- 19.03.2009, 12:17:14
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Verein für Finanzmarktausgleich deckt Turbozertifikat-Skandal auf
Wien (OTS) - Der Verein für Finanzmarktausgleich deckt auf, dass
namhafte Markteilnehmer ein zweifelhaftes Spiel mit unvorsichtigen
Anlegern treiben und Marktbewegungen zum Nachteil der Anleger aktiv
beeinflussen. Der Verein rechnet mit einer Schadenssumme von mehr als
100 Mio Euro. Und die Finanzmarktaufsicht sieht tatenlos zu.
In einer Pressekonferenz hat heute der "Verein für
Finanzmarktausgleich" einen weitreichenden Turbozertifikat-Skandal
aufgedeckt. Anleger können mit einem Turbozertifikat von
Kursteigerungen als auch von Kursverlusten überproportional
profitieren. Turbozertifikate haben aber den Nachteil, dass sie bei
Erreichen einer vorher definierten "Knock-Out-Schwelle" wertlos
verfallen. Für die Emittenten ist es natürlich wünschenswert, dass
diese "Knock-Out-Schwelle" durchbrochen wird. Der Verein für
Finanzmarktaufsicht ist bei seinen Recherchen auf Hinweise gestoßen,
dass die Emittenten - gemeint sind die Emittenten der
Turbozertifikate, nicht jene der zugrundeliegenden Aktien -
beziehungsweise die involvierten Wertpapierhändler diese
Knock-Out-Grenze aktiv herbeiführen, also aktiv Aktienkurse
manipulieren. Das ist unter den Marktteilnehmern kein Geheimnis. "Nur
die Finanzmarktaufsicht weiß nichts von dieser Vorgehensweise. Oder
sie schließt bewusst die Augen" so Vereinsvorstand Philipp Buchner.
Nicht die Turbozerfikat-Emittenten als Unternehmen sondern die gut
informierten Marktteilnehmer sollte sich die Finanzmarktaufsicht
genauer anschauen. In den nächsten Wochen wird der Verein für
Finanzmarktausgleich Aktien und Zeiträume auf der Website
www.turboskandal.at veröffentlichen, bei denen die beschriebenen
Muster besonders offensichtlich sind. Der Skandal betrifft nahezu
alle Aktien, auf die Turbozertifikate emittiert wurden. Der Verein
hat Aktien im Zeitraum 2007 und 2008 analysiert und bei allen Muster
gefunden, die eindeutig auf Kursmanipulationen hinweisen. Diese
Aktien waren Andritz, ATEC, MEL, AUA, bwin, CA Immobilien, Erste
Bank, Intercell, Raiffeisen International, RHI, UNIQA,
Verbundgesellschaft, VA Stahl, Wienerberger. Bei der Pressekonferenz
wurde im Besonderen auf die Aktien von bwin und VA Stahl eingegangen.
Skandalöse Vorgehensweise (der Emittenten)
Was machen die Emittenten beziehungsweise Wertpapierhändler, um
eine Knock-Out Schwelle zu erreichen und daraus Profit zu schlagen?
Marktteilnehmer sehen in ihren Handelssystemen die "Markttiefe", d.h.
sie sehen alle zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhandenen Börsenorders
mit ihrer Ordergröße und Preislimits - ein klarer Vorteil gegenüber
Endanleger. Die professionellen Marktteilnehmer wissen daher, wann
der Markt in einer Aktie dünn ist, und wann dadurch relativ kleine
Börsenorder den Marktpreis stark beeinflussen können. Es ist in
solchen Marktsituationen leicht, einen Aktienkurs zu beeinflussen.
Die Emittenten warten auf einen guten Zeitpunkt und geben Bestens
Verkaufsorders oder mit tiefem Marktkurs limitierte Verkaufsorders,
die von der Ordergröße genau ausreichen, um den Marktpreis der Aktie
auf ein gewünschtes Niveau nach unten zu treiben. Dieses gewünschte
Niveau entspricht genau der Knock-Out Schwelle.
Im Anschluss zu diesen von anderen Marktteilnehmern unerwarteten
Marktbewegungen tendiert ein Aktienkurs häufig ohne Zutun des
Emittenten in einer Gegenbewegung nach oben. Wenn dies nicht der Fall
ist, dann kann durch weitere marktmanipulierende Orders, in diesem
Fall Bestens Kauf-Orders, nachgeholfen werden. Diese fast immer
eintretende Gegenbewegung ist für den Emittenten wichtig, da er zu
seiner Risikolimitierung eine Gegenposition (einen Hedge) zu den
emittierten Turbozertifikaten halten muss. Um sein Risiko aus einem
Turbo-Long Zertifikat abzusichern, hält der Emittent beispielsweise
Aktien des dem Zertifikat zugrundeliegenden Titels.
Um nicht zu sehr aufzufallen sind die Akteure findig: Teils arbeiten
Akteure zusammen (Akteure A treibt den Kurs auf die Knock-Out
Schwelle des durch Akteur B emittierten Zertifikats; Akteur B
revanchiert sich dadurch, dasselbe für ein Zertifikat des Akteurs A
zu tun). Sie geben Orders im Zusammenspiel mit Kunden - hinter diesen
versteckt sich häufig der bei Emittenten zuständige Wertpapierhändler
selber oder ein befreundeter Wertpapierhändler. Sie stimmen sogar die
Emissionstätigkeit von Turbo-Zertifikaten so aufeinander ab, dass mit
wenig Aufwand zu Lasten der Kleinanleger wahre Kaskaden nacheinander
purzelnder Knock-Out Schwellen ausgelöst werden können.
Finanzmarktaufsicht schaut weg
Die Finanzmarktaufsicht wäre aufgefordert, diese skandalöse
Vorgehensweise (der Emittenten) zu unterbinden und sich schützend vor
die Endanleger zu stellen. Stattdessen schließt die FMA die Augen und
gibt vor, nichts von dem Skandal zu wissen. "Uns geht es darum, dass
die FMA diesen Dingen auf den Grund geht, denn nur die FMA hat die
relevanten Daten" so Buchner. "Wir sehen es als unsere Aufgabe, die
Öffentlichkeit auf die Versäumnisse der FMA hinzuweisen. Unser Verein
hat sich zum Ziel gesetzt, den Finanzmarkt, die FMA und alle anderen
Marktteilnehmer dazu zu bringen, ihr Instrumentarium effizienter und
besser einzusetzen, um die Anleger WIRKLICH zu schützen. Nicht, indem
wir bitten, sondern, indem wir den notwendigen Druck machen. Unter
anderem auch über Klagen", erklärt Vorstand Philipp Buchner.
Verein für Finanzmarktausgleich und seine Aktivitäten
Der Verein für Finanzmarktausgleich wurde im Oktober 2008
gegründet. Die wesentlichen Anliegen des Vereins sind, Geschädigten
der Finanzkrise zu ihrem Recht zu verhelfen. Konkret geht der Verein
gegen die Finanzmarktaufsicht vor und kämpft für eine
Wiedereinführung der Amtshaftung. Seit letztem Jahr haben sich über
1000 Geschädigte der Finanzkrise beim Verein gemeldet. Jeder
einzelne Fall wird genau geprüft und mit anderen ähnlich gelagerten
Fällen verglichen und in Clustern zusammengefasst. Rechtsanwalt Mag.
Dr. Georg Vetter hat letzte Woche für den Verein für
Finanzmarktausgleich eine Beschwerde gemäß Artikel 140 B-VG
eingebracht, um die Wiedereinführung der Amtshaftung anzustreben.
www.amtshaftung.at
www.turboskandal.at
Rückfragehinweis:
Verein für Finanzmarktausgleich Philipp Buchner Fischhof 3/6, 1010 Wien, Telefon: 01 533 04 04 Pressekontakt: Mag. Sylvia Marz-Wagner mailto:marz-wagner@amtshaftung.at mobil: 0650 8140551
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