Das Glück von Erste und Co heisst Osteuropa, das Risiko aber auch
Wien (OTS) - Wie ein kleines gallisches Dorf scheint der Wiener
Finanzplatz der weltweiten Subprime- und Kreditkrise zu trotzen. Das
gilt zwar nicht für die Kursbewegungen an der Börse, doch für den
Abschreibungsbedarf der heimischen Finanzszene - Summen, die bei der
Deutschen Bank (1994, Hilmer Kopper) als Peanuts in die Geschichte
eingingen.
Österreichs Banken, so scheint es, haben mit dem ihnen anvertrauten
Geld einfach besser gewirtschaftet. Bei ihrer Veranlagunspolitik
waren sie aber auch nicht viel konservativer als UBS, Merrill Lynch,
oder wie auch immer die jetzt nach frischem Kapital lechzenden
Subprime-Opfer heissen. Denn Erste, Raiffeisen und Co hatten einfach
das Glück ihrer regionalen Lage mit Osteuropa vor der Türe. Aber auch
das Glück des Tüchtigen. Als noch jeder die Staaten Osteuropas als
Entwicklungsländer ansah und einen weiten Bogen herum machte, wagten
sich unsere Banken in den Wilden Osten und besetzten dort die besten
Plätze. Das war Risiko pur, dafür wurden Milliarden in die Hand
genommen. Risiko wird bei Finanzanlagen in der Regel aber mit höheren
Renditen abgegolten. Das Glück von Treichl und Co war also, dass sie
ihre Banken auf der Suche nach der Mehrrendite nicht in den Wilden
Westen schicken mussten. Das Geld war bereits lukrativ im Osten
angelegt und erzielte sie dort.
Risiko bleibt aber Risiko! Osteuropa leidet derzeit noch stärker als
westliche Staaten unter hohen Inflationsraten und teilweise
exorbitanten Staatsdefizits; russische Banken berichten bereits
davon, dass sie im Zuge der Kreditkrise kein Kapital von anderen
Instituten mehr zum Arbeiten bekommen. Auch die Lohnkosten steigen
derart, dass sich die erzielbaren Margen zunehmend reduzieren. Womit
die nächste Spirale in Gang gesetzt wird - der Drang gen Osten wird
immer weiter ausgedehnt, Ukraine und Russland sind nicht das Ende,
selbst Staaten wie Kasachstan sollen mit österreichischen Bankenlogos
übersät werden - die Mehrrendite lockt.
Sollte sich die Kreditkrise in Osteuropa grossflächig ausbreiten,
dann droht auch unseren Banken Ungemach. Dann aber berechtigt - im
Gegensatz zur aktuellen Situation, in der es einfach heisst:
mitgefangen, mitgehangen. Denn "brennt" Osteuropa, werden sich deren
Kreditratings verschlechtern, was nicht nur die Refinanzierung der
dortigen Banken verteuert, sondern in der Folge auch den Gewinn
drückt. Im schlimmsten Fall gehen Osttöchter Pleite. Dann haben wir
zwar keine Subprime-Abschreibung, Ost-Abschreibung klingt aber auch
nicht viel besser...
Rückfragehinweis:
WirtschaftsBlatt
Redaktionstel.: (01) 60 117/300
http://www.wirtschaftsblatt.at
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