Schulamtsleiterin Mann: "Gesetz hat große Bedeutung für alle gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften" - In Österreich besuchen 95 Prozent aller katholischen Schüler den katholischen Religionsunterricht
Wien, 14.07.2009 (KAP) Die katholische Kirche erinnerte am Montag an
den Beschluss des österreichischen Religionsunterrichtsgesetzes vor
genau 60 Jahren. Per Bundesgesetz hatte der Nationalrat am 13. Juli
1949 den Religionsunterricht als staatlich anerkanntes Pflichtfach
wieder eingeführt. Das Gesetz regelt seither den Religionsunterricht
für alle anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften. Festgelegt
ist u.a., dass die Kirchen für die Inhalte des Unterrichts und die
Auswahl der Lehrer zuständig sind. Die Republik trägt die Kosten für
die Lehrer und nimmt die Dienstaufsicht - allerdings mit Ausnahme
der Inhalte des Religionsunterrichtes - wahr. Novellen zum
Religionsunterrichtsgesetz, das im Verfassungsrang steht, wurden
1957, 1962, 1975, 1988 und zuletzt 1993 erlassen.
Das Gesetz sei 1949 nach dem nationalsozialistischen Terror, der
Ausklammerung des Religionsunterrichts und des konfessionellen
Schulwesens ein "Zeichen der wieder gewonnenen Freiheit" nach dem
Totalitarismus gewesen, sagte die geschäftsführende Leiterin des
Interdiözesanen Amtes für Unterricht und Erziehung, Hofrätin
Christine Mann, im "Kathpress"-Interview aus Anlass des Jahrestages.
Gleichzeitig habe das Gesetz "in fast schon prophetischer und
vorbildlicher Weise" die heutige multireligiöse Gesellschaft
vorhergesehen.
Durch seine Geltung für alle Glaubensgemeinschaften und die
Rücksichtnahme auf Minderheiten trage das Gesetz seit seinem
Beschluss der multireligiösen Entwicklung in der Gesellschaft
Rechnung, so Mann: "Das Religionsunterrichtsgesetz versucht, dem
Religionsunterricht jenen Platz einzuräumen, den er braucht, damit
es zu einer authentischen Einführung in die eigene religiöse
Tradition kommt und hält gleichzeitig gewisse Freiräume für
Kooperationen offen".
Die Debatte um den islamischen Religionsunterricht in den
vergangenen Monaten wertete Mann als "Grundsatzfrage an die Qualität
des Religionsunterrichts" aller Verantwortungsträger: "Die
entscheidende Antwort war, dass alle, die heute für den schulischen
Religionsunterricht Verantwortung tragen, hinsichtlich der Qualität
dabei kooperieren müssen". Forderungen nach einer Novellierung des
geltenden Religionsunterrichtsgesetzes erteilte Mann aber eine
Absage: "Alle Probleme, die hier aufgetaucht sind, sind durch das
bestehende Schulrecht lösbar".
Nachbesserungsbedarf sieht die Rechtsexpertin des Schulamts der
Erzdiözese Wien, Birgit Moser-Zoundjiekpon, hingegen an einer
anderen Stelle des Religionsunterrichtsgesetzes. Sie befürchtet
angesichts der Senkung der Klassenschülerhöchstzahl von 30 auf 25
Kinder eine Ungleichbehandlung bei der Finanzierung der
Wochenstundenanzahl des Religionsunterrichts, die von der Zahl der
teilnehmenden Schüler abhängt.
Derzeit finanziert der Staat ab einer Gruppe von mindestens zehn
Schülern zwei Wochenstunden Religionsunterricht. "Mit der
Herabsetzung der Gesamtklassenschülerzahl von 30 auf 25 wäre
eigentlich auch die Zahl zehn herabzusetzen, damit der
Religionsunterricht weiterhin gleichbehandelt wird", meint
Moser-Zoundjiekpon.
Österreichweit besuchen rund 95 Prozent aller katholischen
Schülerinnen und Schüler - 730.000 Kinder und Jugendliche - den
katholischen Religionsunterricht als Pflichtgegenstand. Zusätzlich
nehmen mehr als 25 Prozent der Schülerinnen und Schüler ohne
religiöses Bekenntnis am katholischen Religionsunterricht als
Freigegenstand teil.
Die Geburtsstunde des Religionsunterrichts liegt in der Zeit nach
der Reformation. Als organisatorisch eigenes Schulfach ist Religion
mit der Einführung der Allgemeinen Schulpflicht in Österreich im 18.
Jahrhundert entstanden. Unterbrochen war der Religionsunterricht als
Pflichtfach de facto nur während der NS-Zeit, als sich Schüler
explizit zum Religionsunterricht anmelden mussten und das Regime dem
Unterricht die Lehrpersonen entzog. Seit der Nachkriegszeit regeln
das Religionsunterrichtsgesetz von 1949 und insbesondere der auf den
Konkordatsregelungen basierende Schulvertrag von 1962 - in ihren
jeweils geltenden Fassungen - das Verhältnis von Kirche und Staat im
Hinblick auf den Religionsunterricht.
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