- 19.06.2008, 16:43:48
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Ausführliche Klimaschutzdebatte im Umweltausschuss Pröll: Regierung hält an Kyoto- und Biokraftstoffzielen fest
Wien (PK) - Mit einer ausführlichen Debatte über Berichte des
Ressorts zu den Themenbereichen Umweltförderungen des Bundes und
Klimaschutz sowie über die geplanten Vorhaben auf EU-Ebene setzten
die Mitglieder des Umweltausschusses ihre Beratungen fort. Im
Anschluss daran standen jeweils drei Entschließungsanträge der
Freiheitlichen und der Grünen auf der Tagesordnung. Mit der Einladung
von Seiten der Regierungsfraktionen, noch weitere Gespräche über die
in den Anträgen enthaltenen Vorschläge zu führen, wurden alle
Initiativen - mit Mehrheit - vertagt.
Umweltförderungen des Bundes und Klimaschutzbericht
Eine positive Bilanz zieht der Bericht über die Umweltförderungen des
Bundes für das Jahr 2007. Im Rahmen der Umweltförderungen
des Bundes wurden im Berichtsjahr insgesamt 5.137 Projekte
entschieden. Die Empfehlungen der Kommissionen in Angelegenheiten der
Wasserwirtschaft (früher Siedlungswasserwirtschaft),
der Umweltförderung im In- und Ausland und der Altlastensanierung
waren ausschlaggebend, dass der Umweltminister Mittel für 4.816
Projekte genehmigen konnte. Die genehmigten Förderungsansuchen mit
einem Förderungsbarwert von EUR 245,4 Mio. lösten ein
umweltrelevantes Investitionsvolumen von EUR 1.004,9 Mio. aus. Ein
weiterer Bericht befasste mit der Evaluierung der Umweltförderung des
Bundes in den Jahren 2005 bis 2007, in dem fünf verschiedene
Förderbereiche untersucht wurden: die Siedlungswasserwirtschaft, die
Umweltförderung im Inland, die Umweltförderung im Ausland, das Joint
Implementation/Clean Development Mechanism-Programm (kurz: JI/CDM-
Programm) sowie die Altlastensanierung und -sicherung. Über alle
Förderbereiche gerechnet, wurden insgesamt 12.034 Ansuchen bewilligt
und mit einem Fördervolumen von 782,3 Mio. Euro gefördert.
Im Klimaschutzbericht 2008 vergleicht das Umweltbundesamt die
österreichischen Treibhausgasemissionen mit den Zielen des Kyoto-
Protokolls. Die Experten analysieren die sektoralen Emissionstrends
im Zusammenhang mit gesamtwirtschaftlichen Faktoren, erheben den
Stand der Umsetzung der Klimaschutzstrategie 2007 und bewerten die
Zielerreichung in den in einzelnen Sektoren. Insgesamt lag der
Treibhausgasausstoß 2006 in Österreich bei 91,1 Mill. Tonnen. Daraus
folgt, dass durch Einsatz flexibler Mechanismen - JI/CDM-Programm und
Emissionshandel - sowie aus forstlicher Bewirtschaftung noch 10,6
Mill. Tonnen Treibhausgasemissionen eingespart werden müssen. Auf
großen Handlungsbedarf stieß das Umweltbundesamt in den Sektoren
Verkehr, Raumwärme und Kleinverbrauch. Zur Diskussion stand weiters
noch eine Vorschau über die wichtigsten Vorhaben der Europäischen
Union im Jahr 2008, die auf der Grundlage der Arbeitsprogramme von
Kommission und Rat erstellt wurde.
Abgeordnete Petra Bayr (S) sprach die JI/CDM-Projekte an, bei der
ihrer Meinung nach österreichische Firmen noch mehr an der
Wertschöpfung beteiligt sein sollten. - Abgeordneter Norbert Hofer
(F) konnte den Umweltförderungsmaßnahmen im Ausland, etwa in China
und Indien, wenig abgewinnen. Aus volkswirtschaftlicher Sicht wären
Investitionen im Inland sinnvoller, weil damit heimische
Arbeitsplätze geschaffen würden. - Auch Abgeordnete Ruperta
Lichtenecker (G) warf - ebenso wie ihre Fraktionskollegin Gabriela
Moser - einen kritischen Blick auf das JI/CDM-Programm, weil dies
viel teurer komme als die Umweltförderung im Inland und weil damit
oft fragwürdige Projekte gefördert werden, die zudem den
entwicklungspolitischen Kriterien nicht entsprechen. Außerdem sollte
die Beteiligung von österreichischen Firmen viel größer sein. -
Abgeordneter Veit Schalle (B) erkundigte sich danach, wie die Kyoto-
Ziele erreicht werden sollen und forderte eine Mittelumschichtung weg
von der Landwirtschaft und der Großindustrie hin zur thermischen
Sanierung, der Solartechnologie und der Photovoltaik. - Die Berichte
zeigten deutlich, wie gut es um die heimische Umweltpolitik stehe,
betonte Abgeordneter Konrad Steindl (V). So haben sich etwa seit 2003
die klimaschutzrelevanten Fördermaßnahmen mehr als verdoppelt.
Bundesminister Josef Pröll ging auf Berichte über die
Umweltförderungen ein, die klar belegen, welche Schwerpunkte gesetzt
wurden, wie viel Geld in die Hand genommen wurde und welche
wirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen damit verbunden waren.
Ein Bekenntnis legte er zum JI/CDM-Programm ab, das eine Säule von
mehreren sei, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Mit 531 Mill. €
für insgesamt 45 Mill. Tonnen Emissionsreduktionseinheiten sei das
österreichische Programm ausfinanziert, informierte Pröll. Es werde
zudem mit einer Erhöhung des Preise für die Emissionszertifikate um
10 % bis 15 % gerechnet. Intensiv sei man bestrebt, mehr
österreichische Firmen für die JI/CDM-Projekte zu gewinnen, es gebe
eigene Arbeitsgruppen, Workshops zusammen mit der Wirtschaftskammer
und verstärkte Werbungsaktivitäten. Dem Abgeordneten Hofer hielt
Pröll entgegen, dass viele Entwicklungsländer "händeringend darum
bitten", Projekte in ihr Land zu bekommen.
Was die Biokraftstoffe betrifft, so werde die Regierung an ihrem
Vorhaben (10 % alternative Kraftstoffe bis 2010) festhalten; dies
habe vor kurzem auch Bundeskanzler Gusenbauer wieder bestätigt. Sehr
gut unterwegs sei man bei der Wasser-Rahmenrichtlinie der EU, führte
Pröll weiter aus, morgen werden etwa schon die Förderrichtlinien für
die Siedlungswasserwirtschaft besprochen. Bezüglich des
angesprochenen NOx-Maßnahmenpakets verwies der Minister auf eine
freiwillige Vereinbarung mit der E-Wirtschaft. Hinsichtlich der
Altlastensanierung gab der Ressortchef zu bedenken, dass der Dreck,
der jahrzehntelang abgelagert wurde, nicht in einigen Jahren
beseitigt werden könne. Er glaube jedoch, dass sehr vieles bereits
erreicht wurde, vor allem in den zentralen Problemlagen. Schließlich
machte Pröll darauf aufmerksam, dass gestern die 15a-BVG-Vereinbarung
mit den Ländern über die Wohnbauförderung in die Begutachtung
geschickt wurde. Darin vorgesehen sei beispielsweise, dass es keine
Förderung von Ölheizungen in Neubauten geben werde und dass
Energieeffizienzkriterien eingeführt werden sollen.
In der weiteren Diskussion sprachen die Abgeordneten folgende Themen
an: die Zielerreichung im Bereich erneuerbarer Energien sowie die
CCS-Technologie (Abgeordnete Ruperta Lichtenecker, G), Maßnahmen im
Verkehrsbereich (Abgeordnete Andrea Eder-Gitschthaler, V), das
Erreichen der Kyoto-Ziele (Abgeordnete Katharina Pfeffer, S),
Müllverbrennungsanlagen (Abgeordneter Hubert Kuzdas, S),
verpflichtende ökologische Kriterien bei der Wohnbauförderung,
forcierter Ausbau der Gebäudesanierung sowie Förderung des
Austausches von alten PKW vor allem bei Menschen mit geringen
Einkommen (Abgeordneter Veit Schalle, B) sowie das
Zertifikationssystem bei den Biokraftstoffen (Abgeordnete Angela
Lueger, S).
Abgeordneter Erwin Hornek (V) befasste sich vor allem mit dem
Klimaschutzbericht, der klar aufzeige, dass es in den Bereichen
Verkehr, Raumwärme und Kleinverbraucher Handlungsbedarf gebe. Seiner
Ansicht nach sei es unabdingbar, auf erneuerbare Energie zu setzen,
wie dies in Österreich bereits erfolgreich getan werde. Als Beispiel
nannte er, dass es derzeit bereits 2,4 Millionen Quadratmeter an
thermischen Sonnenkollektoren gibt, was im Vergleich zu Deutschland
sehr beachtlich sei.
Für Abgeordneten Norbert Hofer (F) spielte die Frage der
Energieeffizienz eine große Rolle. Dringend notwendig seien Maßnahmen
im Verkehr, bei der Raumwärme und der Warmwasseraufbereitung. Ein
klares Bekenntnis legte er auch zur Wasserkraft ab.
Nach Ansicht von Abgeordneter Ruperta Lichtenecker (G) stehe der
Minister "vor einem Scherbenhaufen" in der Klimapolitik. Dieser
Bewertung schloss sich auch Abgeordnete Gabriela Moser (G) an, die
der Auffassung war, dass jahrelang nichts passiert sei. Ansetzen
müsste man vor allem im Verkehrsbereich, zumal bei 50 % der Fahrten
der zurückgelegte Weg weniger als fünf Kilometer betrage. Wie man
angesichts der aktuellen Entwicklungen sehe, ändern die Menschen ihr
Verhalten nur, wenn die Preise steigen. Außerdem sollte der
Klimaschutzbericht auch im Verkehrs-, Bauten- und
Wirtschaftsausschuss behandelt werden, forderte sie.
In Beantwortung der einzelnen Fragen ging Bundesminister Josef Pröll
zunächst auf die angesprochene CCS-Technologie (Einlagerung von CO2)
ein, die er kritisch sah. Die Forschung in diesem Bereich werde
massiv vorangetrieben, erklärte er, aber die Technologie stecke noch
in den Kinderschuhen. Die Reduktionsmaßnahmen haben für ihn absoluten
Vorrang. Festgehalten werde natürlich auch an den Zielen bezüglich
des Anteils an erneuerbaren Energien, der von der EU mit 34 % für
Österreich fixiert wurde. Dies hindere uns jedoch nicht daran, die im
Regierungsprogramm festgeschriebenen 45 % bis 2020 anzupeilen, merkte
Pröll an. Was die Solartechnik angeht, so liege Österreich im
Vergleich etwa zu Deutschland sehr gut, führte der Minister weiter
aus, auch der Photovoltaik soll nun ein neuer Schub verliehen werden.
Am 3. Juli wird der Wirtschaftsminister zudem ein "Grünbuch zur
Energieeffizienz in Österreich" präsentieren. Im Herbst soll auch der
Energiecheck für alle österreichischen Haushalte anlaufen, antwortete
Pröll auf eine Frage der Abgeordneten Lichtenecker.
Weiters kam der Bundesminister auf den Post-Kyoto-Prozess zu
sprechen, der im Dezember in Polen seine Fortsetzung finden wird.
Dabei wurden folgende Verhandlungsschwerpunkte festgelegt:
Technologietransfer in Entwicklungsländer, tropische Entwaldung und
Klimaanpassung. Was das EU-Klima- und Energiepaket angeht, so
befürchte er, dass es aufgrund des negativen Ausgangs der
Volksabstimmung in Irland heuer nicht mehr zu einer endgültigen
Lösung kommen wird. Dem Abgeordneten Schalle gegenüber stellte er
fest, dass er keine große Renaissance der Atomkraft in Europa sehe,
zumal viele Länder über das Planungsstadium nicht hinauskommen. Ein
Ausstieg aus dem EURATOM-Vertrag sei rechtlich nicht möglich. Aber
Österreich sei natürlich dagegen, dass Mittel für den Neubau von AKW
verwendet werden.
Auf nationaler Ebene werde mit dem bereits in Begutachtung
geschickten Entwurf für ein Klimaschutzgesetz ein klarer Rechtsrahmen
festgelegt, unter dem die Klimaschutz-Ziele der einzelnen Sektoren
eindeutigen Zuständigkeiten in Bund und Ländern zugeordnet und
festgeschrieben werden. Es soll konkret fixiert werden, wer was zum
Klimaschutz beizutragen hat und wie die Sanktionen bei einer
Zielverfehlung aufzuteilen sind. Sollte es in einzelnen Sektoren zu
keiner Einigung kommen, sieht das Gesetz eine automatische
Lastenteilung im Verhältnis 50:50 zwischen dem Bund und den Ländern,
bzw. eine Lastenteilung entsprechend des Bevölkerungsschlüssels
zwischen den einzelnen Ländern vor.
Vorschläge der Freiheitlichen und Grünen in der Umweltpolitik
In der Folge befassten sich die Ausschussmitglieder mit sechs
Entschließungsanträgen der FPÖ und der Grünen, die alle mehrheitlich
vertagt wurden. Im Interesse der Energieeffizienz, des Klimaschutzes
und österreichischer Arbeitsplätze beantragt die FPÖ die
Kennzeichnung von Lebensmitteln, die einen Transportweg von über 500
km hinter sich haben. In einem weiteren Entschließungsantrag schlagen
die F-Mandatare die Durchführung eines Pilotprojekts vor, mit dem
Ziel, eine gewisse Anzahl an Privathaushalten energieautonom zu
machen. Da es im Nordburgenland rund um den Neusiedlersee bereits
jetzt eine Reihe von Windparks mit unzähligen Windkraftwerken gibt,
wäre diese Region der optimale Standort für einen Feldversuch in
Österreich. Die Finanzierung des Projekts könnte zum Teil über das 7.
EU-Rahmenprogramm für Forschung, technologische Entwicklung und
Demonstration erfolgen. Außerdem sprechen sich die FPÖ-Abgeordneten
in einem Entschließungsantrag für die Einrichtung einer Europäischen
Agentur für erneuerbare Energie aus.
"Wir müssen raus aus teurem Öl und Gas", sagen die Abgeordneten der
Grünen und schlagen dem Nationalrat ein Klimaschutz-Umstiegspaket
vor. Um den Menschen beim Umstieg auf Sonnenenergie zu helfen, soll
die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Ländern rasch ein
Klimaschutz-Entlastungspaket auf den Weg bringen. Ein zweiter
Entschließungsantrag der Grünen richtet sich auf einen Klimaschutz-
Aktionsplan der Bundesregierung mit folgenden Zielen und Eckpunkten:
Senkung der Treibhausgasemissionen bis 2020 um 30 % und bis 2050 um
80 % und Verankerung dieser Ziele in einem Klimaschutzgesetz; Stopp
aller Subventionen für die Atomindustrie; Abschaffung des Euratom-
Vertrages; Stromspar-Offensive; Ausbau des Ökostromanteils auf 85 %
bis 2015 und auf 100 % bis 2030; ökologisch-soziale Steuerreform und
Einrichtung eines Energiewende-Fonds mit 200 Mill. € jährlich für
Zusatzfinanzierungen zur Energiewende-Politik. Schließlich fordern
die Grünen im dritten Entschließungsantrag eine neue österreichische
Klimastrategie, die aus einem umfassenden Maßnahmenpaket besteht.
(Schluss)
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