• 11.12.2007, 11:22:13
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Berger: Ausgangslage im Justizbereich war dramatisch - zu viele Insassen, zuwenig Personal

Justizministerin für mehr Transparenz bei Weisungen an die Staatsanwaltschaft

Wien (SK) - "Die Ausgangslage im Justizbereich war bei Amtsantritt
dramatischer als sie sich in der Öffentlichkeit dargestellt hat",
bemerkte Justizministerin Maria Berger am Montag im Rahmen der
Veranstaltungsreihe "Politik mit Zukunft", organisiert von der Wiener
Bildung. Seit 2002 habe es einen "irrsinnigen Anstieg" an
Gefängnisinsassen gegeben, zeitgleich sei aber das
Justizwachepersonal um fünf Prozent gesunken. Dies, so Berger, habe
zu Sicherheitsrisiken in den Gefängnissen geführt und auch notwenige
Resozialisierungsmaßnahmen seien nicht mehr im ausreichenden Maße
möglich gewesen. Jetzt habe man das Haftentlastungspaket, sie sei
froh, dass dies nun beschlossen wurde, denn, so Berger, "dagegen
lässt sich leicht polemisieren". ****

Noch immer gebe es die "landläufige Vorstellung", dass mehr und
längere Strafen zu weniger Kriminalität führen würden. "Das stimmt
aber so nicht", betonte die Justizministerin. So werde beispielsweise
in den USA relativ streng bestraft, die Kriminalitätsrate sei
trotzdem hoch. Länder wie etwa die Schweiz oder Schweden seien viel
weniger restriktiv, die Kriminalitätsrate sei dennoch gering. Mit dem
Haftentlastungspaket habe man die bedingte Entlassung reformiert, für
bedingt Entlassene gebe es mehr Begleitung und Auflagen, dies
erleichtere es auch den Richtern, von dieser Möglichkeit verstärkt
Gebrauch zu machen. Überdies seien Maßnahmen wie gemeinnützige Arbeit
oder Hausarrest jetzt verstärkt als Strafen möglich.

Zur Strafprozessreform bemerkte Berger, dass die Rolle der Opfer
im Prozess gestärkt werde. "Früher sind die Opfer nur am Rande im
Prozess vorgekommen", so die Justizministerin. Jetzt gebe es
beispielsweise die Möglichkeit einer kostenlosen juristischen
Prozessbegleitung und auch die psychosoziale Hilfe für Opfer werde
verstärkt. Angepeilt sei auch, so Berger, dass zivilrechtliche
Ansprüche des Opfers bereits im Strafprozess geklärt werden, um den
Opfern weitere Verfahren zu ersparen.

Angesprochen auf ihr Weisungsrecht gegenüber den Staatsanwälten
betonte die Ministerin, dass die Weisungen, die erteilt würden meist
fachlicher Natur seien, dennoch hafte dem Weisungsrecht oft "der
Geruch" an, es werde parteipolitisch missbraucht. Deshalb sei mehr
Transparenz in diesem Bereich wichtig, man werde die Weisungen
zukünftig in den Akten veröffentlichen. Überdies habe man die
Staatsanwaltschaft in ihrer Unabhängigkeit gestärkt, sagte Berger.
"Wir haben jetzt das erste Mal Staatsanwälte als Organe der
Gerichtsbarkeit in der Verfassung." Auch sei das Dienstrecht vom
Beamten- ins Richterdienstrecht gewandert, damit könne man den
Vorwurf eines eventuellen vorauseilenden Gehorsams der Staatsanwälte
entkräften.

Neuer Reformvertrag der EU bedeutet ein Mehr an Demokratie

Zum neuen Verfassungsvertrag der EU bemerkte Berger, dass dieser
"ein Mehr an Demokratie" mit sich bringe. So werde das Europäische
Parlament verstärkt in den Gesetzgebungsprozess eingebunden und auch
der Wegfall der Einstimmigkeit im Ministerrat sei zu begrüßen, denn
die Einstimmigkeit sei bei 27 Mitgliedsstaaten "ein Wahnsinn", dies
würde die EU nur in ihrer Weiterentwicklung blockieren.

Der Sektor der Justiz sei in der EU "bisher stark der nationalen
Souveränität unterlegen", so Berger. Man müsse aber bedenken, dass es
immer mehr grenzüberschreitende Fälle gebe. "Ein
grenzüberschreitendes Mahnverfahren sollte genauso gut funktionieren
wie ein innerstaatliches". Insgesamt sei der neue EU-Vertrag für den
Justizbereich ein riesiger Fortschritt, unterstrich die Ministerin.
(Schluss) sw

Rückfragehinweis:
SPÖ-Bundesorganisation, Pressedienst, Tel.: 01/53427-275,
Löwelstraße 18, 1014 Wien, http://www.spoe.at/online/page.php?P=100493

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