• 11.08.2008, 17:00:00
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Wiener Zeitung: Unterbergers Tagebuch: Unsere bösen Hausherren

Ausgabe vom 12. August 2008

Wien (OTS) - Was den Rechtsparteien die Ausländer, sind den
Sozialdemokraten die Hauseigentümer: hemmungslos attackierbare
Aggressionsobjekte. Die Rechten übersehen, dass das Land
qualifizierte und leistungswillige Ausländer dringendst braucht
(unqualifizierte oder kriminelle Ausnützer unseres üppigen
Sozialsystems freilich nicht). Die SPÖ übersieht, wie entscheidend
die bösen Hausherrn für die Lösung des Wohnproblems sind. (Was nicht
heißt, dass man nicht viel konsequenter gegen hemmungslose und
korruptionsbereite Stadtbild-Verschandler vorgehen sollte.)

Optimisten haben seit Ende der 60er Jahre glauben können, dass die
kontraproduktive Regulierung der Mieten langsam schwinden wird. Seit
den damaligen Liberalisierungsschritten ist in der Tat viel zur
Sanierung von Häusern und zur Schaffung neuen Wohnraums geschehen.
Wieder einmal hat das logische Prinzip funktioniert: Können
gewinnbringende Mieten verlangt werden, gibt es bald mehr und
besseren Wohnraum. Ganz ohne dass man einer Partei zu servilem Dank
verpflichtet würde.

Das Gegenteil kann man bisweilen heute noch im Osten als Folge des
realen Sozialismus beobachten: Die Mieten waren minimal - und ganze
Stadtviertel waren deshalb verwahrloste Slums geworden.
Freilich ist auch in Österreich noch immer zu viel Regulierung
geblieben, insbesondere durch das marktwidrige Richtwert- und
Kategorie-System. Dieses bündelt auch die Anpassungen der Mietzinse
an die Inflation österreichweit auf Stichtage. Und löst daher -
Überraschung, Überraschung - an diesen Tagen hohe Inflations-Sprünge
aus. Aus Angst davor hat man schon im Frühjahr (die ÖVP in ihrer
derzeitigen Schwäche hat zugestimmt) eine fällige Erhöhung reduziert.
Und nun steht zufällig vor der Wahl eine noch viel größere
Mietsteigerung an! Daher will die Justizministerin voller Panik diese
Erhöhung hinausschieben. Obwohl vielerorts sogar schon die
Mietvorschreibungen ausgestellt sind.

Das ist nicht nur peinlich dilettantischer Sozial-Populismus
(daher ganz auf der Linie auch der nationalen FPÖ-Sozialisten). Noch
schlimmer ist, dass eine Verschiebung später zu einem noch viel
stärkeren Inflationsschock führen wird. Mit dann wirklich
katastrophalen Folgen.

Sollte man nicht Mieterhöhungen ganz verbieten? Dann schauen
unsere Städte in ein paar Jahren halt so aus wie 1989 Prag und
Budapest. So viel zur sozialen Wärme.

http://www.wienerzeitung.at/tagebuch

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Wiener Zeitung
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Tel.: 01/206 99-478
mailto:redaktion@wienerzeitung.at

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