• 30.07.2008, 13:40:24
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Berger bilanziert das Justizressort: Vieles ist weitergegangen

Großes Bedauern, dass Familienrechtsreform, Gruppenklage und Jugendgerichtshof nicht umgesetzt werden konnten

Wien (SK) - Ein "großes Anliegen", das in den letzten eineinhalb
Jahren umgesetzt werden konnte, ist für Justizminister Maria Berger
das Haftentlastungspaket, das seit 1. Jänner in Kraft ist. Bei ihrem
Amtsantritt war die Justizministerin mit einem "nicht verantwortbarem
Überbelag" in den Haftanstalten konfrontiert. Ein weiterer
Schwerpunkt war der Opferschutz. Hier konnte bereits Einiges
umgesetzt werden. Berger hofft aber noch auf den Beschluss des
Zweiten Gewaltschutzgesetzes beim Sommerministerrat am 12. August.
"Die Verhandlungen mit der ÖVP-Seite sind hier so weit
fortgeschritten und so gut gelaufen, dass ich davon ausgehe, dass wir
dieses Projekt beschließen können", so Berger am Mittwoch in einer
Pressekonferenz ****

Das Ziel des Haftentlastungspakets war es, innerhalb eines Jahres den
Häftlingsstand um 10 Prozent zu reduzieren, tatsächlich konnte die
Häftlingszahl bereits nach einem halben Jahr um 12 Prozent reduziert
werden. "Ich glaube, das ist im Sicherheitsinteresse der
österreichischen Bevölkerung gelegen, wenn wir uns nun verstärkt der
Rückfallprävention widmen können und wenn wir den Tätern bei der
Resozialisierung besser helfen können, als in Anstalten mit
Überbelag."

Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt ist für Berger die Verbesserung
des Opferschutzes. So wurden die budgetären Mittel für die
Prozessbegleitung erhöht, auch wurden die Opferrechte ausgeweitet und
von den Opfern "sehr sehr positiv aufgenommen". Hier ist etwa die
Möglichkeit zu nennen, gegen Verfahrenseinstellungen der
Staatsanwaltschaft vorzugehen und einen Fortführungsantrag zu
stellen. Auch die Koordinationsstelle, die vom "Weißen Ring" betreut
wird, "wurde sehr häufig und mit steigender Frequenz in Anspruch
genommen".

Seit 1. Jänner ist auch das neue und verschärfte
Korruptionsstrafrecht in Kraft. Auch die Errichtung der
Anti-Korruptionsstaatsanwaltschaft wird weiterhin zügig vorbereitet
und soll wie geplant mit 1. Jänner 2009 ihren Betrieb aufnehmen. Die
Stelle des Leiters ist derzeit ausgeschrieben, dazu kommen vier
weitere Staatsanwälte. Weiteres Personal könne derzeit leider wegen
der ausbleibenden Budgetierung aufgrund der Unterbrechung der
Legislaturperiode nicht eingesetzt werden. Berger verwies auch auf
die neue gesetzliche Verankerung der Staatsanwälte und auf die
Transparenz-Regelungen. So müssen Weisungen, die vom
Justizministerium an die Staatsanwaltschaft ergehen, offengelegt
werden.

Auch habe die internationale Zusammenarbeit einen höheren Stellenwert
erhalten. Als zwei prominente Fälle seien hier etwa die Auslieferung
von Ex-Bawag-Chef Helmut Elsner und dem Rechtsradikalen Gerd Honsik
zu nennen, resümierte Berger.

Sehr gut angenommen werden auch die Ombudsstellen, die letztes Jahr
an allen vier Oberlandesgerichten eingerichtet wurden. "Damit gibt es
jetzt eine Anlaufstelle für alle Bürgerinnen und Bürger, die ein
Anliegen an die Justiz haben."

Zweites Gewaltschutzgesetz - Anzeigepflicht-Neuregelung

Das Zweite Gewaltschutzgesetz beinhaltet etwa die Prozessbegleitung
auch bei Zivilrechtsverfahren, einen eigenen Straftatbestand bei lang
andauernden Gewaltbeziehungen und weitere Maßnahmen im Kampf gegen
häusliche Gewalt. Änderungen gibt es auch bei der Anzeigenpflicht.
Künftig soll es eine erweiterte Meldepflicht für die mit Kindern
arbeitenden Berufsgruppen geben und die Jugendwohlfahrtsbehörden zur
Anzeige verpflichtet sein. Wenn aber die Durchführung eines
Strafverfahrens zu Lasten des Opfers gehen würde, dann soll der
Staatsanwalt das Verfahren rückstellen. "Das Wichtigste ist uns hier
der Schutz der Minderjährigen. Und wenn es nicht anders geht, dann
muss der Staatsanwalt eben warten." Die Justizministerin rechnet für
das zweite Gewaltschutzgesetz mit einer Beschlussfassung im
Sommerministerrat.

Bei anderen Maßnahmen sei das leider nicht so, verweist Berger auf
das Familienrechtsänderungsgesetz und die Gleichberechtigung
homosexueller Lebensgemeinschaften, die Gruppenklage sowie auf die
Jugendgerichtsbarkeit. "Hier wird die Arbeit nach der Neuwahl
weitergehen müssen", so Berger.

Jugendgerichtshof: Molterer konnte nicht über ideologischen
Schatten springen

Das Projekt des neuen Jugendgerichtshofs, als Jugendkompetenzzentrum
mit Haftanstalt und Jugendgericht, sei den abgesagten Budget- und
Planstellenverhandlungen aufgrund der Neuwahl zum Opfer gefallen.
"Tatsache ist, dass der Finanzminister die Vorarbeiten genehmigt
hatte. Als es jetzt aber darum gegangen ist, die letztendliche
Genehmigung zu bekommen, hat es sich plötzlich gespießt." Obwohl
Bergers Projekt billiger käme als das ursprünglich geplante Projekt,
nämlich ein komplettes zweites Wiener Straflandesgericht auf diesem
Platz zu errichten, ist das Jugendkompetenzzentrum nicht genehmigt
worden. "Ich denke, dass hier einfach der ideologische Schatten sehr
hoch gewesen ist, über den Finanzminister Molterer in seiner
Eigenschaft als ÖVP-Vorsitzender nicht springen wollte. Es war ja
immerhin auch unter Beteiligung der ÖVP, dass der alte
Jugendgerichtshof zugesperrt wurde", sagte Maria Berger.

Verbesserung des Anlegerschutzes

Wofür sich Berger in ihrem Ressort einsetzen werde, ist die
Verbesserung des Anlegerschutzes und mehr Transparenz auf den
Kapitalmärkten. Hier zeige eine Analyse der aktuellen Fälle "einige
Schwachstellen". Während es etwa für Allgemeine Geschäftsbedingungen
klare Vorgaben gibt, was die Verständlichkeit betrifft, gilt das für
Börseprospekte nicht. Auch bei der Werbung müsste es zu klaren
gesetzlichen Vorgaben kommen. Bei Medikamenten etwa gebe es immer den
Hinweis über etwaige Risken, ähnliches sollte es auch bei der
Bewerbung von Anlagen und Wertpapieren geben. Auch sollte die
Übernahmekommission gestärkt werden. "Damit sie früher einschreiten
kann und erweiterte Ermittlungsbefugnisse bekommt." Auch sollten
Gesellschaften, die im Ausland ihren Sitz haben, aber in Österreich
auftreten, einen inländischen Zustellbevollmächtigten haben müssen.
Auch mehr Transparenz in Hinsicht auf alle Verträge, die rund um eine
Anlageprodukt eingegangen werden, will Berger, etwa bei
Management-Verträge oder Regelungen bezüglich Provisionen oder
Bezüge. Auch eine Verstärkung der Aktionärsrechte im Rahmen der
Hauptversammlung ist angedacht.

"Wichtig in diesem Bereich ist sicher eine funktionierende
Finanzmarktaufsicht", weist Berger auf einige Verbesserungen in
diesem Bereich hin, betont aber, dass die FMA noch mehr gestärkt
werden sollte und hier auch ihre Unabhängigkeit. Die Finanzierung
soll daher ausschließlich von staatlicher Seite erfolgen. "Die
Tatsache, dass hier die zu Beaufsichtigenden mitfinanzieren,
erscheint mir nicht wirklich geeignet, die Unabhängigkeit dieser FMA
auch tatsächlich herzustellen." Auch soll die FMA, genau wie alle
anderen Behörden, der Amtshaftung unterliegen. Diesbezüglichen
anderen Plänen des Finanzministers, dass die Amtshaftung
eingeschränkt beziehungsweise abgeschafft werden soll, erteilte
Berger damit eine neuerliche Absage. Eine Einschränkung der
Amtshaftung in dem Sinn, dass nur mehr die grob fahrlässige und die
vorsätzliche Amtshaftung gegeben ist, wäre lediglich denkbar, wenn es
"einen wesentlich stärkeren Anlegerschutz" wie etwa in Deutschland
gibt.

Auch hier wäre es wichtige gewesen, eine Gruppenklage für die
Vielzahl der Geschädigten zur Verfügung zu haben. Dies sei leider an
der ÖVP gescheitert.

Bekämpfung der Teuerung durch Verhindern der Mietsteigerungen
von 5,6 Prozent im Herbst

Ein weiteres wichtiges Projekt für den Ministerrat am 12. August sei
die Abwendung der drohenden Index-Anpassung für den Herbst bei den
Kategorie-Mieten und anderen Bereichen des Wohnrechts. Anstelle der
5-prozentigen Index-Schwelle soll eine 10-prozentige Index-Schwelle
treten, bevor es zu einer Anhebung der Mieten kommt.

Leider sei Wirtschaftsminister Bartenstein trotz anderslautender
Zusagen bisher säumig, was die Umsetzung der Reduzierung der
Obergrenzen bei den Makler-Provisionen betrifft. "Ähnliches gilt für
die Vergebührung der Mietverträge", hier sei Finanzminister Molterer
untätig.

Wettbewerbsbehörde und Kartellanwalt sollten aufgestockt
werden

Die Justizministerin sprach sich dagegen aus, dass die
Bundeswettbewerbsbehörde und der Kartellanwalt, der beim
Justizministerium ressortiert ist, zusammengelegt werden, "da ein
gewisser Wettbewerb auch zwischen den Behörden durchaus wünschenswert
ist." Beide Institutionen sollten aber gestärkt werden und
zusätzliche Ressourcen und Befugnisse erhalten.

Angefragt auf die Untersuchungshaft für Tierschützer erklärte Berger,
dass die Entscheidung eine Beurteilung mehrer Gerichte war, sowohl
des Landesgerichts Wiener Neustadt, als auch des OLG Wien. Ebenfalls
auf Anfrage betonte Berger, sie wolle die gerichtliche Entscheidung
bezüglich BZÖ-Vorsitzenden Peter Westenthaler nicht kommentieren, sei
aber überzeugt, dass sich die österreichischen Richter und
Staatsanwälte "durch die Anwürfe dieser Art nicht beeindrucken
lassen". (Schluss) up

Rückfragehinweis:
SPÖ-Bundesorganisation, Pressedienst, Tel.: 01/53427-275,
Löwelstraße 18, 1014 Wien, http://www.spoe.at/online/page.php?P=100493

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