Medikamentenabgabe in Ordinationen bringt nur Vorteile für den Patienten und das Sozialversicherungssystem
Mit den Mythen und Märchen über Hausapotheken führende ÄrztInnen muss endlich Schluss sein
Wien (OTS) - In der Diskussion rund um die Gesundheitsreform hält sich hartnäckig das Gerücht, dass hausapothekenführende ÄrztInnen eher vom eigenen Umsatz statt dem Wohl des Patienten geleitet sein könnten und daher möglicherweise unökonomischer oder von Rabatten geleitet verschreiben. Im Rahmen eines ORF-Berichts vom vergangenen Mittwoch wurden die Krankenkassen zitiert, wonach Ärzte mit Hausapotheken teure Medikamente vergeben, weil sie höhere Gewinnmargen kassieren. "Diese Behauptung entbehrt jeder Grundlage", so der niederösterreichische Ärztekammerpräsident Dr. Christoph Reisner. "Als bisher einzige Institution hat sich die GKK Oberösterreich mit dieser Hypothese befasst. Im Rahmen einer umfangreichen Analyse war dort jedoch kein Unterschied in der Ökonomie des Verschreibeverhaltens zwischen ÄrztInnen mit und ohne Hausapotheke zu erkennen."
Eine Prüfung des Datenmaterials für Niederösterreich ergab ein ähnliches Ergebnis. Es ist kein Unterschied zwischen den einzelnen Gruppen der AllgemeinmedizinerInnen in diesem Bundesland erkennbar. Auffallend ist lediglich der Generikaanteil, der bei HausapothekerInnen um fast 20 Prozent über dem der AllgemeinmedizinerInnen ohne Hausapotheke liegt, jedoch ohne Auswirkung auf die absoluten Medikamentenkosten. Für Präsident Dr. Reisner ist das logisch: "Wir haben im Gegensatz zu den meisten Ländern in unserem Umfeld keinen Medikamentenmarkt, sondern ein Preisdiktat. Das führt zu einer unverzüglichen Angleichung der Preise, sobald ein Patentschutz abläuft und Generika hergestellt werden."
Mehrere Printmedien haben sich am Freitag in die Diskussion eingemischt und die Rabattsituation ärztlicher Hausapotheken wieder einmal aufgegriffen. Zu lesen war die kühne Behauptung, die angeblich existenten Hausapothekenrabatte für Medikamente im Kassenbereich seien der eigentliche Grund für den scharfen Protest der Ärzte gegen Aut idem. "Die kolportierten Zahlen sowie die Interpretation zeugen entweder von grober Unkenntnis der Materie oder vom gezielten Versuch, die Bevölkerung zu beeinflussen", so Dr. Wolfgang Geppert, Medikamentenreferent der Ärztekammer für Niederösterreich. "Richtig ist die Tatsache, dass Rabatte dieser Art selbstverständlich gesetzeskonform sind, jedoch für die von den Kassen erstatteten Medikamente bei weitem nicht in behauptetem Umfang gewährt werden. Weiters ist diese Diskussion in keinster Weise Bestandteil des Gesetzesentwurfs."
Dr. Geppert regt in diesem Zusammenhang eine seriöse Diskussion über Rabatte an: "Wir haben keinerlei Problem, wenn das bestehende System seriös hinterfragt wird. Das setzt allerdings voraus, dass die Rabattsituation im Einkauf der öffentlichen Apotheken und die Gratisbelieferungen der Krankenanstaltsapotheken in die Diskussion einbezogen werden, welche nach Schätzung der Ärztekammer für Niederösterreich mehr als das Hundertfache der Summe aller Hausapothekenrabatte betragen könnte." Krankenanstalten werden derzeit dazu angehalten, die geschenkten Medikamente vermehrt einzusetzen. Dabei handelt es sich durchwegs um teure Originalpräparate. Generische Produkte kommen im Krankenhausbereich de facto nicht zum Einsatz, was im niedergelassenen Bereich nach Entlassung der PatientInnen zu großen Problemen führt.
Für Präsident Dr. Reisner liegt die Lösung des Problems der Medikamentenkosten auf der Hand: "Eine gewünschte krampfhafte Erhöhung des Generikaanteils bringt im Österreichischen System keine Kostenersparnis. Die Nachteile für unsere Patientinnen und Patienten sind jedoch enorm. Bereits jetzt unterliegen die Ärztinnen und Ärzte jedoch derart umfangreichen und engmaschigen Verschreiberichtlinien, die den von der Politik oft unterstellten Spielraum bei Verschreibungen gar nicht zulassen. Wenn ein höherer Generikaanteil jedoch von der Politik gewünscht ist, kann das auch effizienter und vor allem sicherer als über Aut idem erreicht werden." Ein bedeutender Punkt bei der Diskussion rund um die Medikamentenkosten bleibt möglicherweise bewusst immer ausgespart: Dass hausapothekenführende ÄrztInnen ihrerseits den Sozialversicherungen einen höheren Preisnachlass gewähren müssen als die Apotheken. "Wir haben bereits mehrfach vorgerechnet, dass ein duales System mit Medikamentenabgabe sowohl direkt bei ÄrztInnen, als auch in Apotheken, enorme Vorteile für unsere Patientinnen und Patienten sowie ein enormes Einsparungspotenzial bringen würde", bringt Präsident Dr. Reisner einen seiner Vorschläge zur Sanierung des Gesundheitssystems auf den Punkt.
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