- 25.08.2009, 14:38:04
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Falter veröffentlicht nächste Akte der Weisungsabteilung
Dokumente in der Polizei-Trinkgeld-Affäre offenbaren völlig neue Dimension des Falles
Wien (OTS) - In ihrer morgen Mittwoch erscheinenden Ausgabe
veröffentlicht die Wiener Wochenzeitung Falter den nächsten Fall aus
der Weisungsabteilung des Justizministeriums. Konkret geht es um die
eingestellten Ermittlungen gegen 696 Polizisten, die von
Schwertransport-Firmen Trinkgelder in der Höhe von rund 400.000 Euro
entgegennahmen. Der Fall wurde bekanntlich mit der Begründung
eingestellt, es handle sich nur um geringfügige Zuwendungen in die
Kaffeekassa der Exekutive.
Die Akten der Weisungsabteilung offenbaren eine völlig neue
Dimension des Falles. Denn das Trinkgeld, so geht aus den Akten
hervor, wurde von einer kleinen Gruppe von Beamten aktiv
eingefordert. Wer nicht bezahlte, so klagten Frächter, sei massiv
schikaniert worden. Ein Beamter forderte laut Protokoll von einem
Unternehmer etwa 70 Euro mit den Worten: "Heast, wia san oba scho
zwa, ihr wollts ja foan a". Mehrer Schwertransport-Begleiter
schilderten vor den Korruptionsbehörden regelrechte Erpressung. Wer
nicht zahlte, musste mit geringerer Geschwindigkeit fahren oder
stundenlange und kostspielige Kontrollen in Kauf nehmen. Manche
Beamte "verdienten" laut Justizministerium bis zu 1000 Euro
monatlich.
Die Weisungsabteilung vermerkt dazu: "Zum Verdacht der Erpressung
hinsichtlich des Polizisten Josef G. ist zu ergänzen, dass dessen
angebliche Äußerungen "Heast mia san oba scho zwa" bzw. "Ihr wollts
jo a foan" zwar einen gewissen Druck zur Leistung weiterer Zahlungen
ausgeübt haben können, jedoch bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der
Beweisergebnisse noch nicht als Drohung mit einer Verletzung am
Vermögen zu subsumieren sind." Den Beamten habe der "subjektive
Vorsatz" gefehlt. Denn: "Es ist zu bemerken, dass die überwiegende
Mehrheit der Transportunternehmer und LKW-Lenker aufgrund der bereits
30 Jahre bestehenden Übung gar nicht den Versuch unternahmen, einmal
nicht zu zahlen".
Es wurden nicht nur Gelder bezahlt, sondern Beamte sollen auch mit
Reisen, Elektrogeräten und sogar Bordellbesuchen bestochen worden
sein.
Besonders verstörend ist der Fall jenes Transportunternehmers, der
den Fall ins Rollen brachte. Der Unternehmer wandte sich an den
damaligen ÖVP-Innenminister Ernst Strasser und schlug diesem eine
Privatisierung des Transportbegleitungsgeschäftes vor. Dann, so gab
der Unternehmer zu Protokoll, habe die Verkehrsabteilung
Niederösterreich ein "regelrechtes Kesseltreiben" gegen ihn
eingeleitet. Durch eine Privatisierung hätte die Polizei ihren
Anspruch auf Trinkgelder verloren. Der Unternehmer, so schildert es
ein involvierter BIA-Beamter, sei "beinahe in den Selbstmord
getrieben worden." Strasser nahm sich des Unternehmers an und
alarmierte das BIA.
In den vertraulichen Vorhabensberichten ans Justizministerium hält
die Staatsanwaltschaft fest, dass es "zwar durchaus sein kann, dass
das Engagement der Polizei auf einem Rachegefühl gegenüber dem
Transportunternehmer basiert habe", doch die Beamten hätten bei ihren
Amtshandlungen formal korrekt gehandelt.
Ein Ministerialbeamter sagt heute zum Falter: "Die Staatsanwälte
hatten Angst, dass wir bei einem Prozess im Korruptionsindex hinter
Pakistan zurückfallen." Im Justizministerium weist man solche
Vorwürfe als "unsachlich" zurück.
Rückfragehinweis:
Dr. Florian Klenk
Stv. Chefredakteur Falter
Marc Aurelstraße 9
A-1011 Wien
Tel: +43-1-53660-924, klenk@falter.at
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