• 10.09.2009, 16:05:10
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"KURIER"-Kommentar von Josef Votzi: "Das Blockade-Gespenst geht wieder um"

Faymann/Pröll sind dabei in die Falle ihrer beiden Vorgänger zu schlittern.

Wien (OTS) - Pessimisten fühlen sich bereits an die letzten Tage
der Ära Gusenbauer/Molterer erinnert. Hinter den Kulissen, sagen
teilnehmende Beobachter, geht es immer öfter zu wie in der
letzten - 20 mühselige Monate währenden - rot-schwarzen Regierung.
Keiner wollte dem anderen auch nur den geringsten Erfolg gönnen:
Blockade, Intrige, Stillstand.
Die Schüssel-ÖVP rächte sich tagtäglich dafür, dass der bis zum
Wahltag nur belächelte Alfred Gusenbauer Wolfgang Schüssel vom
Kanzler-Sessel gestürzt hatte. "Damals herrschte biblischer Hass"
zwischen Rot und Schwarz, sagen Auskenner, die beides miterlebt
haben.
Und wie ist es heute? Werner Faymann und Josef Pröll rückten nicht
zuletzt deshalb an die Spitze auf, weil sie sich als Ausputzer hinter
Gusenbauer und Molterer bewährt hatten. Sie räumten nach jedem Krach
die Scherben auf. Ab und an gelang es ihnen auch, die Bruchstücke
wieder zu einem brauchbaren Ganzen zusammenzukitten.
Jetzt sind sie selbst dran - und doppelt gefordert: In ihren
Parteien müssen sie für die Funktionäre lautstark Gas geben und in
der Regierung für den Koalitionsfrieden kräftig bremsen. Das erzeugt
nicht nur Reibungsverluste, sondern macht immer öfter unerträglich
hohlen Lärm.
Vor dem Sommer piesackte vom Kanzler abwärts die ganze SPÖ den
ungeliebten ehemaligen ÖVP-Chef Wilhelm Molterer, weil er als
Finanzminister die Staatsschuldenagentur an den Börsen zocken ließ.
Molterers Erben sehen nun die Chance auf Revanche. Vom
Generalsekretär aufwärts wühlt die ÖVP in der Banker-Vergangenheit
von SPÖ-Unterrichtsministerin Claudia Schmied.
Dieser Tage gab es deswegen vor und hinter den Kulissen Krach
zwischen Faymann und Pröll.
Am Grundwiderspruch hat sich nichts geändert. Die ÖVP sieht sich
nach einer Serie von Wahlerfolgen mehr denn je als die wahre Nummer
1. Nur die Gunstbezeugungen gegenüber dem Boulevard hätten Faymann
wie einst Gusenbauer ins Kanzleramt gespült.
In Oberösterreich und Vorarlberg stehen zwei weitere schwarze
Heimspiele auf dem Kalender. Zeitgleich will die Regierung
endlich das Mammutprogramm angehen, für das sie gewählt ist: Den
Sisyphus-Stein der Verwaltungsreform in Bewegung bringen, die
Sparpotenziale im Gesundheitsbereich heben, den gordischen Knoten
Schulreform durchschlagen ...
Faymann und Pröll haben Erfahrung im Ausputzen von Konflikten
Dritter. Jetzt sind sie erstmals selbst politisch und persönlich
gefordert wie nie zuvor. In der letzten Regierung herrschte schon
nach 20 Monaten nur noch "biblischer Hass" zwischen Rot und Schwarz.
Ein Jahr nach der Wahl und mitten in der Talsohle einer weltweiten
Wirtschaftskrise fühlen sich immer mehr an die Ära
Gusenbauer/Molterer erinnert.
Ob zu Unrecht, hat niemand anderer in der Hand als Faymann/Pröll.

Rückfragehinweis:
KURIER, Innenpolitik
Tel.: (01) 52 100/2649
mailto:innenpolitik@kurier.at
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