % werden das Bewegungsangebot weiterhin nutzen - auch ohne Gutschein. - 70 % sehen ihre Erwartungen ganz, 16 % fast ganz erfüllt. - 99 % waren so zufrieden, dass sie das Bewegungsangebot und die Sportvereine Freunden und Bekannten weiterempfehlen werden.
Ein weiterer Vorteil der Sportvereinsangebote von ASKÖ, ASVO und
SPORTUNION sei, so Wittmann, deren große Vielfalt: "Das Spektrum
reicht von Wirbelsäulen- oder Musikgymnastik über Nordic Walking bis
zu Basketball. Im Rahmen des Projektes "Bewegt gesund" sind mit
heutigem Stand 100 Vereine mit knapp 600 Angeboten für Erwachsene
vertreten, und das fast in jedem Bezirk. So kann jeder Interessierte
wohnortnahe etwas finden, was gefällt, gut tut und Spaß macht", so
Wittmann.
Bewegt gesund - Mehr als ein guter Ratschlag
MR Dr. Walter Dorner, Präsident der Ärztekammer für Wien, zeigt
sich erfreut darüber, dass Ärzte mittels "Bewegt gesund" nun mehr
Möglichkeiten haben, als Patienten nach einer Vorsorgeuntersuchung
"nur" mit der Empfehlung zu entlassen, mehr Bewegung in ihr Leben zu
bringen. " 'Bewegt gesund' bietet eine konkrete Hilfestellung für den
Patienten, um die Lebensqualität nachhaltig und langfristig zu
ändern. Auch für den Arzt ist das erfreulich: Wer würde nicht lieber
Bewegung verschreiben als Insulin?", so Dorner. Der Arzt habe
zweifelsohne auch die Funktion des Motivators inne, wenn er einem
Patienten ins Gewissen redet. Als Coach, der die Patienten Woche für
Woche bei der Stange halte, dürfe man ihn aber nicht auffassen. "Ein
Sportverein um die Ecke, bei dem Kontakte mit Gleichgesinnten
geknüpft und ein neuer Lebensstil erlernt wird, hat da sicher
nachhaltigere Wirkung", so Dorner. "Was das Projekt besonders
auszeichnet, ist seine soziale Komponente. Erwiesenermaßen sind es
gerade ärmere, bildungsferne Schichten, die Gefahr laufen, eine
Lebensstilerkrankung zu entwickeln. Es ist bezeichnend, dass die
Arbeiterbezirke 10., 11., 15. und 20. die höchste
Herz-Kreislauf-Sterblichkeit aufweisen. Ich hoffe, dass 'Bewegt
gesund' jenen Menschen, die sich sonst weder Fitnesscenter noch
Yoga-Kurs leisten könnten, zu einem besseren Umgang mit ihrem Körper
verhilft", unterstreicht Dorner.
30 Minuten Bewegung pro Tag können Leben retten
Univ.-Prof. Dr. Norbert Bachl, Leiter des Zentrums für
Sportwissenschaft der Universität Wien, bricht eine Lanze für
jegliche Art von Bewegung. "Fehlende körperliche Aktivität ist eine
tickende Zeitbombe für die Gesundheit: 60 % der Weltbevölkerung
bewegen sich weniger als eine halbe Stunde pro Tag. Man geht davon
aus, dass rund zwei Mio. Todesfälle weltweit pro Jahr darauf
zurückzuführen sind", warnt Bachl. Dagegen könne selbst moderate
Bewegung, zum Beispiel täglich 30 Minuten schnelles Gehen,
Entscheidendes für die Gesundheit leisten: "Regelmäßige körperliche
Aktivität reduziert das Risiko, eine degenerative Herzerkrankung,
Diabetes oder Bluthochdruck zu entwickeln, um 40 %. Bewegung hilft
aber auch, bestehenden Bluthochdruck zu senken und unterstützt nicht
zuletzt die Psyche. Depressionen und Angstzustände kommen bei
körperlich aktiven Menschen seltener vor." Wichtig sei, so Bachl,
dass sich ein bislang inaktiver Mensch keine zu hohen Ziele steckt,
vor denen er dann kapituliert. "Es muss nicht gleich jeden Tag eine
Stunde gejoggt werden. Mehr Sinn macht, Bewegung in den Alltag
einzubauen, Stiegen zu steigen, eine U-Bahn-Station früher
auszusteigen und das letzte Stück zu Fuß heimzugehen oder beim Weg
zum Supermarkt einen kleinen Umweg zu machen, um so mindestens auf 30
Minuten Bewegung pro Tag zu kommen", empfiehlt Bachl.
Fotos:
Kostenlose Pressefotos zum Download unter:
www.fitfueroesterreich.at
oder
bei der Wiener Gebietskrankenkasse unter Tel.: (+43 1) 60 122-2119
Rückfragehinweis:
WGKK-Öffentlichkeitsarbeit Mag. Gabriele Pflug Tel.: (+43 1) 60 122-2254 oder 0664 80 885 22 54 E-Mail: gabriele.pflug@wgkk.at www.wgkk.at Mag. Christian Halbwachs Geschäftsstelle "Fit für Österreich" c/o Österreichische Bundes-Sportorganisation (BSO) Tel.: (+43 1) 504 44 55-12 oder 0664 174 172 6 E-Mail: c.halbwachs@fitfueroesterreich.at www.bso.or.at www.fitfueroesterreich.at Mag. Kristin Posch Ärztekammer für Wien Öffentlichkeitsarbeit Tel.: (+43 1) 51501-1407 Mobil: 0664 8109692 E-Mail: posch@aekwien.at
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