- 09.04.2008, 11:07:43
- /
- OTS0106 OTW0106
ÖAMTC: PPP ist keine Zauberformel gegen Finanzierungsprobleme im Straßenbau
Bereitstellung von Verkehrsinfrastruktur muss Aufgabe des Staates bleiben
Wien (OTS) - Public Private Partnership (PPP) wird immer wieder
als neue Zauberformel zur Lösung aller Finanzierungsprobleme im
Straßenbau gepriesen. "Es muss jedoch hinterfragt werden, ob die
Chancen für bessere Straßen das finanzielle Risiko aufwiegen, das den
Autofahrern durch zusätzliche Mautgebühren in den kommenden Jahren
und Jahrzehnten möglicherweise angelastet wird", sagt
ÖAMTC-Verkehrswirtschaftsexpertin Elisabeth Brugger-Brandau.
Historisch gesehen erfolgte die Finanzierung des Straßennetzes in
Österreich immer durch die öffentliche Hand. Dafür wurde und wird
Steuergeld verwendet, das durch die Kraftfahrer aufgebracht wird.
Traditionell waren das die Mittel aus der Mineralölsteuer, die bis
zum Jahr 1987 dafür zweckgebunden verwendet werden mussten. "Mit der
Aufhebung dieser Zweckbindung entstand über ein ganzes Jahrzehnt eine
Finanzierungslücke, die schließlich 1997 zur Einführung der Vignette
- als fahrleistungsunabhängige Benutzungsgebühr - führte", erklärt
Brugger-Brandau. Einzig die Einnahmen aus Vignettenverkauf, Lkw-Maut
und Streckenmauten sind zweckgebunden für den Straßenbau.
Für den Bau dringend notwendiger Straßenprojekte ist das zuwenig.
"Zwar werden die Investitionen in das hochrangige Straßennetz
kontinuierlich angehoben, doch um die Versäumnisse der vergangenen 20
Jahre einigermaßen aufzuholen, wäre deutlich mehr notwendig", so die
ÖAMTC-Expertin. Aus dieser Geldknappheit heraus entstanden neue
Finanzierungsmodelle wie PPP.
Die Befürworter der PPP-Finanzierung setzen naturgemäß große
Erwartungen in PPP, die vor allem in folgenden Punkten bestehen:
Rascherer Projektstart, effizientere Abwicklung sowie Risiko- und
Kostenminimierung für den Partner aus dem öffentlichen Bereich,
sodass letztlich kein finanzielles Risiko auf die Straßenbenutzer
abgewälzt werden müsste. Überdies ist die Rückführung solcher
PPP-finanzierter Straßen in den Besitz der öffentlichen Hand nach
einem bestimmten Zeitraum (z.B. 30 Jahre) vorgesehen. Dadurch gilt
auch das Argument des Ausverkaufs öffentlicher Güter nicht mehr.
Die Skeptiker sehen hingegen durchaus Risiken. Es stellt sich die
Frage, ob ein Projekt durch die Beteiligung privater Investoren mit
hoher Rendite-Erwartung wirklich effizienter, rascher und billiger
umgesetzt werden kann als ohne deren Beteiligung. "Die Asfinag wurde
ja genau deshalb gegründet, um losgelöst von Ministerien ein
privatwirtschaftliches und effizientes Agieren möglich zu machen",
sagt Brugger-Brandau.
Eine "gemischte" Finanzierung - manche Straßen PPP-finanziert,
manche öffentlich finanziert - bedeutet aber wiederum, dass sich die
Privaten wohl eher die Rosinen herauspicken werden - also jene
Strecken, die Gewinn versprechen. Die anderen, ebenfalls notwendigen
Straßenstücke, werden dem Staat verbleiben. Sollten PPP-finanzierte
Straßen aber nicht die erwartete Auslastung bringen, wird der
Investor versuchen, sich die Einnahmenausfälle von der öffentlichen
Hand abgelten zu lassen oder notwendige Investitionen nicht zu
tätigen, was wiederum direkt die Qualität der Infrastruktur
beeinträchtigen würde. "Bis jetzt ist jedenfalls der Nachweis
ausständig, dass PPP-Finanzierung von Infrastruktur Vorteile für den
Konsumenten bringt", so Brugger- Brandau.
Die in ihren Augen wichtigsten Punkte, hat die ÖAMTC-
Verkehrswirtschaftsexpertin wie folgt zusammengefasst.
* Naives "Ja zum Staat" oder Begeisterung für "freien Markt" allein
reicht nicht für die Beurteilung von PPP-Projekten.
* Nicht alle wirtschaftlichen Fragestellungen lassen sich mit dem
"Verursacherprinzip" beantworten. Die öffentliche Hand hat
Verantwortung für die Zurverfügungstellung einer modernen, sicheren
Infrastruktur.
* Aus dem Kraftfahrzeugverkehr werden heuer mehr als zwölf Milliarden
Euro allein an direkt zuordenbaren Steuern und Abgaben in das
Bundesbudget fließen. Die zweckgemäße Verwendung dieser Mittel ist
Experimenten vorzuziehen, welche die Gefahr neuerlicher Mauten
beinhalten.
* Einem durch die Hintertür der PPP-Finanzierung einzuführenden
km-abhängigen Pkw-Road Pricing wird sich der ÖAMTC entschieden
entgegenstellen.
* Nach dem ersten Projekt gehört unbedingt eine - im wahrsten Sinn
des Wortes - "Erfahrungspause" eingelegt. "Erst wenn alle offenen
Fragen beantwortet sind und Ergebnisse vorliegen, kann über
allfällige PPP-Finanzierungen nachgedacht werden", so die
ÖAMTC-Expertin abschließend.
(Schluss)
Rückfragehinweis:
ÖAMTC-Öffentlichkeitsarbeit
Ralph Schüller
Tel.: +43 (0) 1 711 99-1218
mailto:pressestelle@oeamtc.at
http://www.oeamtc.at
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | OCP