• 16.02.2009, 11:00:00
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Tirol: Armut von Erwerbstätigen, aber auch Reichtum nehmen deutlich zu

Innsbruck (OTS) - Die Schere zwischen Armut und Reichtum geht
weiter auseinander - auch in Tirol. Während hohe Einkommen und
Vermögen in den letzten Jahren deutlich zunahmen, stieg zugleich die
Zahl Erwerbstätiger, deren Einkommen nicht zum Leben reicht. Das ist
das wichtigste Ergebnis einer Studie, die am Montag in Innsbruck
vorgestellt wurde. Erarbeitet wurde die Studie von der
"Österreichischen Gesellschaft für Politikberatung und
Politikentwicklung" auf Ersuchen des ÖGB Tirol.

Die wichtigsten Ergebnisse

Jeder zehnte Tiroler und jede zehnte Tirolerin ist
armutsgefährdet. In Tirol waren zuletzt (2006) 70.000 Menschen oder
10 Prozent der Bevölkerung armutsgefährdet, hatten also weniger als
60 Prozent des Durchschnittseinkommens zur Verfügung. Die
Hauptursachen sind, dass immer mehr Arbeitsplätze kein ausreichendes
Einkommen ermöglichen und dass etliche Sozial- und
Sozialversicherungsleistungen nicht mehr ausreichen, um Menschen vor
Armutsgefährdung und Armut zu schützen.

Eine Entwicklung war in den letzten Jahren besonders dramatisch:
Die Armutsgefährdung erwerbstätiger Haushalte hat deutlich
zugenommen. Vor allem neue Erwerbsformen, die zu unregelmäßiger,
nicht ganzjähriger und nicht ganztägiger Beschäftigung führen, haben
die Armutsgefährdung stark erhöht. 2007 hatte nur mehr die Hälfte (52
Prozent) der Tiroler ArbeitnehmerInnen einen "Normalarbeitsplatz",
waren also ganzjährig vollzeitbeschäftigt. Zuletzt (2006) lebten in
Tirol etwa 36.000 "working poor", also Menschen, die trotz
Erwerbsarbeit armutsgefährdet oder arm sind. Mit 16 Prozent ist der
Anteil der "working poor" an den Beschäftigten in Tirol höher als im
Bundesdurchschnitt. Verschärft wird die Situation dadurch, dass die
Einkommen der Tirolerinnen und Tiroler an sich schon bei
Vollzeitbeschäftigten um durchschnittlich 6 Prozent und bei
Teilzeitbeschäftigten um 7 Prozent unter dem österreichischen Schnitt
liegen.

Arbeitslosigkeit verschärft das Risiko von Armutsgefährdung und
Armut. Durchschnittlich 16.400 Tirolerinnen und Tiroler waren 2007
von Arbeitslosigkeit betroffen. Sowohl das durchschnittliche
Arbeitslosengeld wie auch die durchschnittliche Notstandshilfe liegen
in Tirol aber - wie auch in Österreich insgesamt - unter der
Armutsgrenze. Damit waren in Tirol ständig etwa 1.900 Haushalte von
Armutsgefährdung aufgrund von Arbeitslosigkeit eines oder mehrerer
Familienmitglieder betroffen.

Leistungen der öffentlichen Hand senken die Armutsgefährdung. Ohne
Sozialleistungen wären in Tirol nicht 70.000, sondern 166.000
Menschen (24 Prozent der Bevölkerung) armutsgefährdet bzw.
tatsächlich arm. Dennoch sind beispielsweise über 21.000
PensionistInnen in Tirol armutsgefährdet, weil ihre Pensionen mitsamt
Ausgleichszulage unter der Armutsgefährdungsgrenze (2006: 765 Euro)
liegen.

Zugleich nimmt auch der Reichtum auch in Tirol zu - und zwar
deutlich. Die Zahl der Menschen mit hohem Einkommen (über 200 Prozent
des Medianeinkommens) hat zwischen 2002 und 2007 in Tirol um rund
15.000 (oder 51 Prozent) auf etwa 45.500 zugenommen. Zudem sind deren
Einkommen weitaus stärker gestiegen als das durchschnittliche
Arbeitnehmereinkommen. Außerdem gab es 2007 in Tirol in Privaten
Haushalten, Organisationen und Unternehmen Geldvermögen von
schätzungsweise 59,5 Mrd. Euro. Gegenüber 2003 ist das eine Zunahme
um 26,0 Mrd. Euro (oder 78 Prozent).

Die Ergebnisse zeigen, dass das Ungleichgewicht zwischen Armut und
Reichtum auch in Tirol immer größer und spürbarer wird, weshalb eine
Diskussion um mehr Verteilungsgerechtigkeit unumgänglich ist. Denn
der Anteil der Arbeitnehmereinkommen an der gesamten Wertschöpfung
ist deutlich rückläufig, während der Anteil der
Selbständigeneinkommen und Unternehmensgewinne deutlich zunimmt.

Veränderungen müssen dort ansetzen, wo es die größten Probleme
gibt: zur Armutsbekämpfung sind vordringlich die Erhöhung der
Erwerbsbeteiligung und existenzsichernde Beschäftigungsformen bzw.
Einkommen, auch bei den Älteren; weiters Investitionen in die
Bildung, in die Pflegesicherung und die Kinderbetreuung; ebenso eine
Begrenzung der Lebenshaltungskosten, vor allem der Wohnkosten;
außerdem die Sicherung des soziales Netzes und letztlich eine
gerechtere Besteuerung von Einkommen einerseits und Vermögen
andererseits.

Rückfragehinweis:
Öst.Gesell.f.Politikberatung und Politikentwicklung
Dr. Andreas Höferl
Tel.: 0664/1424424
mailto:office@politikberatung.or.at
http://www.politikberatung.or.at

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