- 09.05.2008, 13:58:03
- /
- OTS0301 OTW0301
Hauptausschuss: Tschad-Einsatz wird verlängert Teilnahme an EU-Mission weiterhin politisch umstritten
Wien (PK) - Der heutige Hauptausschuss beschäftigte sich auch mit der
Verlängerung des österreichischen Einsatzes im Tschad. Die
Oppositionsparteien sahen sich auf Grund der Entwicklungen in ihrer
ursprünglichen Kritik bestätigt und begründeten ihre Ablehnung
insbesondere mit der ihrer Meinung nach unzureichenden
Überparteilichkeit der EUFOR-Truppen.
SPÖ und ÖVP hingegen betonten, dass die Panikmache der ersten Wochen
sich nicht bewahrheitet habe. Die Fortsetzung des Einsatzes wurde mit
SPÖ-ÖVP-Mehrheit beschlossen
Opposition: Bedenken sind nicht kleiner geworden
Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) hielt aus ihrer Sicht fest, die
Bedenken der Grünen gegen den Einsatz hätten sich nicht geändert,
sondern sogar verstärkt. Der politische Dialog zwischen Rebellen und
Regierung finde nicht statt, so wie ursprünglich von Bundesminister
Darabos angekündigt. Auch sei die Überparteilichkeit der EUFOR-
Truppen nicht gegeben. Frankreich, das den Diktator unterstütze und
im Tschad selbst präsent sei, stelle nicht nur den Großteil der
EUFOR-Truppen, sondern habe auch das Kommando inne. Die Menschen im
Tschad würden nicht zwischen französischer Präsenz und EUFOR-Truppen
unterscheiden. Außerdem sei es derzeit völlig unklar, wann und wie
diese EU-Mission in eine UNO-Mission übergeführt werde. Ihr
Klubkollege Peter Pilz bekräftigte ihre Aussagen und hinterfragte die
geplante UNO-Nachfolgemission.
Abgeordneter Reinhard Eugen Bösch (F) skizzierte die Haltung der FPÖ
mit der Feststellung, die Situation habe sich seit Beginn des
Einsatzes nicht verbessert. Die Lage sei weiterhin unklar, im Tschad
gebe es ein inakzeptables Regime, die Feindtruppen der Regierung
seien vollkommen operationsfähig und es gebe auch keine Voraussetzung
für eine Friedensmission und einen humanitären Einsatz, weil dort
Krieg herrsche. Die Verlängerung werde dazu führen, dass Österreich
in internationale Verwicklungen mit Langzeitwirkung hineinschlittere.
Wie Klubobmann Heinz-Christian Strache (F) zeigte sich Bösch
gegenüber der Ankündigung, der Einsatz werde mit März 2009 beendet
sein, skeptisch. Abgeordneter Peter Fichtenbauer (F) ergänzte, dass
der Zweck des Einsatzes, der selbstverständlich humanitär sei, nicht
mit den durchzuführenden Maßnahmen verwechselt werden dürfe.
Fichtenbauer stellte aber klar, dass die FPÖ uneingeschränkt hinter
den österreichischen Soldaten im Tschad stehe und nicht an deren
Fähigkeiten zweifle.
Ebenso verlieh Abgeordneter Gernot Darmann (B) seiner kritischen
Haltung zu dieser Mission Ausdruck. Es habe sich bestätigt, dass der
Einsatz der EU äußerst schlecht vorbereitet worden sei, sagte er, und
er halte es für falsch, dass sich Österreich als neutrales
Aushängeschild für die Rohstoffinteressen einiger weniger Staaten
instrumentalisieren lasse. Auch er interessierte sich dafür, wie es
mit dem Einsatz nach dem März 2009 weiter gehen wird.
SPÖ und ÖVP: Einsatz war richtige Entscheidung
Klubobmann Josef Cap (S) unterstrich den humanitären Auftrag der
Mission und stellte die Frage in den Raum, wer diesen wahrnehmen
sollte, wenn nicht die EU oder die UNO. Abgeordnete Petra Bayr (S)
merkte aus ihrer Sicht an, die Panikmache der ersten Wochen habe sich
gelegt und nun sei eine rationale Diskussion nötig. Sie interessierte
sich vor allem für die Kooperation mit den Hilfsorganisationen sowie
für die notwendige Verzahnung dieses Einsatzes mit der
Entwicklungspolitik. Ihr Klubkollege Christian Hursky (S) ergänzte,
die Soldaten seien bestens ausgebildet und wies darauf hin, dass die
UNO nach den ersten sechs Monaten eine Evaluierung des Einsatzes
vornehmen wird.
Abgeordneter Walter Murauer (V) sprach von einem wichtigen Engagement
der EU im Auftrag der UNO. Den Oppositionsparteien entgegnete er,
dass sich die Soldaten nicht an kriegerischen Auseinandersetzungen
beteiligten und vor allem da seien, die Menschen und die NGOs zu
unterstützen. Selbstverständlich handle es sich um eine heikle
Mission, stellte er fest, aber die Unkenrufe vor dem Einsatz, wie
unzureichendes Gerät, nicht entsprechende Ausbildung, hätten sich
nicht bewahrheitet. Ganz im Gegenteil hätten die österreichischen
Soldaten aufgrund ihrer hervorragenden Fähigkeiten internationale
Anerkennung erhalten. Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (V) trat
dafür ein, für derartige Einsätze entsprechend budgetär vorzusorgen.
Darabos: Menschen in der Region begrüßen Einsatz
Bundesminister Norbert Darabos unterstrich in seiner Stellungnahme
den humanitären Aspekt diese Einsatzes. Vor allem würde er von den
Hilfsorganisationen positiv bewertet, da diese sich bereits jetzt
freier bewegen können. Auch die Menschen sähen einen Mehrwert durch
das EUFOR-Engagement und würden genau zwischen französischen Truppen
und den EUFOR-Truppen unterscheiden. Mit dieser Mission werde der EU
der Schlüssel in die Hand gegeben, um den Demokratisierungsprozess zu
beschleunigen.
Dezidiert wies Darabos den Vorwurf der Parteilichkeit dieser Mission
zurück. Frankreich lege im Rahmen der EUFOR selbst sehr strenge
Kriterien an, und die Österreicher seien nicht die einzigen
Neutralen. Auch Schweden, Finnland und Irland würden sich am Einsatz
beteiligen. Das österreichische Bundesheer verfüge über hohe
Kompetenz und hohe Professionalität, sodass den österreichischen
Kommandanten spezielle Aufgaben übertragen worden seien. Es gebe auch
keinerlei Versorgungsengpässe. Durch die hervorragende Arbeit der
österreichischen Einsatzkräfte seien die Kritiker klar widerlegt
worden. Der Verteidigungsminister erklärte, die Verzögerung des
Einsatzes sei nicht an Österreich gelegen. Vielmehr habe es hier
Versäumnisse seitens der EU gegeben, und die Vorbereitung sei
sicherlich kein Ruhmesblatt für die EU gewesen, gab Darabos zu.
Der Verteidigungsminister stellte auch unmissverständlich fest, dass
es sich um eine Überbrückungsmission handle, die am 15. März 2009
enden wird. Der heutige Beschluss sieht eine Entsendung nur bis 31.
Dezember 2008 vor, weil man damit Druck auf die UNO ausüben möchte,
so rasch wie möglich die Nachfolgeoperation vorzubereiten. Außerdem
müsse der UNO-Generalsekretär im Herbst einen diesbezüglichen Bericht
vorlegen. Daher könne er zu diesem Zeitpunkt auch gar nichts zu den
konkreten Plänen der UNO sagen.
Darabos informierte die Abgeordneten darüber hinaus, dass er während
seines Aufenthalts im Tschad mit dem Präsidenten der Liga der
Menschenrechte und Vertretern der Opposition zusammengetroffen sei.
Was die politische Situation in der Region betrifft, führte
Staatssekretär Hans Winkler aus, dass der Friedensprozess zwischen
Tschad und Sudan kaum vom Fleck komme. Damit habe aber die EUFOR
nichts zu tun. Die EU setze sich aber im Rahmen dieser Mission für
eine Verzahnung mit der Entwicklungspolitik ein, unterstrich er.
Aufgabe der EUFOR im Tschad
Bei EUFOR Tchad/RCA handelt es sich um eine Überbrückungsaktion der
EU Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Rahmen der
multidimensionalen UNO-Präsenz im Tschad und in der
Zentralafrikanischen Republik (MINURCAT). Ihre Aufgabe ist es,
Zivilpersonen, insbesondere Flüchtlinge und Binnenvertriebene, zu
schützen, die allgemeine Sicherheitslage zu verbessern und humanitäre
Hilfeleistungen zu erleichtern, sowie Personal, Einrichtungen und
Ausrüstung der UNO zu schützen und die Bewegungsfreiheit des UNO-
Personals zu gewährleisten.
Die Mission ist bis auf ein Jahr beschränkt. Es ist vorgesehen, dass
die EU nach den ersten sechs Monaten eine Überprüfung der Operation
und gemeinsam mit der UNO eine Bedarfseinschätzung vornimmt. Dieser
Bericht wird laut Außenministerium im November 2008 vorliegen. Der
UNO-Generalsekretär wird ebenfalls einen Bericht über die Maßnahmen
verfassen, die für die Ablösung der EU-Überbrückungsaktion zu treffen
sind.
Somit werden bis zu 160 Angehörige des Bundesheeres weiterhin im
Rahmen von EUFOR Tchad/RCA zunächst bis zum 31. Dezember 2008 tätig
sein. Bis zu 50 weitere Angehörige des Bundesheeres sind für etwaige
Abbauarbeiten vorgesehen, weitere 30 Personen für vorbereitende und
unterstützende Tätigkeiten. Österreich beteiligt sich an dieser
Mission seit ihrem Beginn im März dieses Jahres.
Darüber hinaus wird Österreich auch die UNO-Mission MINURCAT selbst
unterstützen. Der Hauptausschuss genehmigte diesmal mit den Stimmen
von SPÖ, ÖVP und Grünen die Entsendung von zwei Angehörigen des
Bundesheeres als Verbindungsoffiziere sowie von fünf weiteren
Personen für unterstützende und vorbereitende Tätigkeiten bis zum 31.
Dezember 2008. Sie sollen im Verbindungsdienst zwischen MINURCAT und
EUFOR Tchad/RCA eingesetzt werden. Abgeordnete Ulrike Lunacek (G)
begründete die Zustimmung ihrer Fraktion mit dem Hinweis, dass bei
dieser Mission die Überparteilichkeit und Unabhängigkeit gegeben ist.
MINURCAT nimmt mit bis zu 300 Polizistinnen und Polizisten und mit
bis zu 50 Verbindungsoffizieren sowie Zivilpersonen im Osten des
Tschad und im Nordosten der Zentralafrikanischen Republik Aufgaben in
den Bereichen Sicherheit, Schutz von Zivilpersonen, Menschenrechte
und Rechtsstaatlichkeit wahr. (Schluss Tschad/Forts. Hauptausschuss)
Eine Aussendung der Parlamentskorrespondenz
Tel. +43 1 40110/2272, Fax. +43 1 40110/2640
e-Mail: pk@parlament.gv.at, Internet: http://www.parlament.gv.at
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NPA






