- 06.06.2009, 09:08:20
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"Kurzarbeit auf lange Sicht eine Chimäre"
Androsch kontert Kritik: Jobgarantien wären unseriös - Dividendenstopp 2009/10 möglich - Von Eva Stanzl
Wien (OTS) - Hannes Androsch, Miteigentümer und
Aufsichtsratspräsident des steirischen Leiterplatten-Herstellers
AT&S, sieht sich heftiger Kritik ausgesetzt. AT&S hatte am Donnerstag
bekanntgegeben, seine Massenfertigung von Leoben nach China
abzuziehen. 300 Mitarbeiter verlieren ihren Job.
Nach Ernst Strasser, ÖVP-Spitzenkandidat bei den EU-Wahlen,
meldete sich am Freitag auch ÖVP-Geschäftsführer Fritz Kaltenegger zu
Wort. Er kritisierte, dass ausgerechnet der wirtschaftspolitische
Berater von Kanzler Werner Faymann die Wirtschaftskrise zur
Verlagerung von Arbeitsplätzen nach Asien missbrauche.
Für Androsch, der 21,49 Prozent an AT&S hält, ist die Kritik
"entweder parteipolitisch motiviert oder politisch hilflos". In
Österreich gebe es 62.000 Kurzarbeiter, Großkonzerne sparten tausende
Mitarbeiter ein, und die Arbeitlosigkeit steige weiter. "Die
wirtschaftspolitischen Akteure müssen die seit Jahren schleichende
Verschlechterung der Industrie erkennen. Wenn man aber die
Infrastruktur verrotten lässt, zu wenig in Forschung investiert, das
Geld für Frühpensionen ausgibt und industriestandortmäßigen
Naturschutz betreibt, wird sich das nicht ändern", sagt Androsch im
Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Kurzarbeit könne der kurzfristigen Überbrückung dienen. "Aber
längerfristig ist es eine Chimäre. Wenn ich keine Aufträge habe, dann
ist Kurzarbeit, wie wenn ich einen leeren Kühlschrank rationieren
will."
Die AT&S-Kunden aus der Handy-Industrie seien schon lange in
Nahost. Auch dort sei das Handy-Geschäft zurückgegangen. Nur könne
man dort flexibel reagieren, weil die natürliche Fluktuation bei 30
Prozent liege, so Androsch: "Bei uns stehen die Sozialpläne bei allem
Verständnis für soziale Abfederung in keiner Relation".
Der steirische Arbeiterkammerpräsident Walter Rotschädl hatte eine
Bestandsgarantie für Leoben von Androsch verlangt. Der Industrielle
weist die Kritik zurück: Rotschädl "sitzt in der Arbeiterkammer mit
Zwangsmitgliedschaft und spricht aus einer geschützten Position. Doch
eine Standortgarantie abzugeben wäre unseriös". Auch Garantien, dass
es zu keinen weiteren Restrukturierungen bei AT&S kommen werde, könne
er nicht abgeben: "Das wäre Gauklerei. Das Interesse der Eigentümer
ist, dass es besser wird. 40 Millionen Euro für die Verlagerung
abzuschreiben macht man nicht aus Lust."
Für 2009/10 hat AT&S eine Gewinnwarnung abgegeben. Zwar wird
aufgrund des guten Geschäftsverlaufs im Vorjahr heuer noch eine
Dividende ausbezahlt. "Aber im kommenden Jahr wird das wahrscheinlich
nicht mehr gehen", so der ehemalige Finanzminister.
Der Chiphersteller Infineon Österreich hatte kürzlich
bekanntgegeben, dass die Talsohle überstanden sei. Androsch ist
anderer Meinung: "Vielleicht haben sie einen Großauftrag, der Effekte
hat wie die Abwrackprämie. Aber die Talsohle wird frühestens Mitte
2010 erreicht sein - und danach wird es bescheiden weitergehen."
Rückfragehinweis:
Eva Stanzl Redakteurin Wirtschaft Wiener Zeitung GmbH Tel.: +43 1 206 99 - 416 Fax +43 1 206 99 - 592 eva.stanzl@wienerzeitung.at www.wienerzeitung.at
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