Wien (PK) - Der Rechnungshofausschuss diskutierte heute unter dem
Vorsitz seines Obmannes Werner Kogler den Prüfbericht des
Rechnungshofes über die Erfüllung des mit der Firma Eurofighter
abgeschlossenen 4 Mrd. Euro-Gegengeschäftsvertrages (III-3 d.B.) und
beschloss schließlich auf Antrag von Abgeordnetem Günter Kräuter
einstimmig, die Debatte zu vertagen, weil der Geschäftsführer der
Firma "Euro Business Development" (EBT) , des
Gegengeschäftskoordinationsbüros in Österreich, sein Erscheinen als
Auskunftsperson kurzfristig abgesagt hatte.
Die Abwicklung der Gegengeschäfte verlaufe planmäßig, teilte
Wirtschaftsminister Martin Bartenstein den Abgeordneten mit und
bezifferte den Stand an vereinbarten Gegengeschäften per 2006 mit
1,166 Mrd. €. Auf die Kritik von Rechnungshofpräsident Josef Moser
und von Ausschussmitgliedern am zeitaufwendig und ineffizient
organisierten Anerkennungsverfahren für die Gegengeschäfte im
Ministerium sowie an zu großen Interpretationsspielräumen bei den
Kriterien für die Anrechnung eines Gegengeschäfts, reagierte der
Wirtschaftsminister mit dem Hinweis darauf, dass das System der
Anrechnung und Beurteilung von Gegengeschäften seit 2002 permanent
verbessert wurde und weiter optimiert werde. Die Einbeziehung der
"Plattform Gegengeschäfte" in die Burteilung der Geschäfte hielt der
Minister ausdrücklich für zweckmäßig.
In der Debatte erkundigte sich Abgeordneter Bruno Rossmann (G) nach
der inländischen Wertschöpfung der Gegengeschäfte und kritisierte die
Anerkennung der Übernahme eines Modecenters durch einen ausländischen
Investor als Eurofighter-Gegengeschäft.
Abgeordneter Günther Kräuter (S) hielt die Absage der EBT-
Auskunftsperson für problematisch und stellte daher den Antrag auf
Vertagung des Tagesordnungspunktes. Kritisch äußerte er sich zur
Einbeziehung der "Plattform" in die Bewertung der Gegengeschäfte und
plädierte dafür, die Kontrolle der Gegengeschäfte auf eine neue Basis
zu stellen, um Druck in Richtung EADS aufzubauen. Schließlich
verlangte der steirische Abgeordnete die stärkere Berücksichtigung
der Region Aichfeld/Murboden bei den Gegengeschäften, da die
Bevölkerung dort die Belastung der Eurofighter-Stationierung zu
tragen habe.
Abgeordneter Hermann Gahr (V) entnahm dem Rechnungshofbericht, dass
die Gegengeschäfte plangemäß abgewickelt werden und registrierte nur
wenige Kritikpunkte von Seiten des Rechnungshofs. "Übertriebene
Transparenz" sei bei den Gegengeschäften aus Gründen des
internationalen Wettbewerbs nicht klug, meinte Gahr, immerhin gehe es
um den Wirtschaftsstandort und um Arbeitsplätze. Die Einbeziehung der
"Plattform Gegengeschäfte" bewähre sich, wichtig sei es, im Zuge der
Gegengeschäfte nachhaltige Innovationen für die österreichische
Wirtschaft zu gewinnen.
Wirtschaftsminister Martin Bartenstein reagierte auf Fragen der
Abgeordneten und die Kritik des Rechnungshofes mit der Ankündigung,
einen neuen Mustervertrages für Gegengeschäfte auszuarbeiten und neue
Definitionen für "inländische Wertschöpfung" sowie für die
Anerkennung von Dienstleistungen als Gegengeschäfte zu entwickeln.
Die Anerkennung des Ankaufs eines Modecenters durch einen
ausländischen Investor als Gegengeschäft habe die "Plattform
Gegengeschäfte" vorgeschlagen, führte der Minister aus, wobei er
darauf aufmerksam machte, dass dieser Betrieb insolvent gewesen sei
und durch die Übernahme Arbeitsplätze gesichert wurden. Nach der
Formulierung strikterer Kriterien für die Anerkennung von
Gegengeschäften würde dieses Geschäft nicht mehr als Gegengeschäft
akzeptiert werden. Das System der Anrechnung und Beurteilung von
Gegengeschäften sei seit 2002 permanent verbessert worden und werde
weiter optimiert werden, sagte der Minister zu.
Der größte Vorteil für die steirische Region Aichfeld/Murboden seien
die 1.000 Arbeitsplätze, die es dort ohne Eurofighter-Beschaffung
nicht gäbe. Darüber hinaus hielt der Minister fest, auf die
Steiermark entfielen bei einem Bevölkerungsanteil von 20 % 29 % der
insgesamt 363 Gegengeschäfte und mit 495 Mill. € 42 % am
Gesamtvolumen der bis 2006 vereinbarten Gegengeschäfte von 1,166 Mrd.
€. Bartenstein sprach von einem guten Zwischenstand bei der
Abwicklung der Gegengeschäfte und hielt das angestrebte Ziel für
erreichbar. Die durch Verteidigungsminister Darabos ausverhandelte
Reduzierung der Stückzahl und des Kaufpreises könnte eine anteilige
Reduktion des Gegengeschäftsvolumens nach sich ziehen, informierte
der Wirtschaftsminister, er versuche im Gespräch mit dem
Vertragspartner jedoch, das ursprünglich vereinbarte
Gegengeschäftsvolumen von 4 Mrd. € beizubehalten.
Abgeordneter Günther Kräuter (S) machte unisono mit Abgeordnetem
Bruno Rossmann (G) auf grundsätzliche Kritik von Wirtschaftsforschern
an der Bewertung von Gegengeschäften aufmerksam und verwahrte sich
gegen die Einbeziehung der Beschäftigten am Fliegerhorst Zeltweg in
die Gegengeschäfte-Abrechnung.
Wirtschaftsminister Martin Bartenstein machte auf die große
ökonomische Bedeutung der 1.000 Eurofighter-Arbeitsplätze für die
Region Aichfeld/Murboden aufmerksam. Kritik von Ökonomen an
Gegengeschäften sei ihm bekannt, sagte der Minister, auch sei deren
ökonomische Bewertung schwierig. Gegengeschäfte seien aber Teil von
internationalen Rüstungsgeschäften. Österreich habe bei diesem
Beschaffungsvorgang nie die Alternative gehabt, über Gegengeschäfte
oder über einen niedrigeren Ankaufspreis zu verhandeln. Das Besondere
an der Eurofighter-Beschaffung sei das auch im internationalen
Vergleich große Kompensationsvolumen. Die durch die Gegengeschäfte
erreichte inländische Wertschöpfung zu berechnen, sei seriös nicht
möglich, teilte der Minister mit.
Abgeordneten Manfred Haimbuchner (F), der auf die zahlreiche
Firmenbeteiligungen an der EBT und auf Provisionszahlungen hinwies,
informierte der Minister über die aus seiner Sicht zufriedenstellende
und professionelle Kooperation mit dem Kooperationsbüro für die
Gegengeschäfte, das die Firma Eurofighter in Form einer Gesellschaft
namens EBT in Österreich eingerichtet habe.
Rechnungshofpräsident Josef Moser erläuterte seine Kritik an der
Anerkennung der Übernahme eines Modecenters, weil dieses Geschäft
nicht den technologiepolitischen Schwerpunkten entspreche und die
Bekleidungsindustrie nicht zu den "wirtschaftlichen Stärkefeldern"
zähle, was als Kriterium für die Anerkennung von Gegengeschäften
gelte.
Abgeordneter Erwin Hornek (V) mahnte Verhältnismäßigkeit in der
Diskussion über Gegengeschäfte ein und sagte pointiert: "Hier werden
Stellen hinter dem Komma diskutiert, gleichzeitig aber ignoriert, was
vor dem Komma stehe." Außerdem wies der Redner darauf hin, dass auch
beim aktuell diskutierten Steyr-Panzerauftrag aus Tschechien
Gegengeschäfte vereinbart worden seien.
Abgeordneter Kurt Gaßner (S) kritisierte die Einbeziehung eines
Wirtschaftsprüfungsunternehmens in die Bewertung der Gegengeschäfte
und machte darauf aufmerksam, dass viele Unternehmen Wert darauf
legten, Aufträge wegen der Qualität ihrer Produkte und nicht wegen
der Kompensationsverpflichtungen der Firma Eurofighter zu erhalten.
Die Abgeordneten Manfred Haimbuchner (F) und Werner Kogler (G)
zeigten sich einig darin, dass es für die Republik von Interesse sei,
welche Gesellschaften an der Firma EBT beteiligt seien, insbesondere
wegen ungeklärter Zahlungen an diese Firma. Kogler sah die Crux der
Diskussion in der Frage, was überhaupt ein Gegengeschäft sei, wie die
"ursächlichen Zusammenhänge" dargestellt werden können und ob ein als
Gegengeschäft ausgewiesenes Geschäft nicht auch ohne die
Verpflichtung der Firma Eurofighter zu Gegengeschäften zustande
gekommen wäre.
Bundesminister Martin Bartenstein sah sich bei den aktuellen
Diskussionen um das tschechische Panzergeschäft der Firma Steyr
insofern an die Eurofighter-Beschaffung erinnert, als auch dieses
Geschäft - bei dem 150 % Kompensationen vereinbart wurden - aus
politischen Gründen rückgängig gemacht werden soll.
Österreichische Unternehmen haben in der ersten Phase der Diskussion
über Gegengeschäfte großes Interesse an Gegengeschäften angemeldet
und bestätigten die vereinbarten Gegengeschäfte laut Bartenstein
lückenlos. Zugleich seien aber nur wenige Firmen bereit, dies in der
Öffentlichkeit zuzugeben. Für ihn sei die Eurofighter-Beschaffung
nach wie vor das Eintrittsticket der österreichischen Wirtschaft in
die europäische Hightech-Industrie, betonte der Wirtschaftsminister.
Rechnungshofpräsident Josef Moser informierte die Abgeordneten über
die Kriterien bei der Anerkennung von Gegengeschäften, wobei er die
"Ursächlichkeit" nannte und auf Geschäftsvolumina hinwies, die über
dem jeweiligen Durchschnitt der letzten drei Jahre liegen müssen.
Wirtschaftsforscher kritisierten Wettbewerbsverzerrungen und Dumping
im Zusammenhang mit Gegengeschäften, sagte der Rechnungshofpräsident.
Diesen Problemen stehen aber auch Vorteile gegenüber, so profitiere
Österreich durch die Gegengeschäfte beim Zugang zu Hightech-
Aufträgen, beim Technologietransfer sowie in Forschung und
Entwicklung.
Auf weitere Frage der Abgeordneten Christine Lapp (S) und Werner
Kogler (G) zur Rolle der "Plattform Gegengeschäfte" unterstrich
Minister Bartenstein abermals, die Entscheidungsfindung sei dadurch
keinesfalls aus dem Ministerium ausgelagert worden, sein Ressort habe
sich aber an die Empfehlungen der "Plattform" gehalten und werde dies
auch in Zukunft tun. Im Übrigen informierte der Minister den
Ausschuss, dass die Bewertungsentscheidung über die Road-Show in der
Sitzung der "Plattform" vom 30.9.2004 gefallen ist.
Rechnungshofpräsident Josef Moser bemerkte dazu, wenn man die
"Plattform" einbezieht, dann sollte man auf eine rasche Abwicklung
des Verfahrens achten. Wichtig sei es auch, die Bewertungsfaktoren
transparent zu gestalten, um EADS die Möglichkeit zu geben, den
politischen Intentionen Rechnung zu tragen.
(Schluss Eurofighter/Forts. Einkaufszentren)
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