• 15.09.2009, 16:15:21
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  • OTS0293 OTW0293

Problem Arbeitszeitregelung: Die europäischen Vorgaben und der österreichische Status quo

Wien (OTS) - Einladung zum Pressegespräch am 17.9. 2009, um 10:00
Uhr im Tagungszentrum Schönbrunn- Apothekertrakt, Zugang
Grünbergstrasse Meidlinger Tor, 1130 Wien - Raum 7 "Marie Antoinette"

- Enquete zur Arbeitszeit soll Klarheit schaffen
 - Verbessertes präoperatives Management für ältere Patientinnen und 
   Patienten
 - Gründung eines Dachverbands der Intensivmedizinischen   
   Gesellschaften

Anästhesistinnen und Anästhesisten zählen zu jenen
Fachärztegruppen mit sehr hohen Arbeitsbelastungen, da sie
überproportional für Akutfälle herangezogen werden. "Bei
Anästhesisten ist nicht nur die Arbeitsbelastung während der
Journaldienstzeiten besonders hoch, sondern es besteht bei einer
Kumulierung von Akutfällen grundsätzlich die Gefahr, die
Arbeitszeithöchstgrenzen des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes zu
übertreten. Anästhesie und Intensivmedizin stand als essentielles
Strukturfach schon immer unter einer besonderen Problematik dieses
Interessenskonfliktes" sagt Univ. Prof. Dr. Helfried Metzler,
Präsident der ÖGARI.

"Durch intensives Lobbying der Bundeskurie Angestellte Ärzte der
Österreichischen Ärztekammer ist es gelungen, die vom EU-Rat
beabsichtigten massiven Verschlechterungen der
EU-Arbeitszeit-Richtlinie zu verhindern. Konkret ging es darum, dass
bestimmte im Krankenhaus verbrachte Zeiten - um Geld zu sparen -
nicht mehr als Arbeitszeit gelten sollten. Dies bedeutet, vereinfacht
gesagt, dass ein Feuerwehrmann nur noch arbeitet, bzw. bezahlt wird,
wenn es brennt. Hier waren wir massiv und strikt dagegen. Sämtliche
von Arbeitnehmern am Arbeitsplatz verbrachte Zeiten sind
Arbeitszeiten und müssen dies auch bleiben", hält der
stellvertretende Kammeramtsdirektor der Österreichischen Ärztekammer,
Dr. Lukas Stärker fest.

Auf österreichischer Ebene geht es nun darum, die Dienstgeber bzw.
Krankenanstaltenträger zur Einhaltung des KA-AZG zu zwingen. Dies
funktioniert dann, wenn Übertretungen bestraft werden. Hier ist mit
der KA-AZG Novelle 2008 ein großer Schritt in die richtige Richtung
gemacht worden:

Wenn Dienstgeber das KA-AZG übertreten, dann gibt es eine
Geldstrafe. Wenn Dienstgeber ihr Personal, wie es die meisten
Bundesländer tun, privatrechtlich organisierten
Krankenanstaltenträgern zur Dienstleistung überlassen, dann haftet
seit 1.9.2008 auch der Beschäftiger für Arbeitszeitübertretungen.
Dies ist idR der Geschäftsführer des Krankenanstaltenträgers.
Jahrelang bestehende Schlupflöcher wurden damit endlich beseitigt.
Weiters besteht eine Verpflichtung zur Führung von
Arbeitszeitaufzeichnungen, um die KA-AZG-Einhaltung wirksam
überprüfen zu können. Das Nichtführen von Arbeitszeitaufzeichnungen
ist nunmehr pro Arbeitnehmer 1 Delikt und wird entsprechend
sanktioniert.

"Nach diesen - auf Vorschlag der Ärztekammer erfolgten -
legistischen Arbeiten sind nunmehr die Arbeitsinspektorate am Zug, um
mittels Überprüfung der Krankenhäuser die KA-AZG-Einhaltung
sicherzustellen", stellt KAD-Stv. Dr. Lukas Stärker fest.
Potentielle Schwierigkeiten bahnen sich für die Medizinischen
Universitäten an:

Die derzeit für die Medizinische Universität Wien geltenden
Arbeitszeitvereinbarungen vom 1. Februar 2002 und vom Jänner 2004
wurden befristet abgeschlossen und laufen per Ende 2009 automatisch
aus (vgl § 3 dieser Vereinbarungen). Grundlage dieser
Arbeitszeitvereinbarungen ist das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz,
das hinsichtlich der Höchstarbeitszeitgrenzen zweistufig aufgebaut
ist. Die höheren Arbeitszeithöchstgrenzen kommen nur zur Anwendung,
wenn eine entsprechende Vereinbarung zwischen Rektor, Betriebsrat und
Arbeitszeitvertretern abgeschlossen wurde.

Sollte es zu keinem Neuabschluss kommen, dann gelten ab 1. Jänner
2010 an den Medizinischen Universitäten Wien, Graz und Innsbruck für
Bundesbedienstete und Uni-Angestellte um ca. 20% kürzere
Arbeitszeithöchstgrenzen. Damit ist ein Dienstplan in der derzeitigen
Form nicht mehr aufrecht zu erhalten.

"Über diese Problematik haben wir seit Juli 2008 mehrfach die
Rektoren der Medizinischen Universitäten sowie Wissenschaftsminister
Dr. Hahn informiert. Leider kam es bis dato zu keinen substantiellen
Verhandlungen. Die Zeit drängt, denn entsprechende Jänner-Dienstpläne
müssen im November fertig gestellt sein. Daher müssen ehe baldigst
substantielle Verhandlungen mit dem Ziel eines Neuabschlusses einer
Arbeitszeitvereinbarung aufgenommen werden, um auch 2010 und in den
Folgejahren ein kontinuierliches Weiterlaufen der Dienstpläne an den
Medizinischen Universitäten zu gewährleisten", fordert der
stellvertretende Kammeramtsdirektor der Österreichischen Ärztekammer
Dr. Lukas Stärker.

"Diese Forderungen der Österreichischen Ärztekammer sind voll zu
unterstützen", meint ÖGARI-Präsident, Univ. Prof. Dr. Helfried
Metzler. Es gilt, hier eine für die Patienten und Patientinnen und
die Beschäftigten praktikable Lösung zu finden, die die bisherige
Qualität der Behandlung sichert und ausbaufähig macht, statt
permanent zu sparen, was zusätzliche Anstellungen in ausreichendem
Ausmaß unmöglich erscheinen lässt und die Sicherheit der Patientinnen
und Patienten gefährdet.

Zweites Thema der Pressekonferenz: die alternde Gesellschaft
schafft neue Herausforderungen - auch für die Anästhesie und
Intensivmedizin - zur präoperativen Vorbereitung von älteren
Patientinnen und Patienten

Mehr als 40 Prozent der operierten Patienten in einem Krankenhaus
mit Vollversorgung sind älter als 60 Jahre und auch der Anteil der
80- bis 100-Jährigen nimmt kontinuierlich zu. Auf die Anforderungen
einer alternden Gesellschaft müssen die Anästhesisten und
Intensivmediziner besonders vorbereitet sein - sowohl auf
technischer, personeller als auch struktureller Ebene, da bei 60
Prozent der 60-Jährigen und 80 Prozent der 75-Jährigen zumindest ein
zusätzlicher Risikofaktor besteht, der im Verlauf eines operativen
Eingriffs relevant sein kann: eingeschränkte Nierenfunktionen und
eine begleitende Anämie sind hier besonders häufig. Immer mehr ältere
Patientinnen und Patienten kommen mit Begleiterkrankungen - wie etwa
nach Herzinfarkt oder Schlaganfall, mit Asthma, Zuckerkrankheit usw.
- zu einer Operation.

"Die Forschung in der Anästhesie zielt heute nicht nur darauf ab,
intraoperative Komplikationen zu vermeiden, sondern das gesamte prä-,
intra- und postoperative Management so abzustimmen, dass auch den
Risikopatienten hohe Sicherheit gewährt wird, und positiven
Auswirkungen auf die Lebensqualität nach einer Operation erreicht
werden", so Univ. Prof. Dr. Helfried Metzler, Präsident der ÖGARI.
Präoperative Maßnahmen gehören zum grundlegenden Kompetenzbereich der
Anästhesie, dies beinhaltet, dass die Schwere einer Begleiterkrankung
richtig eingeschätzt wird und der Zustand durch medikamentöse
Therapien verbessert wird, und dass das geeignete Anästhetikum für
den intraoperativen Verlauf ausgewählt wird. Ebenso muss auch das
Ausmaß der postoperativen und eventuell auch intensivmedizinischen
Betreuung richtig eingeschätzt und vorbereitet werden. Bei älteren
Patienten gilt besonders, dass Stresssituationen so gering wie
möglich gehalten werden, weil dadurch das Risiko gesenkt werden kann,
deshalb wird permanent an der Verbesserung des präoperativen
Managements gearbeitet.

Das Know-how im Sinne der Patienten zusammenführen: Gründung eines
Dachverbands der Intensivmedizinischen Gesellschaften - der
Neurologie, Pädiatrie, Intensivmedizin und Anästhesie

Die Anästhesie - der Begriff, der aus dem Griechischen kommt,
bedeutet "Unempfindlichkeit" - hat sich in den letzten 150 Jahren zu
einer umfassenden Disziplin entwickelt. Zur Anästhesie gehören auch
die Bereiche der Intensiv- und Notfallmedizin. Diese vielfältige
Entwicklung hat zu einer immer größeren Spezialisierung geführt, die
mitunter die Kommunikation zwischen den einzelnen Spezialgebieten in
den Hintergrund treten ließ.

Diese Kommunikation soll nun im Sinne integrierter Zusammenarbeit
verbessert werden: "Es geht um die Vertretung gemeinsamer Belange der
Intensivmedizin gegenüber der Öffentlichkeit und um eine verstärkte
Förderung der Intensivmedizin in Wissenschaft und Praxis", sagt Univ.
Prof. Dr. Claus-Georg Krenn, zweiter Vizepräsident der ÖGARI. Im
Rahmen der Kooperation sollen gemeinsame Ausbildungs- und
Weiterbildungsprogramme entwickelt werden, die einen hohen
Qualitätsstandard in der Intensivmedizin sicherstellen. Denn in der
Intensivmedizin sind vor allem schwerkranke Patientinnen und
Patienten mit komplexen Krankheitsbildern zu betreuen.

Noch einmal Michael Jackson und die Anästhesie

Im Zusammenhang mit dem Tod von Michael Jackson ist in den Medien
immer wieder auch das Anästhetikum Propofol genannt worden. "Propofol
ist ein modernes, hochwirksames, intravenös verabreichtes
Anästhetikum, das sowohl zur Narkose als auch zur Sedierung in der
Intensivmedizin eingesetzt wird", sagt Univ. Prof. Dr. Metzler und
wichtig sei aber, "dass bei Verabreichung Kreislauf und Atmung
überwacht werden, um Nebenwirkungen so schnell als möglich zu
erkennen und behandeln zu können". Substanzen wie auch Propofol sind
in der Anästhesie sehr sicher, wenn sie von erfahrenen
Anästhesistinnen und Anästhesisten eingesetzt werden. Missbräuchliche
Verwendung ist grundsätzlich gefährlich.

Rückfragehinweis:
Andrea Granegger-Körner: + 43/1/406 48 10 oder per E-Mail an: office@oegari.at

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