• 17.02.2009, 13:47:16
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Österreich ist für blinde und sehbehinderte Menschen keine "Insel der Seligen"!

Fünf wichtige Forderungen für 318.000 Betroffene anlässlich des Besuches der Präsidentin der Weltblindenunion

Die Präsidentin der "World Blind Union", die Australierin Maryanne Diamond, erhält von Mag. Gerhard Höllerer, Präsident des Österreichischen Blinden- und Sehbehindertenverbandes, ein kleines Präsent.

Wien (OTS) - 318.000 Menschen haben in Österreich laut
Behindertenbericht 2008 eine dauerhafte Sehbeeinträchtigung, das sind
3,9 Prozent der Bevölkerung. "Doch der Politik ist diese hohe Zahl an
blinden und sehbehinderten Menschen, immerhin die dritthäufigste
Beeinträchtigung, offensichtlich nicht wichtig genug", stellt Mag.
Gerhard Höllerer, Präsident des Österreichischen Blinden und
Sehbehindertenverbandes (ÖBSV), fest. Anlass für diese Bilanz war der
Besuch einer hochrangigen internationalen Delegation, an der Spitze
die Präsidentin von "World Blind Union" (WBU), die Australierin
Maryanne Diamond (gemeinsam mit Vizepräsidenten Arnt Holte aus
Norwegen und der Kanadierin Penny Hartin, Leiterin des WBU-Büros) im
Dachverband des ÖBSV. Höllerer berichtete der Vorsitzenden der
Weltblindenunion, dass die von der WBU mitverhandelte UN-Konvention
über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Österreich
erfreulicherweise ratifiziert, aber in der Praxis noch lange nicht
umgesetzt ist. Der ÖBSV-Präsident erläuterte dies an folgenden fünf
Hauptanliegen:

1. Angesichts der derzeitigen Wirtschaftskrise gehört dringend ein 
    Beschäftigungsprogramm für blinde und sehbehinderte Menschen ins
    Leben gerufen. Höllerer, auch Vizepräsident der Österreichischen 
    Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (ÖAR), warnt davor, dass 
    in Zeiten wie diesen gerade Menschen mit Behinderungen unter die 
    Räder kommen und in die Armutsfalle tappen. Der ÖBSV-Präsident 
    spricht sich für eine Erhöhung der Ausgleichstaxen aus, damit 
    Unternehmen verstärkt "begünstigte Behinderte" einstellen und 
    kritisiert: "Derzeit kaufen sich immer noch 35 Prozent der  
    Firmen mit Ausgleichszahlungen von der Einstellung begünstigt 
    behinderter Mitarbeiter frei!" Zudem fordert Höllerer eine 
    Anhebung des seit 1987 (!) gleich gebliebenen Freibetrages für   
    erhöhten Aufwand durch Behinderung und warnt eindringlich: "In 
    Zeiten von Bankenhilfspaketen und Verschrottungsprämien darf auf
    keinen Fall auf die Anliegen der blinden und sehbehinderten 
    Menschen vergessen werden!"

 2. Hochqualifizierte Blindenführhunde, ein Mobilitäts- und 
    Orientierungstraining sowie eine Unterweisung in 
    lebenspraktischen Fertigkeiten sind für Menschen mit schweren 
    Sehbeeinträchtigungen unverzichtbar. "Leider werden diese
    wichtigen Maßnahmen für ein selbständiges Leben blinder und 
    stark sehbehinderter Menschen, die nicht im Erwerbsleben stehen,
    nur zu einem geringen Teil bezahlt. Die Betroffenen müssen im  
    21. Jahrhundert für die Ausfinanzierung von Blindenführhunden 
    immer noch betteln gehen", kritisiert Präsident Höllerer.

 3. Barrierefreiheit ist für blinde und sehbehinderte Menschen in 
    Österreich in vielen Bereichen immer noch ein unerfüllter 
    Wunschtraum. "Der öffentliche Raum wird für Personen mit starken
    Sehschwächen oft zu einer gefährlichen Falle, die nicht selten 
    mit schweren Verletzungen endet", erzählt Höllerer. Fehlende 
    taktile Bodeninformationen, das falsche Anbringen von 
    Verkehrszeichen und Postkästen, die mit dem Blindenstock nicht 
    ertastbar sind, machen blinden und sehbehinderten Menschen das 
    eigenständige Leben schwer. "In Zügen, in denen die 
    Ausstiegsrichtung links oder rechts nicht durchgesagt wird, aber 
    beide Türen zu Öffnen sind, kommt es immer wieder zu 
    lebensgefährlichen Situationen, wenn blinde Menschen auf der 
    falschen Seite aussteigen!" Auch geräuschlose Fahrzeuge (z.B. 
    Hybrid- oder Elektroautos bzw. Scooter) sind für visuell stark 
    eingeschränkte Personen nicht hörbar und stellen eine weitere 
    große Gefahrenquelle dar.

 4. Eine weitere Barriere sind die Beipacktexte von Medikamenten. 
    Zwar sind die meisten Arzneimittel mit ertastbaren 
    Braillezeichen versehen, die (lebens-) wichtigen Informationen 
    für deren Verwendung sind für blinde- und sehbehinderte 
    Menschen jedoch nicht lesbar. Der ÖBSV-Präsident forderte daher
    die Installierung einer österreichweiten Hotline für 
    Gebrauchsinformationen von Arzneispezialitäten. Hier läuft 
    bereits seit geraumer Zeit ein erfolgreiches Pilotprojekt in 
    Tirol.

 5. Nicht zuletzt ruft Höllerer die Verantwortlichen im ORF auf, 
    trotz Sparpaketes endlich ihren öffentlich-rechtlichen Auftrag 
    zu erfüllen und etwas für Menschen mit schweren visuellen 
    Beeinträchtigungen zu tun. "Wenn sich der ORF dafür rühmt, 2007 
    sechs (!) Filme und TV-Movies im Hörfilmformat mit 
    Audiodeskription gesendet zu haben, ist das angesichts von 
    318.000 sehbeeinträchtigten Gebührenzahlern ein Hohn. Blinde und 
    hochgradig sehbehinderte Menschen haben einen Anspruch darauf, 
    nicht nur Krimis wie "Ein Fall für zwei" barrierefrei mit 
    Audiodeskription konsumieren zu können." Der ÖBSV-Präsident 
    fordert abschließend, dass Menschen mit starken 
    Sehbeeinträchtigungen, unabhängig vom Haushaltseinkommen, von 
    der GIS-Gebühr befreit werden: "Warum sollen wir für etwas 
    zahlen, was wir kaum nutzen können?"

Bild(er) zu dieser Aussendung finden Sie im AOM/Original Bild
Service, sowie im OTS Bildarchiv unter http://bild.ots.at .

Rückfragehinweis:
Mag. Raimund Lunzer, PR-Referent
Österreichischer Blinden- und Sehbehindertenverband (ÖBSV)
Tel. 0664 / 140 11 77
pr@blindenverband.at
www.blindenverband.at

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NEF

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