Am 8.12.2007 ist Olaf Metzels Skulptur, die temporär im öffentlichen Raum am Karlsplatz aufgestellt wurde, bereits zum zweiten Mal attackiert und schwer beschädigt worden.

Wien (OTS) - Mit der Aufstellung der Skulptur "Turkish Delight" im
öffentlichen Raum des Karlsplatzes wollten der Künstler Olaf Metzel
und die Kunsthalle Wien eine öffentliche Debatte herbeiführen. Das
Werk siedelt sich an der Schnittstelle von Orient und Okzident an, es
schließt Debatten zum kommerziellen Gebrauch des Körpers der Frau in
der westlichen Mediengesellschaft genauso ein, wie die Kritik an der
fundamentalistischen islamischen Praxis, die Frau hinter Schleiern zu
verstecken oder überhaupt aus dem öffentlichen Leben zu verbannen. Es
geht bei Olaf Metzels Skulptur um die Diskussion "eines
universalistisch-partikularistischen Polarisierungskampfes , mit dem
Ziel, die Koexistenz dieser Gegensätzlichkeiten am selben Körper zu
ermöglichen," wie die türkische Schriftstellerin Aysegül Sönmez
schreibt. "Turkish Delight" berührt auch die sogenannte
Kopftuchdebatte, die in den letzten Jahren immer wieder herangezogen
wurde, um grundsätzliche gesellschaftliche Fragen nach Liberalität,
Toleranz, Integrationswilligkeit und ideologischer Verblendung zu
diskutieren.
Kunst, die mehr sein will, als nur Behübschung von Bankfoyers oder
Chefetagen, sollte nicht davor zurückschrecken, brennende
gesellschaftliche Themen mit den ihr eigenen ästhetischen Mitteln
abzuhandeln und sich auch der Kritik zu stellen. Etwa durch die
Positionierung im öffentlichen Raum, der dadurch als
demokratiepolitische Debattenzone im Sinne der griechischen Agora
wiederbelebt wird. Türkische Medien haben bereits massiv auf "Turkish
Delight" reagiert und sich mit der Aufstellung von "Turkish Delight"
am Karlsplatz kontroversiell auseinandergesetzt.
Nun ist das Werk bereits zum zweiten Mal attackiert und diesmal
massiv beschädigt worden. Da ein weiterer Vandalenakt weder
ausgeschlossen noch verhindert werden kann, hat sich die Kunsthalle,
die auch dem Schutz der Kunstwerke verpflichtet ist, gemeinsam mit
dem Künstler Olaf Metzel entschlossen, die Skulptur vorerst nicht
wieder aufzustellen. Offenbar gibt es in unserer Gesellschaft
radikale Gruppen, die nicht die demokratiepolitische Reife besitzen,
um ein Kunstwerk als unterschiedlich lesbare, symbolische
Manifestation zu begreifen und nur mit Gewalt und Zerstörung
reagieren können.
Hiezu der Künstler Olaf Metzel: "Es stellt sich die Frage, wo
enden Meinungsfreiheit und die Freiheit der Kunst. Natürlich
respektiere ich andere weltanschauliche Meinungen und bin auch jeder
Zeit zur Diskussion bereit. Aber auf der Basis des sachlichen
Dialogs. Ich lasse mir nicht vorschreiben, was ich zu tun oder zu
lassen habe. Wir leben in einem Kulturkreis, in dem wir uns Bilder
machen dürfen.
Es wäre bedauerlich, wenn durch den Akt des Vandalismus denjenigen,
die die Skulptur noch nicht gesehen haben, die Möglichkeit genommen
wird, sich mit "Turkish Delight" zu beschäftigen. Auf ihre ruhige Art
ist die Aussage der Figur sehr präzise. Sie spricht das Thema der
Integration und der Identität gleichermaßen an. Sie irritiert und das
genügt."
Dr. Gerald Matt, Direktor der Kunsthalle: "Physische Gewalt gegen
Kunstwerke ist nichts anderes als physische Gewalt gegen Ideen. Nicht
das Kunstwerk ist der Skandal, sondern jene zerstörerischen Aktionen
von Menschen, die verhindern wollen, das Künstler zur Wort kommen.
Dieser Vandalenakt ist nicht das Ende der Debatte, sondern erst ihr
Anfang."
Die Kunsthalle Wien wird die Debatte um Rechte der Frauen zwischen
Verbot und Kommerzialisierung, zwischen Verschleierung und Enthüllung
und damit letztlich die Diskussion um Fundamentalismus, Liberalität
und das prekäre Verhältnis von Orient und Okzident intensiv
fortführen. So wird in den nächsten Wochen um die Skulptur "Turkish
Delight" ein breit angelegter Diskurs mit Gesprächen und Symposien
stattfinden, um das Thema kultur- und gesellschaftspolitisch
aufzuarbeiten.
Im Jänner wird die Ausstellung "MAHREM - Die Kunst der
Verschleierung" gezeigt (24. Jänner - 16. März 2008), die bereits in
der Türkei bei der Istanbul-Biennale zu sehen war. Eine bereits
geplante Podiumsdiskussion, die Teil eines umfangreichen
Diskussionsprogramms sein wird, findet zur Eröffnung am 23. Jänner
statt. Weiters zum Thema im project space: die slideshow von Gilbert
Hage: ‘The Secret Life of Syrian Lingerie: Intimacy and Design’.
Die Skulptur von Olaf Metzel ist nach Pascale Tayou und Julius
Popp die dritte Skulptur, die von der Kunsthalle Wien, am public
space Karlsplatz gezeigt wird.
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