• 12.11.2008, 12:07:22
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Österreichs Schulen brauchen mehr interreligiösen Dialog

Wiener Religionspädagoge Martin Jäggle forderte bei Studientag für katholische, evangelische und muslimische Religionslehrer zum Thema "Gewalt überwinden" auch Friedenspädagogik im Sinne des biblischen "Schalom"

Wien, 12.11.08 (KAP) Die multireligiöse Realität stellt viele
Schulleitungen vor "komplexe Herausforderungen", notwendig seien mehr
Dialog und eine Abkehr von der bisher gängigen "Religionsblindheit":
Das betonte der Religionspädagoge und Dekan der Wiener
Katholisch-Theologischen Fakultät, Prof. Martin Jäggle, bei einem
Studientag für katholische, evangelische und muslimische
Religionslehrer zum Thema "Gewalt überwinden" in Wien. Veranstalter
waren die Kirchliche Pädagogische Hochschule (KPH) in
Wien-Strebersdorf und das Institut Islamischer Religionsunterricht.

Schulleitungen und Lehrerkollegien sollten das Potenzial des
angebotenen Religionsunterrichts - katholisch, evangelisch, orthodox,
islamisch, israelitisch - besser nützen, so Jäggle. Eine
"religionssensible Bildung", zu der auch fächerübergreifende
Dialog-Projekte gehören, sollte gefördert werden. Wie Jäggle betonte,
sei insbesondere die Etablierung einer "Friedenspädagogik" notwendig,
die "beim konkreten Handeln ansetzt". Grundgedanke dabei sei der
Zusammenhang von Friede und Gerechtigkeit im Sinne des biblischen
"Schalom".

Die evangelische Theologin Prof. Susanne Heine betonte die
Notwendigkeit, Bibel-, Koran- und Kirchenväter-Texte im historischen
Kontext zu lesen. Dann zeige sich, dass die verbreitete
Gegenüberstellung des Christentums als "Religion der Bergpredigt" und
des Islam als "Religion der gewaltsamen Glaubensverbreitung" nicht
haltbar sei. Historisch gesehen stehe die Bergpredigt im Kontext der
"politischen Ohnmacht" der Jesus-Gemeinde im Römischen Reich, in der
Bibel gebe es aber durchaus auch Texte über Gewalt gegen
Andersgläubige. Insgesamt zeige sich - und das gelte für Judentum,
Christentum und Islam -, dass "Religion immer dann gewalttätig ist,
wenn sie Staatssache wird".

Muslim: Auch Mohammed sprach zeitgebunden

Auch der islamische Religionspädagoge Amir Zaidan verwies auf den
jeweiligen historischen Kontext der "berüchtigten" Koranverse über
Gewalt rechtfertigende Befehle Mohammeds gegen Nichtmuslime bzw.
Abtrünnige. Heute gebe es eine moderne Auslegungstechnik des Koran,
in der auf die Zeitgebundenheit dieser Aussagen hingewiesen werde. Im
modernen Rechtsstaat, "der areligiös ist", könne etwa Glaubensabfall
nicht - wie im 7. Jahrhundert - mit Hochverrat gleichgesetzt werden,
erklärte Zaidan. Hier gebe es ein allmähliches Umdenken in den
verschiedenen Rechtsschulen des Islam. Auch die Legitimität von
Selbstmordattentaten werde immer öfter offen bestritten, sogar von
wahabitischen saudiarabischen Geistlichen, so Zaidan.

Der evangelische Religions-Fachinspektor Alfred Garcia Sobreira-Majer
würdigte die bereits fünfjährige Tradition gemeinsamer Studientage
für katholische, evangelische und muslimische Religionslehrer. Es
habe einer so langen Zeit bedurft, damit man sich an das brisante
Thema "Gewalt" heranwagen konnte.

Die Organisatorin der Studientage, Sonja Haberbusch, verwies auf die
Chancen eines Dialogs, in den Erfahrungen aus der Schulpraxis
einfließen. Haberbusch und Jäggle präsentierten auch das neue Buch
"Das ginge eigentlich die ganze Welt etwas an - Interreligiöser
Dialog an österreichischen Schulen". Darin sind zahlreiche
Projektberichte aus der schulischen Praxis zusammengefasst. (ende)
K200810262
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