- 28.11.2008, 09:00:00
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Venture Capital in Österreich: Maßnahmen zur Belebung dringend erforderlich
Wien (WIFO) - Der Markt für Venture Capital ist in Österreich im
Vergleich zum europäischen Gesamtmarkt klein: Während in Europa der
Mittelzufluss in Venture-Capital-Fonds 0,05% des nominellen
Bruttoinlandsproduktes ausmacht, beträgt dieser Anteil in Österreich
nur 0,005% (2006). Zudem blieb die Mittelaufbringung in den letzten
Jahren im europäischen Vergleich zurück (Abbildung 1). Das WIFO
befragte im Frühjahr 2008 gemeinsam mit der Austrian Private Equity
and Venture Capital Organisation (AVCO) österreichische
Finanzintermediäre zu den Ursachen des Mangels an Wagniskapital und
mögliche Maßnahmen zu dessen Ausweitung.
Sowohl theoretische Modelle als auch empirische Untersuchungen
bestätigen die entscheidende Rolle von Wagniskapital für die
Finanzierung und Umsetzung von Innovations- und
Internationalisierungsprojekten. Die positive Wechselwirkung zwischen
Venture Capital und innovationsgetriebenem Wachstum und der damit
verbundene gesamtwirtschaftliche Strukturwandel untermauern, dass dem
Aufbau breiter und tiefer Märkte für Venture Capital vermehrt
wirtschaftspolitische Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte.
Wie die Ergebnisse der Umfrage von WIFO und AVCO zeigen, dämpft
das hohe Risiko von Kapitalverlusten die Bereitschaft zur Investition
in Wagniskapital am stärksten. Dass keine vergleichbaren
Ertragskennzahlen der Venture-Capital-Fonds veröffentlicht werden,
ist eine weitere wichtige Ursache des niedrigen Marktvolumens in
Österreich. Die österreichischen Finanzintermediäre kritisieren das
Fehlen von stetigen Rückflüssen aus den Fonds und von Möglichkeiten
zur breiteren Streuung ihrer Beteiligungen. Hoher Kontrollaufwand und
unzureichende Kenntnis der Betreuungsqualität durch das
Fonds-Management werden ebenfalls angeführt. Als institutionelle
Gründe gelten rechtliche Investitionsbeschränkungen und die mangelnde
Integrierbarkeit von Venture Capital in bestehende
Asset-Liability-Management-Systeme.
Derzeit stockt die Gründung von Venture-Capital-Fonds in
Österreich, weil es keine wirtschaftlich attraktive Gesellschaftsform
für Wagniskapital gibt. Nach dem Auslaufen der
Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft als Gesellschaftsform für
Venture-Capital-Fonds benötigt Österreich dringend ein eigenständiges
und international wettbewerbsfähiges Private-Equity-Gesetz.
Aus den Umfrageergebnissen leitet die Studie von WIFO und AVCO
Vorschläge für Maßnahmen zur Belebung des Venture-Capital-Marktes in
Österreich ab:
- Für Investoren ist die Ausweitung der Streuungsmöglichkeit von
großer Bedeutung. Das dazu erforderliche größere Fondsvolumen kann z.
B. durch die Einrichtung von Dachfonds erzielt werden. Bei zu kleinem
Fondsvolumen würde die Fortführung der Kapitalgarantien durch die
Austria Wirtschaftsservice eine Ersatzlösung bieten.
- Für risikoscheue Investoren vermindern Kapitalgarantien besonders
in der Anlaufphase die negativen Folgen des Fehlens von Informationen
über Managementqualität und Ertragskennzahlen.
- Der Aufbau einer Datenbank mit historischen Ertragskennzahlen für
österreichische Venture-Capital-Fonds ist für die Bewertung von
Frühphasenfinanzierungen in bestehenden
Asset-Liability-Management-Systemen notwendig. Die AVCO oder die
Oesterreichische Kontrollbank könnte als Informationssammelstelle
fungieren.
- Auf institutioneller Ebene können Frühphasenfinanzierungen durch
eine Lockerung der gesetzlichen Veranlagungsvorschriften vor allem in
der Versicherungswirtschaft ausgeweitet werden. Pensionskassen nützen
die bestehenden rechtlichen Freiräume für Frühphasenfinanzierungen
nicht aus. Der forcierte Ausbau von Lebenszyklusmodellen in den
Veranlagungs- und Risikogemeinschaften könnte deren Zurückhaltung
abbauen.
Abbildung 1: Mittelaufbringung von Venture-Capital-Fonds in
Österreich - auf der WIFO-Website
(http://www.wifo.ac.at/wwa/jsp/index.jsp?&fid=12)
Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht
11/2008
(http://www.wifo.ac.at/wwa/jsp/index.jsp?fid=23923&id=34402&typeid=8&
display_mode=2) oder der folgenden Studie von WIFO und AVCO im
Auftrag der austria wirtschaftsservice gesellschaft mbH und des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit: Jürgen Marchart, Thomas
Url, Hemmnisse für die Finanzierung von Frühphasen- oder
Venture-Capital-Fonds in Österreich (63 Seiten, 40 Euro, kostenloser
Download:
http://www.wifo.ac.at/wwa/jsp/index.jsp?fid=23923&id=32579&typeid=8&d
isplay_mode=2)!
Rückfragehinweis:
Dr. Thomas Url
Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung - WIFO
Tel. +43 1 798 26 01-279 * Fax. +43 1 798 93 86
mailto:Thomas.Url@wifo.ac.at
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