- 17.09.2009, 15:04:56
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Rechnungshof: Erreichung des Kyoto-Ziels derzeit unwahrscheinlich Bericht über Klimastrategie und Emissionszertifikatehandel
Wien (PK) - In der heutigen Sitzung des Rechnungshofausschusses
standen zunächst die Umsetzung der österreichischen Klimastrategie
sowie der Emissionszertifikatehandel auf der Agenda. In beiden Fällen
kamen die RH-Prüfer zu einem kritischen Urteil, da es ihrer Ansicht
nach weder gelungen sei, die CO2-Emissionen deutlich zu reduzieren
noch die erforderlichen Maßnahmen ergriffen wurden, um das Kyoto-Ziel
(Reduktion der Treibhausgasemissionen um 13 % auf Basis von 1990) zu
erreichen. Da die behandelten Kapitel des Rechnunghofberichts in den
Zuständigkeitsbereich des Lebensministeriums fallen, nahm Ressortchef
Nikolaus Berlakovich zu den Ergebnissen Stellung und informierte
darüber, inwieweit die Empfehlungen des Rechnungshof bereits
umgesetzt werden konnten.
Umsetzung der Klimastrategie Österreichs auf Ebene des Bundes
"Es ist unwahrscheinlich, dass das Kyoto-Ziel mit den nationalen
Maßnahmenpaketen der Klimastrategie erreicht werden kann", lautete
das Resümee des Rechnungshofs. Selbst bei maximaler Ausnutzung der
international zur Verfügung stehenden flexiblen Mechanismen seien
wesentlich stärker und schneller wirksame sektorale Maßnahmen im
Inland zur Reduktion der Treibhausgasemissionen notwendig. Für die
möglichen finanziellen Belastungen bei Verfehlung des Kyoto-Ziels
wurden zudem keine Vorsorgen getroffen.
Abgeordnete Gabriela Moser (G) wertete die Empfehlungen des
Rechnungshofs als dringende Handlungsaufforderung an die Regierung
und wies vor allem auf den Problembereich Verkehr hin, wo die
geringsten Emissionsreduktionen erreicht wurden. Sie schlug vor, dass
die Vergabe von Finanzausgleichsgeldern an die Vorlage von Konzepten
für die Förderung des Radfahrverkehrs oder die ökologische
Wohnbauförderung- und -sanierung gekoppelt werden könnte.
Auch Abgeordnete Rosemarie Schönpass (S) erkundigte sich danach, ob
die Empfehlungen umgesetzt wurden bzw. welchen Zeitplan man dafür
vorgesehen habe. Weiters sprach sie die Grenzwerte bezüglich Staub
bei Biomasseanlagen an.
Abgeordneter Erwin Hornek (V) wies darauf hin, dass manche Sektoren
bei den Emissionsreduktionen recht gut abschneiden (z.B.
Landwirtschaft), andere wiederum einen Nachholbedarf haben.
Problematisch sei natürlich der Verkehrsbereich, wobei fast 30 % der
Emissionen auf den Tanktourismus zurückzuführen sind. Positiv
bewertete er die Forcierung von Biomasseanlagen, deren
gesamtwirtschaftlicher und ökologischer Vorteil für ihn unbestritten
sei.
Abgeordneter Ernest Windholz (B) sprach insbesondere die Einbindung
der Bundesländer in die Klimastrategie an, während sich seine
Fraktionskollegin Martina Schenk nach den Mitteln für die
Photovoltaikförderung erkundigte. Abgeordnete Carmen Gartelgruber (F)
wiederum plädierte für eine bundesweit einheitliche Wohnbauförderung.
Bundesminister Nikolaus Berlakovich stellte grundsätzlich fest, dass
in den letzten Monaten intensiv an der Ausarbeitung eines
Nachfolgeprotokolls für Kyoto gearbeitet werde. Neben dieser
internationalen Verpflichtung habe auch die EU selbst - als einzige
Region der Welt - ein Klima- und Energiepaket beschlossen, das unter
anderem eine Reduktion des Anteils der schädlichen Treibhausgase um
20 % bis 2020 vorsieht. Die schwedische Ratspräsidentschaft sei zudem
sehr bemüht, nun auch Amerika ins Boot zu holen, zumal dort durch die
Wahl von Obama ein Paradigmenwechsel stattfand und in der Frage des
Klimaschutzes erstmals etwas in Bewegung kommt.
Was nun konkret die Erreichung der Kyoto-Vorgaben in Österreich
angeht, so müsse man schon sagen, dass es sich dabei um sehr
ambitionierte Ziele handle, gab Berlakovich zu bedenken. Dennoch
halte er als Umweltminister natürlich daran fest. Richtig sei, dass
im Verkehrsbereich die höchsten Emissionssteigerungen zu verzeichnen
waren, allerdings trage dazu auch der Tanktourismus einen nicht
unbeträchtlichen Anteil bei. Soweit es seine Kompetenzen erlauben,
habe sein Ressort auch schon zahlreiche Aktivitäten unternommen, um
Emissionen einzusparen, erklärte Berlakovich. Als Beispiele führte
der Minister den forcierten Einsatz von Biokraftstoffen, die
Maßnahmen im Rahmen des klima:aktiv-Programms, die Unterstützung von
Gemeinden in Richtung Energieautarkie oder die sehr erfolgreiche
Förderaktion im Bereich der thermischen Sanierung (100 Mio. €) an.
Was den Biosprit anbelangt, so sei dieser kein Allheilmittel, aber
eine wichtige Verwertungsschiene im agrarischen Bereich, die auch
ökologisch sinnvoll ist. Er strebe zudem die Ausarbeitung eines
Bundesklimaschutzgesetzes an; intensive Gespräche mit den
Bundesländern laufen bereits. Auf eine Frage der F-Abgeordneten
Carmen Gartelgruber hin betonte der Bundesminister, dass die
Einhaltung von Sozialstandards (z.B. Kinderarbeit) bei der Umsetzung
von JI/CDM-Projekten genau kontrolliert werde.
Rechnungshofpräsident Josef Moser wies darauf hin, dass von Oktober
bis November 2007 die Umsetzung der Klimastrategie Österreichs auf
Ebene des Bundes geprüft wurde. Ziel war die Beurteilung, ob die
Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll eingehalten werden können.
Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2002 bis 2007.
Im Jahr 2006 erreichten die Österreich zugerechneten
Treibhausgasemissionen 91,1 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente. Zum Kyoto-
Ziel von 68,8 Mio. Tonnen bestand somit eine Abweichung von 22,3 Mio.
Tonnen (32,4 %). Aufgrund der Emissionsentwicklung, insbesondere in
den Sektoren Raumwärme/Kleinverbrauch und Verkehr, bestehen Zweifel
an der Zielerreichung. Der Sektor Verkehr wies im Zeitraum 1990 bis
2006 die höchste Emissionssteigerung auf (83 %), sein Anteil an den
Gesamtemissionen hat sich von 16 % auf 26 % erhöht. Er lag von seinem
Zielwert 4,4 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente entfernt. Selbst bei
maximaler Ausnutzung der flexiblen Mechanismen bestehe dringender
Handlungsbedarf für Maßnahmen im Inland.
Aus der Sicht des Rechnungshofs sollten Sanktionen wegen der
Nichterreichung des Kyoto-Ziels, die in jedem Fall als zusätzliche
Belastung zu sehen sind, mit allen Mitteln verhindert werden. Die
Einbindung und Mitwirkung der Länder wäre zur österreichweiten
Umsetzung der Klimastrategie unbedingt notwendig. Weiters wird
empfohlen, dass etwa im Bereich der Umweltförderung im Inland eine
quantifizierte Zielfestlegung hinsichtlich der Emissionssenkung
festgelegt werden soll, dass der Anwendungsbereich der
Umweltförderung im Ausland überprüft und neu ausgerichtet werden soll
und dass auf nationaler wie auf regionaler Ebene Konzepte für
den Umgang mit bereits eingetretenen Folgen des Klimawandels
erarbeitet und entsprechende Maßnahmen zeitgerecht gesetzt werden
müssen.
Rechnungshof prüft Emissionszertifikatehandel
Parallel zur Umsetzung der Klimastrategie überprüfte der Rechnungshof
den Emissionszertifikatehandel in Österreich, wobei die Ergebnisse in
einem engen Zusammenhang zu sehen sind. Der Rechnungshof kam erneut
zum Schluss, dass das grundlegende Ziel, CO2-Emissionen zu
reduzieren, bislang verfehlt wurde. Durch das Überangebot von
insgesamt 171 Mio. Zertifikaten in der EU sank der Zertifikatepreis
von über 20 auf 0,07 Euro. Den Unternehmen, die Zertifikate kaufen
mussten, entstanden nur geringe Mehrkosten. Es gab damit keinen
Anreiz zur Emissionsverringerung.
Bundesminister Nikolaus Berlakovich gab zu bedenken, dass zwar das
Reduktionsziel nicht erreicht wurde, die Tendenz jedoch zumindest
rückläufig sei. Weiters räumte er ein, dass es tatsächlich zu einem
Preisverfall bei den Zertifikaten gekommen sei; derzeit sehe die
Situation aber schon wieder ganz anders aus. Ziel sei es, nach 2012
eine EU-weite Harmonisierung zu erreichen und eine gemeinsame
Emissionsobergrenze festzulegen. Umso wichtiger sei es daher, dass
ein globales Klimaschutzabkommen zustande kommt.
Rechnungshofpräsident Josef Moser räumte ein, dass eine Reihe von
Empfehlungen - etwa im Rahmen einer 15-Vereinbarung mit den Ländern -
schon umgesetzt wurden, einige seien jedoch noch offen. Als Beispiele
nannte er, dass eine Befreiung von Kleinanlagen angestrebt und
lenkende Alternativmaßnahmen vorgesehen werden sollten. Positiv sei
die Absicht, dass in Zukunft eine fixe Reserve für neue
Marktteilnehmer festgelegt werden soll.
Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. (Fortsetzung)
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