• 06.08.2009, 13:35:45
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  • OTS0131 OTW0131

Postmarktgesetz - Wettbewerb bleibt auf der Strecke

Übermäßiger Protektionismus und wettbewerbsfeindliche Rahmenbedingungen verhindern echte Liberalisierung des österr. Postmarktes - Universaldienst wird dafür aufgeweicht

Wien (OTS) - Am 28. Juli 2009 hat der Ministerrat also das
Postmarktgesetz (PMG) verabschiedet, das demnächst als
Regierungsvorlage dem zuständigen Verkehrsausschuss im Nationalrat
zugewiesen wird. Die parlamentarische Beschlussfassung ist für Herbst
geplant, sodass einzelne Bestimmungen des PMG noch in diesem Jahr in
Kraft treten. Der überwiegende Teil gilt allerdings erst ab 1. Jänner
2011 - das Datum, mit dem die Europäische Union die vollständige
Liberalisierung der europäischen Postmärkte und die Beseitigung
sämtlicher Wettbewerbshemmnisse vorschreibt. Letzteres ist aber
offenkundig gerade nicht das Ziel des österreichischen PMG.

Postämter als Faustpfand gegen mehr Wettbewerb

Den gesamten Gesetzwerdungsprozess hindurch stand ein einziges
Thema im Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzung, nämlich die
Sicherstellung der Grundversorgung mit Postdiensten. Dabei kreiste
die Diskussion im Wesentlichen um die Fragen, wie viele Postfilialen
die Österreichische Post AG in Zukunft mindestens offen halten müsse
und unter welchen Voraussetzungen sie berechtigt sein solle, Filialen
zusperren zu dürfen.

Dieses Hinein-Regieren-Wollen der Politik in die
Unternehmensführung der Post hat natürlich seinen Preis. Möglichst
wenig Wettbewerb nämlich, denn die Kosten der Grundversorgung müssen
ja irgendwie auch wieder hereingebracht werden und das geht
schließlich nur ohne lästige Konkurrenz. So gesehen ist der
Gesetzestext in der Fassung des Ministerratsbeschlusses, wie er seit
wenigen Tagen der Initiative Zukunft Postmarkt vorliegt, zwar wenig
überraschend, um nichts weniger deutlich als bisher fällt allerdings
auch die Kritik daran aus, wie sie Univ.-Prof. Dr. Heinrich Otruba
stellvertretend für die in der Initiative Zukunft Postmarkt
zusammengeschlossenen Verleger, Großversender und alternativen
Postdiensteanbieter äußert:

"Die Postmarktpolitik der Regierungsparteien erinnert an das Bild
der drei Affen, die sich Augen, Ohren und Mund zuhalten. Allerdings
nicht wie diese aus Weisheit, sondern um sich sachlicher Kritik von
außen zu verschließen und sich der eigenen Taten nicht erinnern zu
müssen. Anders ist nicht zu erklären, wie man vor nicht einmal zwei
Jahren in Brüssel für eine Liberalisierung des Postmarktes zum
01.01.2011 stimmen und jetzt ein Gesetz erlassen konnte, das diese
Liberalisierung de facto auf 2013 verschiebt und das alles tut, um
bestehende Wettbewerbshemmnisse gerade nicht zu beseitigen. Denn
eines ist klar, ohne Zugang zu den Brieffachanlagen in den Städten
und am Land ist Wettbewerb praktisch ausgeschlossen", kritisiert
Otruba die Regelung im PMG, wonach Hausbrieffachanlagen und
Landabgabekästen erst bis 31.12.2012 für alle Anbieter zugänglich
gemacht werden müssen. "Dass für den Austausch der Anlagen zwei volle
Jahre vorgesehen sind, ist ebenso wenig einzusehen wie der Umstand,
dass damit erst 2011 begonnen werden soll. Offenbar ist es geradezu
die Intention des Gesetzgebers, Markteintritte von neuen Anbietern so
lang wie möglich hinauszuzögern", so Otruba weiter, der in diesem
Zusammenhang darauf verweist, dass die den Universaldienst und die
Postämter betreffenden Regelungen im PMG sehr wohl bereits mit
Kundmachung des Gesetzes, also voraussichtlich noch im Herbst dieses
Jahres in Kraft treten. "Im Sinne der europarechtlichen Vorgaben muss
der Zugang zu den Brieffachanlagen daher jedenfalls spätestens zum
31.12.2010 bewerkstelligt sein, sei es durch rechtzeitigen Austausch
der alten Infrastruktur, sei es durch Weitergabe der Schlüssel an
alle Anbieter von Postdiensten", stellt Otruba zu diesem für die
Marktöffnung wesentlichen Punkt abschließend klar.

Grundversorgung - ja, aber

Aber auch die viel strapazierte Grundversorgung mit Postdiensten
durch die Österreichische Post AG zu einheitlichen, erschwinglichen
und kostenorientierten Preisen wird durch das PMG nicht wie von
politischer Seite oftmals behauptet sichergestellt. Vielmehr wird der
so genannte Universaldienst - also das Einsammeln, Sortieren,
Transportieren und Zustellen von Briefen bis 2 kg sowie Paketen bis
10 kg - auf jene Sendungen beschränkt, die bei den
Post-Geschäftsstellen (Postamt oder Postpartner) oder im Wege der
Postbriefkästen aufgegeben werden. Weit mehr als die Hälfte aller
Briefsendungen werden jedoch von Unternehmen verschickt, die die
Sendungen in großen Mengen bei einem der so genannten
Post-Verteilzentren einliefern. Laut PMG werden diese Sendungen in
Zukunft vom Universaldienst ausgenommen sein. Weder gilt für sie also
der Einheitstarif (Sendungen ins Waldviertel könnten teurer sein als
innerhalb Wiens) noch muss die Post die für den Universaldienst
geltenden Qualitätsvorschriften, sprich die Laufzeitvorgaben
einhalten. Demnach könnte sich die Post für die Zustellung solcher
Sendungen künftig fünf Tage oder auch länger Zeit lassen.

"Mit dieser restriktiven Definition des Universaldienstes hat die
Post in mehrerlei Hinsicht einen echten Coup gelandet", rückt
Univ.-Prof. Otruba die parteipolitischen Beteuerungen zur
Grundversorgung ins rechte Licht. "Einerseits muss sie weniger
leisten als bisher und hat andererseits freie Hand bei der Gestaltung
der Entgelte für den überwiegenden Teil der Briefsendungen. Denn
aufgrund der Formulierungen im Gesetz werden aus unserer Sicht die
Entgelte der nachträglichen Kontrolle durch die Regulierungsbehörde
entzogen. Willkürlichen Preisnachlässen und einer intransparenten
Konditionenpolitik der Post sind wieder Tür und Tor geöffnet, zumal
eine aktuelle Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zur
Veröffentlichungspflicht aller Preise und Rabatte der Post im
Universaldienstbereich mit diesem Gesetz einfach wieder ausgehebelt
wird. In Österreich feiert offenbar das Postmonopol 'fröhliche
Urständ'. Schließlich ist damit auch indirekt sichergestellt, dass
der Post hohe Nettokosten des Universaldienstes erwachsen werden, da
ein großer Teil der Einnahmen aus dem Universaldienst nach heutiger
Definition in Zukunft wegfallen wird, weil dieser Bereich dann nicht
mehr dem Universaldienst zugehörig wäre", zeigt sich Otruba empört
und appelliert abschließend an die Europäischen Institutionen:
"Dieses Postmarktgesetz widerspricht klar den Intentionen, die die EU
mit der 3. Postrichtlinie verfolgt, nämlich einen von Wettbewerb
geprägten Postmarkt mit einer Vielzahl von Anbietern, innovativen
Dienstleistungen und günstigeren Preisen zu schaffen. Es wäre daher
zu wünschen, dass Brüssel rasch und entschieden auf eine diesen
Zielsetzungen derart entgegenstehende Umsetzung der Postrichtlinie
reagiert, damit die dringend notwendigen gesetzlichen Änderungen noch
rechtzeitig bis zur vorgesehenen Marktöffnung vorgenommen werden
können."

Rückfragehinweis:
Initiative Zukunft Postmarkt
Univ.-Prof. Dr. Heinrich Otruba
Tel.: +43-1-512 5010-12
E-Mail: heinrich.otruba@zukunftpostmarkt.at

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