- 10.07.2009, 13:03:54
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Abschließende Zahlungen aus dem Entschädigungsfonds angelaufen
Wien (OTS) - Der Allgemeine Entschädigungsfonds für Opfer des
Nationalsozialismus hat am Mittwoch, dem 8. Juli 2009, mit den
Schlusszahlungen begonnen.
Am Tag zuvor hatte das Kuratorium, dem sowohl das Präsidium des
Nationalrats und VertreterInnen der Bundesregierung als auch
Opferverbände und Repräsentanten der Religionsgemeinschaften
angehören, die endgültigen Auszahlungsquoten beschlossen. Damit wird
die aliquote Verteilung der zur Verfügung stehenden Mittel auf
Grundlage des festgestellten Vermögensverlusts geregelt. Dieser
Anteil beläuft sich im Forderungsverfahren auf 10,56 Prozent, im
Billigkeitsverfahren auf 17,16 Prozent und für entzogene
Versicherungspolizzen 20,74 Prozent der festgestellten Verluste.
Das unabhängige Antragskomitee hat bisher 20.537 Anträge der
insgesamt 20.700 Anträge mit rund 120.000 einzelnen Forderungen
entschieden und Vermögensverluste in der Höhe von über 1,5 Milliarden
US-Dollar anerkannt. Insgesamt stehen dem Fonds - wie im Washingtoner
Abkommen mit Opferverbänden vereinbart wurde - 210 Millionen
US-Dollar (umgerechnet rund 151 Millionen Euro) zur Verfügung.
139 Millionen US-Dollar hat der Entschädigungsfonds seit 2005 an
etwa 14.000 AntragstellerInnen und 4.000 ErbInnen in Form von
vorläufigen Leistungen, so genannte Vorauszahlungen, ausbezahlt. Etwa
30 Prozent aller Forderungen beziehen sich auf berufs- und
ausbildungsbezogene Verluste, 20 Prozent auf liquidierte Betriebe.
Die restlichen 50 Prozent beziehen sich auf die übrigen
Vermögenskategorien Bankkonten, Aktien, Schuldverschreibungen,
Hypotheken, bewegliches Vermögen, Versicherungspolizzen, Immobilien,
soweit für diese nicht Naturalrestitution nach dem
Entschädigungsfondsgesetz geleistet wurde, sowie sonstige Verluste
und Schäden.
In diesen Zahlen spiegelt sich auch die frühere österreichische
Rückstellungspolitik wider, die nach 1945 dem Grundsatz gefolgt war,
nur mehr vorhandenes Vermögen zu restituieren. Ziel und Aufgabe des
Entschädigungsfonds war es daher, die (dadurch) entstandenen Lücken
und Unzulänglichkeiten in der österreichischen
Rückstellungsgesetzgebung zu schließen und somit zu einer
"umfassenden Lösung offener Entschädigungsfragen" beizutragen.
Im Vergleich mit anderen nationalen oder internationalen
Entschädigungsmaßnahmen, bei denen entweder wenige
Vermögenskategorien beansprucht werden konnten oder aber die
Entschädigung in Pauschalsummen erfolgt, war die Aufgabenstellung der
Leistung individueller Zahlungen für Schäden in zehn Kategorien
ungleich komplexer. Alle Vermögensverluste mussten individuell
bewertet und bereits erfolgte Restitutions- oder
Entschädigungsmaßnahmen berücksichtigt werden. Eine eigene
Rechercheabteilung des Entschädigungsfonds hat für diesen Zweck rund
70.000 verschiedene Dokumente aus unterschiedlichen österreichischen
Archiven eingeholt. "Um die Vorgaben des Washingtoner Abkommens zu
erfüllen, war die Antragsbearbeitung von Beginn an ein Wettlauf gegen
die Zeit", sagt die Generalsekretärin des Entschädigungsfonds, Hannah
Lessing, "denn die überwiegende Zahl der AntragstellerInnen ist vor
1945 geboren. Diese meist direkt von der Verfolgung Betroffenen waren
bevorzugt zu berücksichtigen."
Zusammen mit der Entschädigung von so genannten Sklaven- und
ZwangsarbeiterInnen durch den Versöhnungsfonds, für die insgesamt 436
Millionen Euro zur Verfügung standen, stellt das Washingtoner
Abkommen ein Paket von Restitutions- und Entschädigungsmaßnahmen dar:
Der Entschädigungsfonds sieht einerseits eine monetäre Entschädigung
für Vermögensverluste und andererseits die Naturalrestitution von
entzogenen Liegenschaften, die heute im öffentlichen Eigentum stehen,
vor. Zusätzlich wurden 150 Millionen US-Dollar als Abgeltung für
entzogene Mietrechte beschlossen und durch den Nationalfonds
ausbezahlt sowie weitere Sozialmaßnahmen für Opfer des
Nationalsozialismus umgesetzt.
Stuart Eizenstat, der 2001 für die USA die Verhandlungen in
Washington geleitet hatte, bezeichnete im Mai 2009 die Tätigkeit des
Entschädigungsfonds als "world-class standard for justice". "Dennoch
war von Beginn an klar", so Generalsekretärin Lessing, "dass das Leid
und Unrecht, das die Opfer des Nationalsozialismus erfahren haben,
nicht entschädigt oder wieder gut gemacht werden kann. Wir können
niemandem seine verlorene Kindheit, seine ermordete Familie
zurückgeben. Ich bin aber überzeugt, dass der Versuch sich der
moralischen Verantwortung zu stellen nicht nur für die überlebenden
Opfer von Bedeutung ist, sondern auch für die Gesellschaft im
Ganzen."
Rückfragehinweis:
Allgemeiner Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus
Tel.: 01/408 12 63
presse@nationalfonds.org
http://www.nationalfonds.org
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