- 25.06.2009, 11:04:28
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Lebensversicherungen: Viel versprochen - wenig gehalten - GRAFIK
"Konsument": 18 Verträge analysiert. Im Schnitt um 13 Prozent weniger ausbezahlt.

Wien (OTS) - Angesichts der Finanzkrise sind Lebensversicherungen
als vermeintlich sichere Anlageform wieder gefragt. Derzeit wird mit
Zinsen von vier bis 4,5 Prozent geworben, in den Achtziger- und
Neunzigerjahren gar mit sechs bis sieben Prozent. Doch wie viel
erhalten Konsumenten letztlich unterm Strich wirklich?
"Konsument" hat 18 Verträge, darunter Er- und
Ablebensversicherungen sowie reine Erlebensversicherungen, der
unterschiedlichsten Versicherer gesichtet. "Die Analyse zeigt, dass
Erwartung und Realität weit auseinander liegen. Die Versicherten
erhielten teils bedeutend weniger Geld als seinerzeit versprochen -
zum Beispiel 19.600 statt 22.100 Euro nach zehn Jahren", fasst
"Konsument"-Versicherungsexpertin Gabi Kreindl das Ergebnis zusammen.
Der Geschäftsführer des Vereins für Konsumenteninformation, Franz
Floss, ortet als grundlegendes Problem die mangelnde Transparenz von
Lebensversicherungs-Produkten: "Man kauft die Katze im Sack. Denn für
die Konsumenten ist oft nicht klar ersichtlich, welche Kosten damit
verbunden sind und wie sich diese zusammensetzen - und dann ist die
Enttäuschung groß. Hier gibt es eindeutig Verbesserungsbedarf."
Erwartungen stark unterlaufen
"Konsument" hat sich 18 Verträge aus der Beratungspraxis genauer
angesehen, wobei die Auswahl der Versicherer dadurch zufällig
erfolgte. Dabei wurde deutlich, dass die Versicherten erheblich
weniger Geld bekamen, als ursprünglich prognostiziert. Lediglich in
zwei Fällen lag die Differenz um nur ein Prozent (s-Versicherung)
bzw. vier Prozent (Zürich) unter der Prognose. Bei allen anderen
Verträgen wurden zumindest acht Prozent weniger ausbezahlt als bei
Vertragsabschluss prognostiziert, z.B. rund 20.300 statt 22.100 Euro.
Im Schnitt waren es sogar 13 Prozent weniger.
Geschönte Prognosen
Rechtsmittel sind bei einem Auszahlungsbetrag, der unter der
Prognose liegt, im Grunde nicht möglich - denn rechtlich bindend
zugesagt ist immer nur die garantierte Verzinsung - und zwar nur auf
den Sparanteil! Geworben wird mit einer Gesamtverzinsung von 4 bis
4,5 Prozent. "Die in den Angeboten beworbene Gesamtverzinsung ist
aber nicht gleichzusetzen mit der Rendite", weiß
"Konsument"-Versicherungsexpertin Gabi Kreindl. Die Gesamtverzinsung
bezieht sich nicht auf das gesamte eingezahlte Kapital, sondern nur
auf den Sparanteil, der im Bereich von 75 bis 85 Prozent der
einbezahlten Prämien liegt. Tatsächlich garantiert sind derzeit 2,25
Prozent auf den Sparanteil. Da bleibt nur eine Rendite von ca. 0,3
Prozent übrig. Damit ist nicht einmal eine bescheidene
Inflationsabgeltung möglich.
Beträge nur zum Teil veranlagt
Viele Lebensversicherungen sind Er- und Ablebensversicherungen.
Der Anteil für die Ablebensversicherung wird aber nicht verzinst, das
einbezahlte Geld also nur zum Teil veranlagt. Doch auch bei reinen
Erlebensversicherungen werden von 100 einbezahlten Euro nur zirka 85
tatsächlich veranlagt - der Rest entfällt auf Kosten und
Versicherungssteuer. Das Problem: Die "Gesamtverzinsung" sagt nichts
über den "Gesamtertrag" aus. Es bedeutet nur, dass die veranlagten
Beträge mit mindestens diesem Zinssatz verzinst werden - doch nicht
das gesamte einbezahlte Geld wird wie gesagt auch verzinst.
Eine aktuelle Erhebung bei mehreren Versicherern zeigt etwa, dass
sich die versprochenen Gesamtzinssätze für einen Mann - geboren 1970,
monatliche Zahlung 100 Euro, Laufzeit 20 Jahre - derzeit zwischen
vier bis 4,5 Prozent bewegen. Mit dem Garantiezins auf das gesamte
einbezahlte Kapital gerechnet würden am Ende der Laufzeit 30.000 Euro
herauskommen. Bei monatlicher Einzahlung wird der
Unterjährigkeitszuschlag fällig, die Versicherungssteuer
miteingerechnet müssten etwa 27.000 Euro übrigbleiben. Die von den
Versicherern genannte garantierte Auszahlungssumme liegt dagegen bei
rund 25.000 Euro, was nur durch die hohen internen Kosten erklärbar
ist.
Kosten verschwiegen
Die Kosten aber sind ein gut gehütetes Geheimnis und setzen sich
aus mehreren Faktoren zusammen. So wurde bei der Erhebung zum
Beispiel in den meisten Fällen nicht darauf hingewiesen, dass
aufgrund des Unterjährigkeitszuschlags die jährliche Einzahlung mehr
bringt. "Zahlt man statt 100 Euro monatlich 1.200 Euro jährlich ein,
dann ergibt sich bei einer Laufzeit von 20 Jahren eine Ersparnis von
2.425 Euro", rechnet Kreindl vor. Diese Rechnung basiert auf sechs
Prozent Unterjährigkeitszuschlag, vier Prozent Abschlusskosten und
drei Prozent Verzinsung.
Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Provision für den
Vertragsabschluss - diese zahlt der Versicherte, und zwar zu Beginn
der Laufzeit. Grund dafür ist das seit über hundert Jahren übliche
Zillmerungs-Verfahren. Durch diese Vorab-Vergütung der Provision ist
der Anreiz für Vermittler groß, sich auf Neuabschlüsse zu
konzentrieren, hohe Erstprämien und lange Laufzeiten anzubieten,
anstatt auf die langfristige Betreuung des Kunden zu achten. Kreindl:
"Dieses Verfahren erscheint uns als nicht mehr zeitgemäß. Eine
größere Flexibilität bei Prämie und Laufzeit kann es nur über eine
ungezillmerte Vergütung geben."
Mehr Transparenz gefordert
Bei der "Konsument"-Erhebung fehlten Erklärungen über Spar-,
Risiko- und Kostenanteil nahezu immer. "Problematisch ist, dass
Kunden mit der Lebensversicherung ihr Geld über einen langen Zeitraum
veranlagen und darüber im Unklaren gelassen werden, mit welchem
Ertrag sie rechnen können", kritisiert Floss. "Zu größerer
Transparenz würden etwa Kennzahlen für Kosten - ähnlich der TER
(Total Expense Ratio) bei Investmentfonds -, Rendite und Risiko
beitragen." Von realistischen Renditeangeben und korrekten
Kosteninformationen würden aber nicht zuletzt auch die Versicherer
und Berater profitieren: Denn in Österreich wird jede zweite
Lebensversicherung vorzeitig gekündigt. "In dieser intransparenten
Form sind leider Lebensversicherungen nicht empfehlenswert - weder
zur Veranlagung, noch zur Altersvorsorge", so Floss abschließend.
"Konsument"-Tipps
Hinterfragen: Sich nicht von Versprechen blenden lassen. Klären,
welcher Prämienanteil tatsächlich veranlagt wird und eine
realistische Renditeberechnung fordern.
Zweck klären: Er- und Ablebensversicherungen sind besonders
undurchsichtig. Wer Angehörige für den Todesfall absichern will,
greift besser zur reinen Ablebensversicherung.
Prüfen: Wer monatlich ansparen möchte, für den wäre ein
Fondsparplan womöglich die bessere Wahl.
Optimieren: Bei bestehenden Verträgen von monatlicher auf
jährliche Zahlungsweise umsteigen (Unterjährigkeitszuschlag).
Unnötige Zusätze wie z.B. Invalidität streichen.
SERVICE: "Konsument" sammelt die Erfahrungen von Konsumenten zu
Lebensversicherungen und bittet Interessierte um Angabe von
Versicherer und Produktname, Laufzeit, getätigte Einzahlungen,
Prognose und tatsächlichen Auszahlungsbetrag unter
leserbriefe@konsument.at. Mehr dazu auf www.konsument.at.
Bild(er) zu dieser Aussendung finden Sie im AOM/Original Bild
Service, sowie im OTS Bildarchiv unter http://bild.ots.at .
Rückfragehinweis:
Verein für Konsumenteninformation/ Testmagazin "Konsument" Mag. Andrea Morawetz Öffentlichkeitsarbeit Tel.: 01/588 77 - 256 Email: amorawetz@vki.at www.konsument.at
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