Politiker, Journalisten, Banker und der Leiter der Staatsanwaltschaft Wien involviert
Wien (OTS) - Der Korruptionsskandal in der Wiener Polizei weitet
sich aus. Die Wiener Stadtzeitung Falter veröffentlicht in ihrer
morgen Mittwoch erscheinenden Ausgabe exklusiv die Briefe und Emails,
die Politiker, Journalisten und der Leiter der Staatsanwaltschaft
Wien an Roland Horngacher und andere hohe Polizeibeamte geschickt
hatten, um private Probleme vorzutragen und sich "rechtlichen Rat" zu
holen. Dem Falter liegt auch ein Stapel an Strafverfügungen vor, die
von der Polizei planiert hätten werden sollen.
Das Büro für Interne Angelegenheiten hatte die brisanten
Schriftstücke bei einer Hausdurchsuchung beim Wiener Polizeigeneral
Roland Horngacher gefunden. Es ist erstaunlich, in den Akten zu
lesen, wie sich selbst Multimillionäre vor kleinen Geldstrafen
drücken wollten - und dabei auch Erfolg hatten.
Dem Falter liegt ein Kuvert von Otto Schneider, dem Leiter der
Wiener Anklagebehörde vor. Schneider hatte ein Strafmandant in der
Höhe von 70 Euro bekommen, weil er eine Stopptafel überfahren hatte.
An seinen Einspruch heftete er seine Staatsanwalts-Visitenkarte.
Dann steckte er das Schreiben in ein Kuvert der Staatsanwaltschaft
und schrieb "Hofrat Mag. Horngacher persönlich" darauf. Dieses Kuvert
steckte er Horngacher zu. Zu jener Zeit ermittelten die Behörden
bereits gegen Roland Horngacher, weil er Interventionen nachgegeben
haben soll. Schneider zum Falter: "Die Sache ist erledigt. Ich habe
bezahlt."
Auch der Landesparteisekretär der SPÖ, Harry Kopietz, schickte
Horngacher ein Mail: "Lieber Roland, wie besprochen die Anzeige, Dein
Harry". Kopietz Sekretärin war mit ihrem Wagen im Halteverbot vor der
SPÖ-Zentrale gestanden. Kopietz zum Falter: "Ich holte mir
rechtlichen Rat. Für mich sind alle Politiker gleich. Die Strafe
wurde bezahlt".
Auch Journalisten trugen ihre privaten Sorgen vor. "Lieber Herr
Hofrat!", heißt es in einem weiteren Email, "es ist mir zwar
unangenehm, aber ich brauche fachlichen Rat. Ich bin heute gegen 0.20
Uhr auf dem Gürtel in eine Radarfalle gefahren, was mich sehr ärgert,
weil ich sonst als Schleicher verrufen bin." Absender des Schreibens:
Claus Pándi, Leiter der Österreich-Redaktion der Kronen Zeitung.
Pandi in seinem Schreiben: "Ich entschuldige mich jetzt schon, Sie
mit diesem Unfug belästigt zu haben, aber sie wissen aus der Praxis
sicher genau, wie ich da verfahren soll." Pandi selbst sagt: "Ich
habe alle Strafen stets bezahlt."
Dem Falter liegt auch ein Schreiben vor, das Bawag-Chef Helmut
Elsner an den Verein der Freunde der Wiener Polizei, Adolf Krchov,
schrieb. Elsner drohte sogar den Führerschein zu verlieren. "Sehr
geehrter Herr Abteilungsinspektor! Lieber Freund!", schrieb der
Generaldirektor an Krchov, "wie mit dir bereits telefonisch
besprochen, übersende ich Dir in der Anlage ein Protokoll (...) Ich
ersuche Dich, auch Herrn Polizeipräsident Hofrat Dr. Stidl (sic) über
diesen Vorfall zu informieren."
Als Elsner einmal durch die Stadt raste, soll er die Beamten laut
Protokollen so begrüßt haben: "Halten Sie mich nicht auf, ich habe es
sehr eilig. Die Aufnahme meiner Daten können Sie sich ersparen, da
ich über den Vorfall mit meinem Freund, Stiedl Peter, sprechen
werde." Der ist Polizeipräsident von Wien. Elsner bestreitet den
Vorfall.
Wie der Falter berichtet, faxte Elsner amtliche Dokumente an das
Büro des Investors Martin Schlaff. Dort residierte Adolf Krchov. Von
ihm wurden die Anliegen in die Polizeidirektion gebracht.
Rückfragehinweis:
Dr. Florian Klenk, Falter, Stellvertretender Chefredakteur,
Tel: +43676 4061106, klenk@falter.at
www.falter.at
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