• 20.11.2007, 14:30:50
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Falter: Stadt Wien zeigt Milliardenkonzern Novomatic wegen Verdacht auf illegales Glückspiel an.

Tausende Automaten im Visier der Behörden.

Wien (OTS) - Die Stadt Wien hat den weltweit operierenden
Glückspielgiganten Novomatic wegen illegalen Glückspiels bei der
Staatsanwaltschaft Wien angezeigt. Das berichtet die Wiener
Stadtzeitung Falter in ihrer morgen Mittwoch erscheinenden Ausgabe.
Die für das Glückspiel und die Spielautomaten zuständige Wiener
SPÖ-Stadträtin Ulli Sima und die MA 36 hegen Bedenken, ob die
Novomatic-Spielautomaten, die in Wien aufgestellt sind, wirklich dem
Glückspielgesetz entsprechen. Das Gesetz sieht vor, dass pro Spiel
nur 50 Cent Einsatz und 20 Euro Gewinn vorgesehen sind. Doch diese
Bestimmungen würden umgangen. Sima im Falter: "Ich habe mir die
Wiener Wettcafés angeschaut. Ich bin überrascht, wie viele junge
Leute und auch Hausfrauen an den Automaten ihr Geld verspielen." Vor
allem die kleinen Wettcafés stört Sima: "Dort lässt sich der
Jugendschutz nicht kontrollieren."

Der Falter berichtet auch über die laufenden Ermittlungen des
Landeskriminalamtes Niederösterreich (LKA) gegen die Novomatic. Laut
LKA soll die Novomatic "offensichtlich massives Lobbying zugunsten
der (Automaten, Anm.) betrieben" haben. Ein Bezirksinspektor hält
fest, dass im Umfeld der Novomatic "Sachverständige durch das
Anbieten von gut honorierten Beraterverträgen für objektive
Ermittlungen nicht mehr herangezogen werden können." Zeugen, so ein
Aktenvermerk, würden durch Klagen eingeschüchtert. Die Novomatic habe
laut Polizei einen "Schutzwall aufgebaut, um sich gegen behördliche
Verfolgung zu schützen". Wie der Falter berichtet, soll sich der
Aufsichtsrat der Novomatic, der ehemalige SPÖ-Innenminister Karl
Schlögl, bei der Wiener Oberstaatsanwaltschaft nach dem Stand der
Ermittlungen erkundigt haben. Oberstaatsanwalt Werner Pleischl im
Falter: "Ich sagte ihm: Es ist für uns beide besser, wenn ich Dir
nichts sage." Schlögl bestreitet eine Intervention. Er habe sich bloß
erkundigt, nachdem ihn ein Journalist auf den Fall angesprochen habe.

In einem Aktenvermerk, der dem Falter vorliegt, hält das
Landeskriminalamt die Aussagen ehemaliger Novomatic-Mitarbeiter fest,
die unter der Wahrung ihrer Anonymität angeben, es seien hochrangige
Wiener Polizisten auf "Champagner und Prostituierte" eingeladen und
Automaten fürs Finanzamt frisiert worden. Die Novomatic weist diese
Vorwürfe "vehement" als "absurd" zurück. Ein Sprecher der Novomatic
betont, der Konzern habe nichts Illegales getan, alle Automaten seien
behördlich genehmigt. Wer anderes behaupte, werde geklagt. Die
Ermittlungen würden in Kürze eingestellt, so ein Sprecher.

Der Falter berichtet auch über Peter Mares, einen der Novomatic
kritisch eingestellten Gerichtsgutachter, der anonyme Morddrohungen
erhalten haben will und kritische Gutachten über die Automaten der
Novomatic erstellt hat. Mares laut Falter zur Wiener Glückspielszene:
"Das ist ein wahnsinniger Sumpf. Es gibt nur wenige weiße Schafe und
die werden von den schwarzen ausgelacht". Auch Stadträtin Ulli Sima
kritisiert, dass es fast keine unabhängigen Gutachter mehr gebe: "Wir
überlegen, einen eigenen auszubilden." Mares hat die Automaten der
Novomatic inspiziert und ist der Meinung, dass sie nicht dem Gesetz
entsprechen.

Der Falter zitiert auch einen Bericht der Bundespolizeidirektion
Wien an die MA 7. Darin heisst es: "Das Manipulieren von Apparaten
mittels Fernsteuerung oder durch das Abschalten der Stromzufuhr wurde
auch in Wien wiederholt beobachtet. Dadurch war es möglich, ein
illegales Spiel auf eine erlaubte Spielvariante umzustellen." In den
Akten findet sich jedoch kein Hinweis, dass damit Automaten der
Novomatic gemeint sind.

Die Novomatic hat vergangenes Jahr 80.000 Automaten produziert und
erhofft heuer einen Umsatz von 1,5 Milliarden Euro. Der Konzern weist
alle Vorwürfe "entschieden" zurück.

Rückfragehinweis:
Falter. Stadtzeitung Wien
Dr. Florian Klenk
Tel.: +43-1-53660-824
mailto: klenk@falter.at

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