• 22.07.2008, 11:18:12
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Falter: Korruptionsbehörde zeigt Führungsetage des Innenministeriums im Fall Arigona Zogaj an

BIA-Chef Kreutner verdächtigt Platter, Pühringer und Führungsetage des Innenministeriums des Geheimnisverrats. Staatsanwalt Jarosch spricht von "Spitzelaffäre".

Wien (OTS) - Die Korruptionsbehörde BIA geht im Fall Zogaj die
Offensive: in einem der Wiener Stadtzeitung Falter vorliegenden
Verschlussakt verdächtigt BIA-Chef Martin Kreutner seinen ehemaligen
Chef Günther Platter, sowie das Kabinett des Innenministeriums und
andere Politiker und Spitzenbeamte des Geheimnisverrats im Fall
Zogaj. Politiker sollen verbotenerweise Polizeidaten missbraucht
haben, um Arigona Zogajs Familie in der Öffentlichkeit systematisch
zu schaden.

Kreutner hat in dem Geheimdossier nicht nur Platter, sondern sechs
weitere Personen bei der Staatsanwaltschaft Wien angezeigt. Unter
Verdacht stehen laut BIA-Anzeige: Oberösterreichs Landeshauptmann
Josef Pühringer (ÖVP), der stellvertretende Bezirkshauptmann von
Vöcklabruck, Martin Gschwandtner, der Sektionschef im
Innenministerium Mathias Vogl, die Ministeriums- Sprecherin Iris
Müller-Guttenbrun, der Asylreferent Karl Hutter, sowie Andreas
Pichler, Verbindungsmann des Innenministeriums im Kosovo.

Der Fall, so ist aus Justizkreisen zu vernehmen, ist von
grundsätzlicher Bedeutung. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien,
Gerhard Jarosch vergleicht die Causa im Falter bereits "qualitativ,
nicht quantitativ" mit der Spitzelaffäre aus dem Jahr 2000. Damals
wurden Polizeicomputer von der FPÖ geplündert, um Kritiker zu
diskreditieren.

Das BIA hegt nach der Auswertung von Abfragen im Polizeicomputer
nun erneut den Verdacht, dass Geheimhaltungsvorschriften von höchster
Stelle verletzt wurden - diesmal um Arigona Zogajs Familie zu
schaden. Strafregisterdaten, Polizei- und Krankenakten, die Inhalte
geheimer Fremdenpolizeiprotokolle, sowie Vermögensverhältnisse der
Familie Zogaj seien an die Medien gespielt worden, so die Anzeige des
BIA. Der Grüne Peter Pilz spricht im Falter von einer
"Diffamierungskampagne".

Gerhard Jarosch, Sprecher der Staatsanwaltschaft, erklärt im
Gespräch mit dem Falter, dass demnächst die ersten Einvernahmen
stattfinden werden. Die Justiz reagiert auf Geheimnisverrat
neuerdings streng. Vergangenen Herbst wurde Polizeigeneral Roland
Horngacher (in erster Instanz, nicht rechtskräftig) wegen
Amtsmissbrauch zu 15 Monaten verurteilt, unter anderem weil er
Bawag-Chef Helmut Elsner verriet, dass gegen einen Geschäftsmann
"nichts vorliegt".

Nun geht es um weit sensiblere Information: etwa um das
Strafregister des jugendlichen Bruders von Arigona Zogaj, der nach
einer Auseinandersetzung in einer Disco einen "Schuldspruch ohne
Strafe" eines Jugendrichters ausfasste. Nicht einmal im
Leumundszeugnis scheint so etwas auf. Verraten wurden aber vor allem
auch Daten aus dem Kriminalpolizeilichen Aktenindex (KPA). Der KPA
ist für die Öffentlichkeit tabu. In ihm sind alle Anzeigen gegen
Bürger gespeichert, egal ob sie richtig oder falsch sind. Werden
KPA-Infos nach außen getragen, könnten Unbescholtene in einer
oberflächlich informierten Öffentlichkeit plötzlich wie
Schwerkriminelle dastehen.

Die Sünden der Zogajs waren übrigens in den Fremdenrechtsverfahren
nie Thema. Ihre Asylanträge wurden abgelehnt, weil im Kosovo kein
Krieg mehr tobte. Erst als Arigona die Image-Schlacht zu gewinnen
drohte, wurden die Verfehlungen ihrer Familie vom Innenministerium
thematisiert.

Rückfragehinweis:
Dr. Florian Klenk, Falter, stv. Chefredakteur,
Marc Aurelstraße 9, 1011 Wien, Tel: 01/ 53660-924, klenk@falter.at

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