• 30.06.2009, 18:48:43
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EU-Abgeordnete werden künftig vom Europäischen Parlament bezahlt Erneut Diskussion über Abwahlmöglichkeit von VR-PräsidentInnen

Wien (PK) - Für österreichische Abgeordnete zum Europäischen
Parlament gilt künftig eine neue Bezügeregelung. Sie werden
grundsätzlich nicht mehr den Bestimmungen des
Bezügebegrenzungsgesetzes und damit der österreichischen
Gehaltspyramide für PolitikerInnen, sondern dem neuen
Abgeordnetenstatut des Europäischen Parlaments (EP) unterliegen. Das
sieht ein gemeinsamer Antrag der Koalitionsparteien und der Grünen
vor, der heute den Verfassungsausschuss des Nationalrats einstimmig
passierte. In Zusammenhang damit wurde ein Antrag zur Änderung des
Einkommensteuergesetzes und des Beamten-Kranken- und
Unfallversicherungsgesetzes (B-KUVG) mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP,
FPÖ und Grünen mehrheitlich angenommen.

Gemäß dem EU-Abgeordnetenstatut gelten nunmehr für sämtliche
Abgeordnete zum Europäischen Parlament die gleichen bezüge- und
pensionsrechtlichen Bestimmungen. Damit erfolgt eine Abkehr vom
bisher geltenden Prinzip, wonach sich die Bezüge der EP-Abgeordneten
an die jeweiligen Bezüge der nationalen Abgeordneten anlehnen und
damit unterschiedlich hoch sind. Für Abgeordnete, die dem
Europäischen Parlament bereits in der laufenden Wahlperiode angehört
haben, gibt es allerdings eine Übergangsregelung - sie können in das
alte, nationale, System optieren.

Da die Mitglieder des Europäischen Parlaments der EU-Steuer
unterliegen, stellen die im Ausschuss vorgenommenen Änderungen die
Steuerfreiheit der Abgeordnetenbezüge in Österreich sicher. Andere,
in Österreich steuerpflichtige Einkünfte sollen jedoch mit einem
entsprechend höheren Satz besteuert werden (Progressionsvorbehalt).
Die Pflichtversicherung nach dem B-KUVG soll beibehalten werden, um
eine Schlechterstellung gegenüber der derzeitigen Lage zu verhindern.

Positive Auswirkungen hat das EU-Abgeordnetenstatut auf den
österreichischen Staatshaushalt, die Bezüge der EP-Abgeordneten
werden künftig vom Europäischen Parlament getragen. Lediglich der
Dienstgeberbeitrag für die österreichische Krankenversicherung wird
vom Bund getragen.

Diskussion um Ausweitung der Kompetenzen des Rechnungshofs

Vom Verfassungsausschuss vertagt wurde eine Reihe von Anträgen der
Opposition, die eine Ausweitung der Kompetenzen des Rechnungshofs zum
Ziel haben. Unter anderem geht es um die Prüfung der staatlichen
Bankenhilfe, die Prüfung von Unternehmen mit staatlichem Einfluss,
die Prüfung von Gemeinden, die Prüfung von Direktförderungen der EU
und die Prüfung von gemeinnützigen Bauvereinigungen, wobei FPÖ, BZÖ
und Grüne zum Teil unterschiedliche Vorstellungen haben.

So schlägt etwa die FPÖ in ihrem Antrag - neben der Übertragung
zusätzlicher Rechte an den Bundesrechnungshof - zur Prüfung von
Gemeinden unter 20.000 EinwohnerInnen die verpflichtende Einrichtung
von Landesrechnungshöfen vor, während die Grünen damit den
Rechnungshof selbst betrauen wollen (599/A[E], 677/A). Die von den
Gemeinden zu erledigenden Aufgaben werden immer bedeutsamer,
komplexer und kostenintensiver, damit sei die derzeit bei 20.000
EinwohnerInnen liegende Schwelle für Gemeindeprüfungen nicht mehr
zeitgemäß, argumentieren die Grünen. Das BZÖ spricht sich dafür aus,
Gemeinden mit einem Gebarungsvolumen von mehr als 10 Mio. € der
Rechnungshofkontrolle zu unterwerfen (461/A), Klubobmann Josef Bucher
erwartet sich davon eine wertvolle Unterstützung für die betroffenen
Kommunen.

Weiters zur Diskussion stand ein vom BZÖ vorgelegter Antrag zum Thema
Unternehmensprüfungen durch den Rechnungshof und ein Antrag der FPÖ,
der auf die Wahl des österreichischen Mitglieds im Europäischen
Rechnungshof durch den Hauptausschuss des Nationalrats abzielt.

Die Anträge, die eine Ausweitung der Kompetenzen des Rechnungshofs
zum Ziel haben, wurden vertagt, der FPÖ-Antrag betreffend die Wahl
des österreichischen Mitglieds im Europäischen Rechnungshof
abgelehnt, und zwar jeweils mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit.

Die Abgeordneten Angela Lueger (S) und Karl Donabauer (V) sahen
keinen Anlass, den Bestellungsmodus für das österreichische Mitglied
im Europäischen Rechnungshof zu ändern, weshalb sie für eine
Ablehnung des Antrags plädierten.

Die Vertagung der anderen zur Diskussion stehenden Anträge
begründeten Lueger und Donabauer mit der Feststellung, dass die darin
enthaltenen Vorschläge sehr uneinheitlich sind. Man müsse diese
Fragen daher sehr genau überlegen, weshalb es wenig Sinn mache, in
aller Eile eine Entscheidung zu treffen. Beide wiesen darauf hin,
dass Gemeinden unter 20.000 EinwohnerInnen ohnehin mehrmals geprüft
werden. Donabauer hielt die derzeitigen Aufgaben des Rechnungshofs
für ausreichend.

Dieser Argumentation konnte sich die Opposition nicht anschließen.
Abgeordneter Werner Kogler (G) erinnerte daran, dass der Rechnungshof
selbst für eine Ausweitung seiner Kompetenzen eintritt. Die
Notwendigkeit, öffentliche Unternehmen bereits ab einer 25 %igen
Beteiligung der öffentlichen Hand durch den Rechnungshof prüfen zu
lassen, zeige sich auch aus einem aktuellen Anlass, nämlich im
Zusammenhang mit den Ungereimtheiten beim Ausbau des Flughafens Wien,
sagte er. Kogler sprach sich auch vehement für eine Prüfungskompetenz
des Rechnungshofs zur Kontrolle im Rahmen des Bankenpakets aus, und
zwar auch im Lichte der für ihn völlig unzureichenden
Berichterstattung durch den Finanzminister. Die letzte Sitzung des
Hauptausschusses, in dem die ersten Berichte des Finanzministers über
Haftungsmaßnahmen und andere Maßnahmen nach dem
Interbankmarktstärkungsgesetz und dem Finanzmarktstabilitätsgesetz
zur Diskussion standen, hätten dies deutlich gemacht, bemerkte er.
Was die Prüfung kleinerer Gemeinden betrifft, so halte er dies
deshalb für notwendig, weil die Kontrolle durch die
Bezirksverwaltungsbehörden schlecht funktioniere und die
Kontrollausschüsse überfordert seien. Man brauche ein effizientes
Kontrollsystem, forderte Kogler.

Dem schloss sich auch Abgeordneter Bernhard Vock (F) an. Den
Mitgliedern der Kontrollausschüsse mangle es oft an fachlicher
Kompetenz, und außerdem spiele dabei oft die Parteipolitik eine große
Rolle, stellte er fest.

Fraktionen einigen sich auf Unterausschuss zur Verwaltungsreform

Im Zuge der Debatte über die Anträge und deren Vertagung kam es auch
zu Meinungsverschiedenheiten über den beim so genannten Österreich-
Gespräch vereinbarten Unterausschuss zur Verwaltungsreform.
Abgeordneter Herbert Scheibner (B) bestand darauf, diesen
Unterausschuss bereits heute einzurichten und die genannten Anträge
diesem zuzuweisen, da dies auch so zugesagt gewesen sei. Dem
entgegnete Abgeordneter Wilhelm Molterer (V), es sei mit allen
Fraktionen vereinbart worden, diesen Unterausschuss noch vor dem
Sommer einzusetzen und vor dem nächsten Nationalratsplenum über einen
Entschließungsantrag zu verhandeln, der dann dem Unterausschuss
zugewiesen wird. Abgeordneter Josef Cap (S) versicherte, alle
Parteien in den Prozess der Verwaltungsreform einzubinden, und
versuchte damit das Misstrauen Scheibners zu zerstreuen. Der
Argumentation Scheibners schloss sich auch Abgeordneter Harald Stefan
(F) an, der meinte, Vereinbarungen sollten auch umgesetzt werden.
Abgeordneter Werner Kogler (G) wiederum zeigte sich in der Frage des
Termins für die Einsetzung des Unterausschusses gesprächsbereit und
betonte, es sei wichtig, dass ein solcher auch tatsächlich und noch
vor dem Sommer eingesetzt werde, und man dafür sorgen solle, einen
guten Start für die Gespräche sicher zu stellen.

Der Antrag des Abgeordneten Scheibner, bereits heute einen
Unterausschuss einzusetzen, wurde schließlich mit den Stimmen von
SPÖ, ÖVP und Grünen mehrheitlich abgelehnt. Die Parteien vereinbarten
jedoch schriftlich, bis zu nächsten Plenum einen Entschließungsantrag
auszuarbeiten und noch vor Tagungsende einen Verfassungsausschuss
einzuberufen, um einen Unterausschuss zum Thema Verwaltungsreform
einzusetzen. Diesem Unterausschuss sollen neben dem angekündigten
Entschließungsantrag auch die heute vertagten Anträge zugewiesen
werden.

Für und Wider zur Abwahlmöglichkeit von NR-PräsidentInnen

Schließlich war der Antrag der Grünen, mit dem die rechtlichen
Voraussetzungen für eine Abwahl des Dritten Nationalratspräsidenten
Martin Graf geschaffen werden sollen, Anlass einer
verfassungsrechtlichen und politischen Diskussion. Dem Antrag zufolge
soll es den Abgeordneten möglich sein, die von ihnen gewählten drei
NationalratspräsidentInnen mit Zweidrittelmehrheit wieder abzuwählen.
Auch dieser Antrag wurde schließlich mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und
FPÖ vertagt.

Die Abgeordneten Josef Cap (S) und Wilhelm Molterer (V) orteten noch
einen großen Diskussionsbedarf, wenn auch mit inhaltlich
unterschiedlichen Begründungen. So stellte Abgeordneter Wilhelm
Molterer klar, dass die Aussagen des Dritten Präsidenten des
Nationalrats, Martin Graf, unhaltbar seien und dieser daher die
Konsequenzen ziehen sollte. Die ÖVP könne jedoch dem Antrag der
Grünen nicht nähertreten, da dieser eine Fülle rechtlicher Fragen
aufwerfe. Molterer sah vor allem das Risiko, das Präsidium des
Nationalrats zum Spielball parteipolitischer Strategien zu machen. Er
wies in diesem Zusammenhang auf die wichtige staatspolitische
Funktion des Nationalratspräsidiums im Falle der Verhinderung des
Bundespräsidenten hin. Die ÖVP habe daher vorgeschlagen,
PräsidentInnen des Nationalrats beim Verfassungsgerichtshof anklagen
zu können, wie dies auch beim Bundespräsidenten der Fall sei.

Diesem Vorschlag konnte SPÖ-Klubobmann Josef Cap nichts abgewinnen,
da die Funktion des Bundespräsidenten als Verwaltungsorgan mit der
Funktion des Nationalratspräsidiums nicht vergleichbar sei. Deshalb
sei Nationalratspräsidentin Barbara Prammer gleich zu Beginn dafür
eingetreten, NationalratspräsidentInnen mit Zweidrittelmehrheit
abwählen zu können. Cap teilte die diesbezüglichen Bedenken der ÖVP
nicht. Die Vertagung des Antrags soll seiner Meinung nach die Chance
eröffnen, in dieser Frage einen Nachdenkprozess einzuleiten.

Gegen die Vertagung sprachen sich die Grünen und das BZÖ aus. Die
entscheidende Frage sei, so Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G), ob man
gewählte FunktionsträgerInnen auch wieder abwählen kann, und zwar mit
einem erhöhten Quorum. Es müsse möglich sein, Grenzen zu ziehen,
sagte er. Sein Klubkollege Albert Steinhauser ergänzte, jeder, der
einen Funken politischer Verantwortung habe, müsse jetzt dafür
sorgen, die Wahl Grafs zu korrigieren. Die Wahl sei ein politischer
Fehler gewesen, meinte er, denn SPÖ und ÖVP hätten offensichtlich
nicht erkannt, was sie wählen. Steinhauser räumte jedoch ein, dass
man die Geschäftsordnung so gestalten müsse, dass eine Abwahl aller
drei PräsidentInnen unmöglich wird.

Die Befürchtungen der ÖVP konnte Abgeordneter Ewald Stadler (B) mit
Blick auf das Jahr 1933 nachvollziehen. Er hielt es für einen denkbar
schlechten Anlass, die Verfassung wegen Präsident Graf zu ändern.
Derartige Verfassungsänderungen dürften nicht unter dem Aspekt der
Tagespolitik beschlossen werden, merkte er an, weshalb er für eine
Nachdenkpause plädiere.

Abgeordneter Peter Fichtenbauer (F) unterstrich, dass derartige
Funktionen, wie das Nationalratspräsidium, dem Alltagsstreit der
Parteien entzogen werden müssen. (Schluss)

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