- 19.01.2009, 11:36:28
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2. Armuts- und Reichtumsbericht für Österreich präsentiert
Armut bis 2006 konstant hoch, hohe Einkommen und Vermögen deutlich gestiegen

Wien (OTS) - Der "2. Armuts- und Reichtumsbericht für Österreich"
wurde am Montag durch die "Österreichische Gesellschaft für
Politikberatung und Politikentwicklung" in Wien präsentiert. Demnach
war die Armutsgefährdung in Österreich in den letzten Jahren (bis
2006) unverändert hoch, während hohe Einkommen, Vermögen und Reichtum
deutlich zugenommen haben.
1 Mio. Menschen in armutsgefährdeten, 700.000 in reichen Haushalten
In Österreich lebten zuletzt etwa 1 Million Menschen in
armutsgefährdeten Haushalten. Die Armutsgefährdungsquote ist seit
Jahren mit etwa 12 bis 13 Prozent der Bevölkerung unverändert hoch.
Jedoch haben bis zu 2 Millionen Menschen Probleme, mit ihrem
Einkommen auszukommen. Von Armutsgefährdung sind vor allem
Arbeitslose, Menschen mit prekärer Arbeit oder geringer Bildung,
AlleinerzieherInnen, kinderreiche Familien sowie MigrantInnen
betroffen. Armut zeigt negative Folgen vor allem auf Gesundheit,
Wohnqualität, die Bildung der Kinder, individuelle
Verwirklichungschancen und soziale Teilhabe.
Gleichzeitig nahm in Österreich der Reichtum zu. Die Zahl von
Erwerbstätigen mit hohen Einkommen hat innerhalb von vier Jahren um
52 Prozent auf über 570.500 zugenommen. Rund 700.000 Menschen (8% der
Bevölkerung) leben in Haushalten mit hohen Einkommen. Die Zahl
Super-Reicher ist innerhalb von vier Jahren um 17 Prozent auf rund
70.000 gestiegen, die Zahl der Privatstiftungen sogar um 28 Prozent
auf 3.200.
Geld- und Sachvermögen um 63 % auf 3.440 Mrd. Euro gestiegen
Die Geldvermögen wurden in Österreich in den letzten 10 Jahren auf
fast 2.155 Mrd. Euro mehr als verdoppelt. Den Großteil besitzen die
Finanzwirtschaft (1.298 Mrd. Euro) und die Wirtschaft (297 Mrd.
Euro), etwa ein Fünftel (454 Mrd. Euro) private Haushalte und
Organisationen, knapp 105 Mrd. Euro der öffentliche Sektor.
Die Sachvermögen (Erwerbsvermögen der Wirtschaft, öffentliche und
private Gebrauchs-, Verbrauchs- und Spekulationsvermögens) betragen
zumindest 1.266 Mrd. Euro. Geld- und Sachvermögen zusammen sind von
2.105 auf 3.440 Mrd. Euro bzw. 63 Prozent gestiegen.
Kleine Einkommen stiegen schwach, hohe Einkommen stark
Die Analyse der Einkommensentwicklung zeigt: der Anteil der
ArbeitnehmerInnen-Entgelte am Bruttoinlandsprodukt ist weiter
zurückgegangen und 2004 erstmals unter 50 Prozent gesunken. Im
untersten Einkommensdrittel betrug der Einkommenszuwachs in den
letzten 10 Jahren nur insgesamt 9 Prozent, im obersten dagegen über
40 Prozent.
Immer weniger "Normalarbeitsplätze", rd. 230.000 "working poor"
Nur mehr 57 Prozent der unselbständigen Beschäftigungen waren
zuletzt (2006) "Normalarbeitsplätze", also ganzjährige
Vollzeitbeschäftigungen. Der Anstieg atypischer Beschäftigungen mit
geringen Einkommen wird immer stärker spürbar. Die Zahl der Menschen,
die trotz Erwerbstätigkeit armutsgefährdet sind ("working poor"),
beträgt rund 230.000 (plus 12% gegenüber 2003).
Selbständigeneinkommen und Betriebsüberschüsse sind gestiegen
Selbständigeneinkommen und Betriebsüberschüsse nahmen weiter zu,
ihr Anteil am Bruttoinlandsprodukt stieg 2005 erstmals über 40
Prozent. Die starken Einkommenszuwächse waren zusehends von den
Wachstumsraten der Wirtschaft entkoppelt.
Auch die Vermögenseinkommen haben weiter (auf über 62 Mrd. Euro)
zugenommen. Vor allem Zinsen haben eine stark umverteilende Wirkung
nach oben.
Sozialquote stagnierte bei knapp 29 Prozent
Die Einkünfte aus umverteilten Einkommen bzw. ihr Anteil am
Bruttoinlandsprodukt (die "Sozialquote") stagnierten dagegen in den
vergangenen Jahren (bei knapp 29 Prozent) und betrugen zuletzt (2005)
knapp 71 Mrd. Euro. Überdurchschnittlich sind in den letzten Jahren
vor allem die Ausgaben für Arbeitslose und Sozialhilfe gestiegen,
während andere Leistungen nicht erhöht oder gekürzt wurden. Ohne
Sozial- und Sozialversicherungsleistungen wären in Österreich 43
Prozent der Bevölkerung armutsgefährdet.
Armut und Armutsgefährdung trotz Sozialleistungen
Trotz Sozial- und Sozialversicherungsleistungen bestanden bis
zuletzt (2006) Armut und Armutsgefährdung: So liegen das
durchschnittliche Arbeitslosengeld und die durchschnittliche
Notstandshilfe in Österreich unter der Armutsgefährdungsgrenze. Auch
Pensionist/innen-Haushalte weisen eine überdurchschnittliche
Armutsgefährdungsquote auf. Die Ausgleichszulagenrichtsätze hinken
den aktuellen Armutsgrenzen hinterher. Der zunehmende Betreuungs- und
Pflegebedarf erhöht die Armutsgefährdung von betreuenden, pflegenden
Angehörigen, wenn diese ihre Erwerbstätigkeit einschränken (müssen).
Trotz verschiedener Familienleistungen ist die Armutsgefährdung von
Haushalten mit Kindern nach wie vor überdurchschnittlich, vor allem
von kinderreichen, von alleinerziehenden und von Haushalten mit
kleinen Kindern. Insgesamt lebten zuletzt (2006) in Österreich rund
260.000 Kinder in armutsgefährdeten Haushalten (plus 33.000 oder 15%
gegenüber 1999).
Einfluss der Steuerpolitik auf Armut und Reichtum
Die Steuerpolitik hat maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung
von Armut und Reichtum. Die Steuern auf Erwerbsarbeit und
Einkommensverwendung sind in den letzten Jahren (seit 2004) weit
stärker - um zusammen rund 7 Mrd. Euro - gestiegen als Steuern auf
Vermögen bzw. Vermögenseinkommen (nur plus 200 Mio. Euro), obwohl
diese weit größer sind als die Einkommen. Die Steuern auf
Erwerbseinkommen und deren Verwendung betrugen 2008 rund 60,4 Mrd.
Euro (2004: 53,4 Mrd. Euro). Auch im internationalen Vergleich zeigt
sich, dass Österreich kein Hochsteuerland ist, bei der
Vermögensbesteuerung weist unser Land sogar die geringste der
gesamten OECD aus.
Für Verwirklichungschancen sorgen, um Armut zu bekämpfen
Wer Armut bekämpfen will, muss neben ausreichendem Einkommen (etwa
durch eine bedarfsorientierte Mindestsicherung) aber vor allem für
Verwirklichungschancen (durch Bildung, Einkommen, soziale und
öffentliche Dienste usw.) sorgen.
Armut wurde Thema der politischen Diskussion
Armut und die Notwendigkeit von Armutsbekämpfung haben in der
österreichischen Politik im Laufe der vergangenen zehn Jahre eine
Verankerung gefunden. Es ist Bewegung in die Diskussion gekommen.
Deutlich mehr politische Maßnahmen zur Armutsbekämpfung wurden ab
2007 gesetzt. Allerdings wird der Zusammenhang mit Reichtum und einer
gerechten Verteilung zum Zwecke der Armutsbekämpfung noch zu wenig
hergestellt.
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Rückfragehinweis:
Österr. Gesell. f. Politikberatung und Politikentwicklung - ÖGPP
1230 Wien, Gregorygasse 21-27/7/1
www.politikberatung.or.at
mailto:office@politikberatung.or.at
Mobil: 0664/1427727
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