Wien (OTS) - Zur hundertsten Wiederkehr seines Geburtstages widmet
das Jüdische Museum Wien in Zusammenarbeit mit der Wienbibliothek
Friedrich Torberg eine Ausstellung: "Die Gefahren der Vielseitigkeit"
spricht das Multitalent Torberg an, der als Schriftsteller,
Publizist, Journalist, Übersetzer, Herausgeber und kulturell und
politisch streitbarer Geist wirkte und dabei große Anerkennung, aber
auch manche Kritik fand. Zu sehen ist die Schau, die dem Besucher
Leben und Werk Torbergs mit zahlreichen Exponaten, Schrift- und
Bilddokumenten, abgerundet von abrufbaren Fernseh- und
Audiobeiträgen nahebringt, vom 17. September 2008 bis 1. Februar
2009. Sie akzentuiert damit auch, als 150. Ausstellung, das
15-Jahr-Jubiläum, welches das Museum im November dieses Jahres
feiert.****
40.000 Briefe in der Wienbibliothek
Einen gewichtigen Beitrag zur Schau brachte die Wienbibliothek
ein, die aus dem Nachlass von Torberg über rund 40.000 Briefe
verfügt, die der leidenschaftliche Briefschreiber selbst archiviert
hatte. Die Liste der Korrespondenz-Partner reicht von Erich Maria
Remarque über Robert Neumann, Heimito von Doderer, Leo Perutz,
Ingeborg Bachmann bis zu Weltstar Marlene Dietrich, mit der Torberg
eine lange, freundschaftliche Beziehung verband. Die Briefpartner
geben einen Eindruck des intellektuellen Umfelds, in dem sich Torberg
bewegte.
Der als Friedrich Ephraim Kantor 1908 Geborene war als
Jugendlicher erfolgreicher Sportler, Wasserballer bei Hakoah Wien
und, nach der Übersiedlung seiner Familie, auch in Prag. Bereits 1930
hatte er mit seinem seiner Schulzeit nachempfundenen Roman "Der
Schüler Gerber hat absolviert" einen Sensationserfolg, an den er in
dieser Publikumswirksamkeit erst mit seinem "Untergang des
Abendlandes in Anekdoten" und der "Tante Jolesch" in späten Jahren
wieder anschließen konnte. Das literarische Werk, Leben und Frauen,
Exil, kalter Krieg, Judentum, Israel und Sport sind wesentliche
Kapitel, in denen die Ausstellung ein Bild Torbergs zeichnet.
Das Leben Friedrich Torbergs, als Privatmensch wie als Mann der
Sprache, wurde wesentlich von der Geschichte mitgeprägt. Der
behüteten Kindheit in Wien und Prag, dem rasanten Aufstieg zum
erfolgreichen Schriftsteller und Mittelpunkt intellektueller
Kaffeehausrunden in beiden Städten folgten schwierige Jahre im Exil,
in das er von den Nationalsozialisten getrieben wurde. In Hollywood
wurde er nicht glücklich, auch New York, wo er seine Frau Marietta
kennenlernte, wurde ihm nicht zur Heimat. 1951 kehrte er nach Wien
zurück und wurde hier zu einer dominierenden Erscheinung im
Kulturbetrieb: als Kritiker, Herausgeber der Zeitschrift FORVM,
später kongenialer Übersetzer der Satiren von Ephraim Kishon und
Herausgeber vergessener Autoren wie Peter Hammerschlag und
Herzmanovsky-Orlando. Zugleich brachte er mit dem von ihm
mitgetragenen Wiener Brecht-Boykott den Kalten Krieg in die Kultur
und positionierte sich als streitbarer und unversöhnlicher
Antikommunist.
Das Jüdische Museum gibt ein umfassendes Bild des Vielseitigen
und widmet auch seinem Erzählwerk zwischen seinen größten Erfolgen
die entsprechende Aufmerksamkeit: Werke wie der Sportroman "Die
Mannschaft", Auseinandersetzungen mit grundsätzlichen Fragen von
Schuld und Sühne wie "Mein ist die Rache", die Lebensbeichte eines
jüdischen Nazispions "Hier bin ich, mein Vater" und Torbergs
jüdisches Minnesängerepos "Süßkind von Trimberg" sind in ihrer
Entstehungsgeschichte und Reflexion dargestellt.
Das selbstbewusste Bekenntnis zum Judentum Torbergs, das schon in
seiner jugendlichen Mitgliedschaft bei den jüdischen Sportvereinen
geprägt wurde, spricht die Schau in mehrfacher Hinsicht an. So auch
mit Torbergs Auseinandersetzung mit der Aufarbeitung der
NS-Gewaltverbrechen durch die österreichische Justiz, begleitet von
Zeichnungen von Georg Chaimowicz zu diesem Thema. Die Nähe zum Staat
Israel dokumentiert eine nicht vollendete "Hymne", die Torberg
gemeinsam mit Arnold Schönberg schaffen wollte.
Die Ausstellung ist Sonntag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr im
Jüdischen Museum Wien, 1., Dorotheergasse 11, zu sehen. Eintritt:
6,50 Euro, ermäßigt 4 Euro, freier Eintritt für Schulklassen. Ein
umfangreicher Katalog begleitet die Schau.
o Weitere Informationen: Jüdisches Museum Wien Tel.: 535 04 31 E-Mail: info@jmw.at Internet: www.jmw.at
(Schluss) gab
Rückfragehinweis:
PID-Rathauskorrespondenz:
www.wien.at/vtx/vtx-rk-xlink/
Dr. Alfred Stalzer
Mediensprecher des Jüdischen Museums
Tel.: 505 31 00
E-Mail: alfred.stalzer@aon.at oder presse@jmw.at
Anfragen zur Wienbibliothek:
Mag. Suzie Wong
Tel.: 4000-84926
E-Mail: suzie.wong@wienbibliothek.at
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