- 06.03.2008, 10:51:56
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ÖAMTC: Spät aber doch: Die zweite Röhre des Pfändertunnels wird gebaut
Auch der Arlberg-Straßentunnel ist noch lange nicht sicher
Wien (OTS) - Spät aber doch werden heute, Donnerstag, die
Bauarbeiten an der zweiten Röhre des Pfändertunnels bei Bregenz in
Angriff genommen. Für ÖAMTC-Tunnelexperten Willy Matzke viel zu spät.
Obwohl sich bereits vor knapp 13 Jahren am 10. April 1995 in dem
einröhrigen Tunnel ein verheerender Unfall ereignet hatte, bei dem
drei Menschen in ihren brennenden Fahrzeugen ums Leben gekommen sind,
erfolgte der Spatenstich erst heute. "Dieser Unfall war nur einer von
vielen. Einröhrige Autobahn-Tunnel mit Gegenverkehr und noch dazu
ohne Flucht- und Rettungswege sind und bleiben tickende Zeitbomben",
urteilt Matzke.
Im ÖAMTC-Tunneltest 2003 wurde das Unfallrisiko im Pfändertunnel
mit "sehr hoch" eingestuft. Auch deshalb, weil es auf 6,7 km Länge
keine Fluchtmöglichkeit gibt. Vor allem der viel zu geringe
Sicherheitsabstand bei zu hohem Tempo von Großfahrzeugen wie Lkw und
Busse sind ein enormes zusätzliches Sicherheitsrisiko. In anderen
Ländern sind längst 100 Meter Sicherheitsabstand für solche Fahrzeuge
in Tunnels zwingend vorgeschrieben. In Österreich wird häufig ein
Abstand von nur wenigen Metern toleriert. Eine tödliche Gefahr, die
immer wieder zu Massenkarambolagen führt.
Sicherheitsüberprüfung des Arlberg-Straßentunnels mit Mängeln
Bei der Sicherheitsüberprüfung des Arlberg-Straßentunnels konnten
zwar Verbesserungen attestiert werden, sicher ist dieser einröhrige
Tunnel aber noch lange nicht. Auch hier gab es bis vor einem Jahr auf
der gesamten Länge von 13 Kilometern keine Fluchtwege. Seit 2007 sind
im Arlberg-Straßentunnel von der Asfinag alle 1700 Meter
Fluchtmöglichkeiten in riesige Schutzräume errichtet worden, die bis
zu 800 Personen aufnehmen können. Diese Schutzräume sind mit
tagheller Beleuchtung, Belüftung, Telefon- und Videokontakt in die
Tunnelüberwachungszentrale in St. Jakob ausgestattet. "Sie sind
deshalb so groß ausgelegt, weil sie Bestandteil eines kombinierten
Sicherheitspaketes zwischen Straßen- und Bahntunnel sind. Die
Fluchträume sollen also auch Passagiere eines ganzen Reisezuges
aufnehmen können", erklärt der ÖAMTC-Experte.
Nach dem geltenden Tunnelsicherheitsgesetz sind solche Fluchträume
nur erlaubt, wenn sie auch die weitere Fluchtmöglichkeit über einen
Rettungsstollen ermöglichen, damit die Menschen niemals in eine Falle
gelockt werden können. Es sollen also im Notfall einer
Eisenbahnkollision alle Passagiere zuerst in den Fluchträumen
gesammelt und dann geführt über den Straßentunnel evakuiert werden.
Umgekehrt soll bei einer Brandkatastrophe im Arlberg-Straßentunnel
eine Evakuierung über einen Rettungszug der Bahn möglich sein.
Der ÖAMTC-Tunnelexperte kann das Funktionieren der Rettungspläne
der Bahn nicht bestätigen, weil beim jüngsten Tunneltest im
Arlbergtunnel vor wenigen Wochen nur der Straßentunnel geprüft werden
konnte. Bei einer früheren Prüfung im Sommer 2007 gab es im
Bahntunnel nicht einmal eine funktionierende Beleuchtung. Die
Befahrbarkeit der Gleise für Feuerwehren ist bis heute nicht in der
versprochenen Form realisiert.
Der ÖAMTC hat beim Tunneltest das Risikopotenzial für einen
schweren Unfall im Arlberg-Straßentunnel nicht ganz so hoch angegeben
wie im Pfändertunnel. Gründe dafür sind das geringere
Verkehrsaufkommen mit weniger Lkw und vor allem die viel bessere
Tunnelbeleuchtung mit einem durchgehenden Leuchtband aus Neonröhren
mit Weißlicht. Der Tunnelexperte des Clubs anerkennt die enorme
Bauleistung der Asfinag, mussten doch die neuen Sicherheitsräume ohne
Unterbrechung des Straßenverkehrs hergestellt werden, was sogar
unfallfrei gelungen ist. Trotzdem entspricht der Fluchtwegabstand von
1700 Metern nicht den Vorschriften der Europäischen Tunnelrichtlinie
und des Straßentunnel-Sicherheitsgesetzes, wonach alle 500 Meter eine
Fluchtmöglichkeit bestehen muss. Diese Umsetzung erfordert enorme
Investitionen im Sinne der Sicherheit und wird noch weitere zehn
Jahre dauern. Die ursprünglich einmal geplante zweite Röhre des
Arlberg-Straßentunnels wird es aber voraussichtlich nie geben, weil
der prognostizierte Anstieg des Verkehrs nicht eingetreten ist.
SERVICE:
Weitere Infos und Ergebnisse zum ÖAMTC-Tunneltests im Internet:
www.oeamtc.at/tests/tunnel
(Schluss)
Christian Dachs
Rückfragehinweis:
ÖAMTC-Informationszentrale
Tel.: +43 (0) 1 71199-1795
mailto:iz-presse@oeamtc.at
http://www.oeamtc.at
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